An mancher Tage Abende denke ich mir, was wohl wäre, wenn ich ein anderes Leben hätte, mit anderen Voraussetzungen, Talenten und Fähigkeiten.
Dann stelle ich mir zum Beispiel vor, was ich als Frau hätte werden können, mit mehr auditivem und weniger visuellem Talent. Sängerin vielleicht, so wie Charlotte Martin. Was manche aus einem einzelnen Klavier herausholen können, das ist schon erstaunlich. Gleichzeitig singen sie auch noch. Faszinierend.
Beides kann ich nicht einmal einzeln hintereinander. So bleibt mir dann nur andächtig zuzuhören und an verregnete Herbstabende zu denken, in denen die begabte Sängerin Konzerte an ihrem Klavier gibt und die Stimmung aufheizt, wenn sonst alles von trübem Nebel verschlungen wird. In manchen Texten und Melodien lassen sich Welten erträumen, oder Lebensgeschichten – das ist das geheimnisvolle an der Musik. Während die Kunst eher festlegt und augenscheinlich macht – immerhin die letzte Rettung für Fantasielose, öffnet die Musik Tore ins Ungewisse, Unbekannte und sprengt Grenzen hinweg, magisch und beneidenswert. Vielleicht sind echte Musiker deshalb im Allgemeinen auch weltoffener.
Doch wie vieles ist auch das eine Frage von Gabe und Fügung. Uns allen ist nur eine begrenzte Zeit an Leben zugedacht, und selbst wie wir diese Leben, ist durch mancherlei Abhängigkeiten und Grenzen festgelegt. Wie gut, dass dies alles nicht auf die Fantasie zutrifft – wenn man sie hat, zumindest.