Weltweit wird Ostern gefeiert, mit gutem Grund, aber doch auch nicht immer so recht verstanden. Sicher, auch der Frühling hat dabei seinen Platz und die frühen Christen taten gut daran, das Fest dort zu belassen, wo auch das biblische Pessach seinen Zeitraum hat. Denn mehr noch als im Ersten Testament ist das Osterfest ein Fest des Lebens und der Befreiung, ja weit mehr: Ein Aufstand gegen Unrecht jeder Art, ein Aufstand Gottes, eine absolute Rebellion gegen die Dunkelheiten im Leben.
Und dunkel war und ist in der Welt viel – wieviel Machtstreben und Gier, wieviel Unrecht unter immer neuen Masken bedrückt junge wie alte Menschen, im Großen wie im Kleinen. Aber auch ohne absichtliche Ungerechtigkeiten ist die Welt schattenhaft genug: Krankheit, Katastrophen, Scheitern verfinstern unsere Existenz. Das können wir täglich den Nachrichten entnehmen. Leid gab es immer, gibt es noch und wird es auch weiter geben. Aber die üblichen Ketten, mit denen Unrecht und Scheitern als unausweichlich zementiert wird, binden nun nicht mehr, selbst der Tod wirkt nicht länger.
Das Leben Jesu als Ganzes hat es vorgemacht, die Auferstehung nur verdeutlicht: Eine bessere Welt ist möglich – für jeden Einzelnen, zeitlos gültig und doch mitten in der Welt. Nicht als Ideologie verstanden, bloß nicht! Sondern mittendrin im Alltag, mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen, wenn es einfach gemeinsam gelebt und damit spürbar wird. Und gerade auch, wenn es dunkel und leidvoll wird, ist dann Gott da, leidet mit.
Die Passion wird ja mindestens genauso häufig unterschätzt wie der eine Gott fehlinterpretiert, aller theologischen Denkmodelle zum Trotz. Der wahre Gott ist eben keine Frage der Definition, keine dogmatische Anhäufung, die uns heute mehr trennt als mit ihm verbindet. Und doch wäre es gerade auch modernen Menschen möglich, Passion wie Auferstehung täglich mitzuerleben. Man muss sich nur aufmachen an die Orte, wo heute gelitten, aber auch praktisch Glauben gelebt wird: In Krankenhäusern, Altenheimen, Notunterkünften. Dort, wo Menschen einander helfen und Mut machen und, wenn selbst der letzte Halt fällt, vertrauen. Leiden ist eine existentielle Wahrheit des Lebens, die jeden von uns früher oder später selbst betrifft, aber gerade im Leiden ist Gott gegenwärtig und seine Hilfe spürbar für den, der ihn als das erkennt, was er wirklich ist und wie er erlebbar wird.
Das hat mit Wundergeschichtchen wirklich nichts zu tun, aber viel mit Lebenserfahrung, Glauben, Vertrauen und Zeugenschaft und mit dem heutezutage wirklich ausgelutschten und missbrauchten Wort „Liebe“, ein Sachverhalt, der mit „Nächstenliebe“ nur unzureichend umschrieben wird, unzureichend gerade auch in christlicher Hinsicht. In Worten allein lässt sich die Frohe Botschaft nämlich nicht fassen, sie muss wirklich gelebt werden, nur dann wird sie begreifbar, und füllt dann auch ein ganzes Leben, immer wieder neu, immer wieder anders, weder vorhersehbar, noch einzudämmen oder zu kanalisieren, auch nicht mit Repressionen oder Gewalt, mit Alter oder Krankheit. Da kann kommen was will und da zählt auch der Tod nicht mehr. Auferstehung gilt für alle.
Denn der lebendige Gott lässt nicht fallen – und mehr noch: geht sogar selbst bis zum Letzten und steht doch wieder auf, zuerst in Jesus, aber auch heute noch, tagtäglich und überall auf der Welt, seit fast 2000 Jahren. Denn wenn es auch viel Missbrauch gab mit Namen und Worten, viel Schall und Rauch, so wurde es doch von vielen Menschen immer wieder authentisch vorgelebt. Manche sind bekannt, wie Franz v. Assisi oder Martin Luther King, viele bleiben im Verborgenen. Doch sie alle leben in der Botschaft der Auferstehung.
Gab es je einen größeren Aufstand?