Norden, nördlicher, Kap. 2

Teil zwei des Reiseberichtes, Dienstag 12.08.08

Dienstag begann mit einem mondänen Frühstück. Neben insgesamt sechs Brötchen (für zwei Personen) waren noch Wurst, Käse, zwei Eier, zwei Gläser Orangensaft, Kaffee, echter Ostfriesentee und ein Schälchen Marmelade mit an Bord. Alles war recht appetitlich zubereitet, die Brötchen auch frisch. Die Reisebeschreibung hatte also nicht übertrieben, als sie das Frühstück anpries.

Den Vormittag gingen wir dann in die Stadt Norden, wo ich zunächst eine Bankfiliale aufsuchte, um überschüssiges Bargeld deponieren zu lassen. Danach besuchten wir das örtliche Heimatkundemuseum, an wahrlich großer Bau mit vielen historischen Details. Neben Heimatkundlichem ist auch ein Teemuseum angeschlossen, zudem gab es in einer Sonderausstellung einiges über die norder Industrie zu erfahren. Da das Museum sehr umfangreich ist, verbrachten wir dort fast den gesamten Vormittag und verzichteten auf das Waloseum, obwohl es uns sehr empfohlen worden war.

Danach spazierten wir in Richtung Norddeich, was leider deutlich weiter weg lag als mein Bruder meinte und ich befürchtete. Meine Fußverletzung vom letzten Schluchseerundgang blühte auf den harten, roten Pflastergehwegen wieder auf, was mir in den Folgetagen noch viel mehr Schwierigkeiten bereiten würde. Auch das Wetter ließ schnell zu wünschen übrig. Schauer zogen über uns hinweg, wir wurden plitschnass, da nutzte auch unsere wetterfeste Kleidung nichts. Schließlich erreichten wir den Küstenort. In Norddeich suchten wir zuerst den Deich auf um das Meer zu sehen, aber das Meer war leider grade nicht da. Dann besuchten wir die Seehundstation, die leider völlig mit Touristen überlaufen war, ebenso das benachbarte Bad. Deshalb verzichteten wir auf das Wellenbad und marschierten zur Mohle, wo es immerhin ein wenig Wasser gab und einige nette Schiffe. Auch einige Wattwanderer konnten wir beobachten, in der Ferne, in trübem Sonnenschimmer auch die beiden Inseln Juist und Norderney. Auf dem Rückweg nahmen wir dann einen Bus, die Fahrt kostete dank Kurkarte nur 1 EUR. Dieser setzte uns beim Marktplatz in Norden ab

Norden ist eine sehr hübsche Stadt mit klassizistischen Bürgerhäusern und vielen netten, kleinen Geschäften. Insofern ähnelt es etwas Waldshut oder Tiengen, doch ist in mancher Hinsicht besser. In den Geschäften fand ich neben ein paar wirklich brauchbaren, bequemen Sandalen auch einen sturmfesten regengrauen Minischirm, ein paar Stifte und ein kleines blaues Büchlein, in das ich meine Beobachtungen notieren konnte. Wahrscheinlich hätte ich auch noch viel mehr nützliche und unnütze Dinge gefunden, wenn die Geschäfte nicht pünktlich um 18 Uhr geschlossen hätten, was aber auch recht sympathisch ist. Geld scheint doch nicht alles zu sein. Auch die Preise sind in Norden wesentlich humaner als in Waldshut-Tiengen – so kosteten mich die Sandalen nur 35 EUR, für vergleichbares habe ich am Hochrhein schon das doppelte gezahlt.

Lustig fand ich die Fassade einer Hilfsschule, die sich Piratenschule nennt. Kecke jugendliche Piraten waren dort angemalt, ich musste gleich ein Foto davon machen. In einem weiteren Geschäft, das leider schon geschlossen hatte – oder zum Glück, blickte ich auf die größte Klangschale, die ich jemals gesehen habe, mit fast einem Meter Durchmesser. Die anzuschlagen, das wäre was gewesen…

Der Dienstag endete mit einer sternklaren Nacht, die so tat, als hätte es nie geregnet, in welcher ich aber leider auch keine Ruhe fand, weil mein Bruder ganze Wälder zersägte. Am nächsten Morgen fühlte ich mich dann, als hätte ich dreimal Kiel geholt…

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.