Durch den Dezember…

Die amerikanische Kultur ist weitaus besser als ihr Ruf hierzulande und überrascht bisweilen musikalisch – jenseits der kaputt geklonten, gierzermanschten Schwundstufen, dort wo die Muse noch durchscheint – auch durch prophetische Anklänge. So zum Beispiel ein kleines, topaktuelles „Cowboyweihnachtslied“.

Genau genommen ist es ein altes Cowboylied, als das es von manchen gehandelt wird ja aber nicht, sondern stammt aus dem Jahr 1973 und vom transatlantisch weitbekannten, hier aber weniger populären Country-Sänger Merle Haggard. Dieser hatte vielleicht seinerzeit die Rezession der 70er im Auge, als er diesen Song schrieb, der gar nicht so zum uns bekannten ami-weihnachtlichen Schmuse-Kult passt.

Besinnlich und im Grunde weihnachtlich ist er aber schon, und dieses Jahr dürften er vielen geradezu prophetisch vorkommen, nicht nur in Amerika mit seinen vielen hoch verschuldeten Haushalten, den schief liegendem Bankenwesen und seiner schwindsüchtigen Automobilindustrie  – Prophetie allerdings auch im Sinne von Hoffnungsprophetie.

Der Song, um den es hier geht, ist „If we make it through december“, ich habe ihn mal provisorisch auf Deutsch neu erdichtet, die folgende Fassung ist aber sicher noch besserungsfähig:

Schaffen wir nur den Dezember…

Schaffen wir nur den Dezember,
weiß ich, alles kommt dann wieder hin,
s’ist die schlimmste Zeit im Winter,
zitternd seh ich weiße Flocken ziehn.

Schaffen wir nur den Dezember –
Plan schon Sommers in n’er wärmern Stadt zu sein
Und womöglich sogar Kalifornia –
Schaffen wir nur den Dezember, dann wird’s fein.

Drunten die Fabrik hat mich entlassen,
Und das Timing ist das allerbeste nicht,
Gott weiß, ich hab hart gerackert,
Wollt doch Weihnachten ein guter Vater sein,
Nun, ich glaub ich hass‘ nicht den Dezember,
Heißt es doch am frohsten sei man dann,
Wenn mein kleines Töchterchen auch zweifelt,
Warum Papa Weihnachten nicht zahlen kann.

Schaffen wir nur den Dezember,
weiß ich, alles kommt dann wieder hin,
s’ist die schlimmste Zeit im Winter,
zitternd seh ich weiße Flocken ziehn.

Schaffen wir nur den Dezember –
Plan schon Sommers in n’er wärmern Stadt zu sein,
Und womöglich sogar Kalifornia –
Schaffen wir nur den Dezember, dann wird’s fein.

* * *

Vielleicht wird es über den Dezember auch mit Merle Haggards Gesundheit wieder besser, denn im November scheint es ihm ja nicht so gut gegangen zu sein.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.