Des einen ist zuwenig, des anderen zuviel

Wie sagte noch gleich dieser Indianerhäuptling? „Wenn das letzte Megabyte eures Rechners mit Schulsoftware und Veranstaltungsfotos vollgeramscht, das letzte Wochenende weggekürzt und die letzte Seite im Terminplaner zugeplant ist, werdet ihr merken, dass man Arbeit nicht essen kann!“

Nun ja, es ging irgendwie so ähnlich. Eine gewisse Tendenz hin zur Allzeitigkeit haben diverse schulische Jobs aber schon. Und es werden auch immer mehr…

Hm, es ist schon länger her, dass ich mal ein Computerspiel gespielt und nicht nur darüber gelesen habe. Auch das letzte Aquarell oder gar Acrylgemälde ist längst getrocknet und weggeräumt; selbst die meisten Zeichnungen und Texte sind doch verdächtig schulnah in letzter Zeit (was womöglich mit dem neuen Geheimprojekt „Trientalis“ zusammenhängt).

Man könnte da nun eine Quote einführen auf Anastratin: Nur noch einer von 10 Artikeln darf mit Schule zusammenhängen, oder so. Aber wenn ich so die letzten Quoten in Erinnerung habe, immerhin hängt damit auch die grausame Entführung von Hiro Kamakiri zusammen, dann habe ich damit doch sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Denn Quoten sind alles andere als produktiv, kreativ schon gar nicht.

Trotzdem wird das KGT immer mehr. So konnte ein SMV-Mitglied neulich völlig korrekt und wahrscheinlich auch ganz zu Recht spotten, dass ich wohl in Wirklichkeit schon in der Schule wohne. Immerhin gibt’s da ja jetzt auch hübsche blaue Sofas, ich muss zugeben, das hat meine Präsenszeiten dort verlängert.

Es gibt einfach Zeiten für alles und die müsste man einhalten. So ist meine persönliche Lebensurlaubszeit sicher deutlich unterschritten worden, da der letzte richtige Urlaub doch schon 25 Jahre zurückliegt.

Das ist nicht schlecht, sondern gut, meinte neulich ein Bekannter, denn der Wert eines Lebens erweist sich ja nicht an der Freizeitgestaltung. Andererseits, 25 Jahre sind doch eine lange Zeit für einen Normalsterblichen und einfach mal die Seele baumeln lassen wäre doch auch etwas. Zu groß ist die Gefahr, dass die Restzeit sonst unbemerkt hinwegplätschert. Auch, wie ein anderer Bekannter zu berichten wusste, kann selbst eine kleine Auszeit die inneren Reserven wieder auffüllen und erstaunliche Fortschritte ermöglichen. Selbst Dinge, die so verfahren erschienen, dass man auf keine Lösung mehr kam – nach einer kleinen Auszeit geht’s wieder.

Um sich zu besinnen, würde aber nun Blaise Pascal einwenden, muss man nicht in südliche Gefilde davonschwirren. Ein gutes Buch oder ein stilles Gebet wirken mehr.

Nun ja, Urlaub steht ohnehin nicht an in nächster Zeit und wenn, dürfte mir eine Reise, wie meist, zu kompliziert und stressig sein. Es gibt auch so viele interessante andere Dinge, die man noch tun könnte, wenn sie nicht klammheimlich doch immer mit meinen Schuljobs zu tun hätten. Womöglich handelt es sich um schleichenden Workoholismus…

Über Martin Dühning 1507 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.