Mieze für die kalten Tage gesucht…

Es hört sich vielleicht an wie eine Partneranzeige, ist es aber nicht, und nein, eine neue Katze brauche ich auch nicht. Mir schwebt da eher ein Löwe vor, ein Löwe im Winter.

„The Lion in Winter“, so lautet der Titel eines Bühnenstücks von James Goldmann, hierzulande inzwischen weithin unbekannt, früher nur bekannt durch die Verfilmung mit Katharine Hepburn und Peter O’Toole – auch diese ist durchaus genial und erhielt nicht umsonst mehrere Oscars – verdiente, wohlgemerkt, keine Quotenoscars, wie sie heute noch verliehen werden. Zwischenzeitlich ist der Film in Deutschland aber vergessen, ob die Neuverfilmung mit Patrick Steward, die im Dezember 2008 als DVD erhältlich sein wird, wenn sie hier schon sonst nicht zu sehen war, etwas daran ändern wird, ist fraglich.

Theatralisch aber, als Bühnenstück, ist das Werk im deutschen Raum kaum in Erscheinung getreten. Gut, das Wiener Burgtheater wagte sich neuerlich an eine Adaption, davor auch die eine oder andere kleinere Bühne. Doch im Buchhandel scheint noch nicht einmal eine deutsche Übersetzung erhältlich zu sein, was sehr schade ist. Denn auch an einem Schultheater am Klettgau-Gymnasium könnte man dieses Stück einmal spielen.

Warum? Weil das Familiendrama, das hinter der historischen Kulisse von Kabalen um die englische Thronfolge im 12. Jahrhundert zum Ausdruck kommt, seit den 60ern sicher nichts an Aktualität verloren hat. Henry II. von England, der den Zenit seiner Macht überschritten hat, trifft sich mit dem Rest seiner Familie zum Weihnachtsfest. Da sind noch seine (Ex? – )Gemahlin Eleonore von Aquitanien, die schon vor Jahren in den Hausarrest verbannt wurde und die drei Söhne Richard (Löwenherz), Geoffry, John sowie Henrys Mündel und Geliebte Alais, Schwester des Konkurrenten Philipp, dem jungen König von Frankreich, der wiederum seine eigenen Erfahrungen mit verschiedenen Familienmitgliedern gemacht hat. Keiner hat so recht Lust auf die Gemeinschaft und so manch Süppchen wird da gekocht an den Festtagen.

Patchwork-Familie würde man das heute nennen, aber selten hat man Intrigenspiele und Familienkrach auf sprachlich und ästhetisch so hohem Niveau gehört und gesehen. Freundlich gesäuselte Worte, manch makabrer Witz, aber hinter der harten Schale oft auch stolze Verbitterung kommen da zum Ausdruck – ganz ohne Action und Gewalt, die man nicht vermissen wird, denn das Stück weist mit seinen innigen Dialogen und skurilen Beziehungskonstellationen eine beeindruckende Dichte auf. Das hat nichts von verstaubter Historie, wirkt auch nicht künstlich, sondern authentisch und hochmodern und ist es auch, selbst im oft so idyllisch erscheinenden Südschwarzwald des 21. Jahrhunderts würde man so manches wiedererkennen, denn heilige Familien werden überall gefeiert, aber selten vorgefunden.

Das wäre doch eine wirklich launige eine Mieze für die kalten Tage, ach gäbe es nur eine Übersetzung und fände sich ein Ensemble, dass dieses Stück auch aufführt…

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.