Und täglich grüßt Homer Simpson…

Menhood (Foto: Elijah O'Donnell via Pexels)
Menhood (Foto: Elijah O'Donnell via Pexels)

Vatertag mal wieder – jener Tag, von findigen Getränkefreunden geliebt, an dem so manch männliche Kreaturen mit dem flaschenbefüllten Bollerwägelchen bewaffnet und oft früh am Tag schon angeschwippst durch die Landschaft kullern, ihrer Vaterschaft huldigen – obwohl die meisten von ihnen mit echten Vätern höchstens den Bierbauch gemeinsam haben.

Namentlich passender wäre insofern eher die in Ostdeutschland gebräuchliche Bezeichnung „Männertag“. Wobei man eigentlich bei der heutigen Form der Inszenierung doch eher vom „Männlichkeitstag“ oder noch besser „Machotag“ sprechen sollte, will man jenem Anteil der Männerschaft nicht Unrecht tun, der sich zwischenzeitlich unter kleineren und größeren Anfeindungen der Kollegen wirklich schon emanzipiert hat. Denn mit echter Vaterschaft haben die verbreiteten Gruppenbesäufnisse noch weniger zu tun als die Umsatzgewinne der Blumenindustrie vor dem Muttertag mit echter Mutterschaft. Vielleicht wäre in Wahrheit „Alkoholikertag“ eine noch viel passendere Bezeichnung für den Festtermin, wobei sich um diesen Titel so manch frühsommerliches Fest streiten dürfte – gibt es heutzutage doch mehr als nur eine Gelegenheit, sich gründlich zu besaufen. Und genutzt werden sie ja ohnehin alle.

Mit Vaterschaft hat die übliche Art und Weise, wie der „Vatertag“ hierzulande allgemein begangen wird, aber jedenfalls nicht viel zu tun. Und als Pendant zum „Muttertag“ taugt er in der aktuellen deutschen Ausformung schon zweimal nicht. Tatsächlich gibt es Versuche, anderswo allerdings, beispielsweise in Teilen der Schweiz, einen „Vätertag“ als solchen einzubürgern. So versuchen progressive schweizerische Männerorganisationen seit einiger Zeit den Tag als Aktionstag für moderne, engagierte Vaterschaft zu etablieren. Gegen den in Deutschland überwiegenden Schnapsdrosseltourismus dürften solche Versuche allerdings kaum eine Chance haben. Zumal viele deutsche Männer und besonders solche, die sich nur dafür halten, schon aus Tradition lieber saufen als denken und handeln.

Überhaupt tun sich deutsche Männer in größeren Gruppen mit der modernen Vaterrolle noch immer eher schwer. Moderne Väter werden zwar immer mehr, bleiben aber immer noch eher familienbezogene Intellektualisten oder böse ausgedrückt: Pantoffelhelden. Im Verbund überwiegen doch immer noch eher die klassischen Klischees – Imponiergehabe und Herdentrieb lassen grüßen. Die in Familien wirklich aktiven Väter dürften den „Vatertag“ dann vielleicht auch eher zum Familienausflug nutzen als zum extrovertierten Gruppenausflug mit Altersgenossen. Als Familientag aber unterscheidet sich der Vatertag eigentlich auch nicht mehr groß von normalen Feiertagsausflügen, dürfte also eher verzichtbar sein.

Traditioneller, aber nicht weniger sinnig als in der Schweiz, wird der Vatertag in Italien begangen, dort ist er mit dem christlichen Josefstag (um den 19. März) verknüpft und orientiert sich damit an einem eher konservativen, dennoch irgendwie sinnigerem Männerbild, ist mithin echtes Familienfest. Jesu fleißiger und eher bescheidener Vater ist sicherlich auch ein tugendhafteres Männervorbild als Homer Simpson, dem die deutschen Vatertagspilger realiter nacheifern. Allerdings erfreut sich Homer Simpson trotz allem einer größeren Beliebtheit als der doch recht unscheinbar blasse und ältliche Josef. Homer Simpson, faul, festfreudig, geschwätzig und knuddelig erscheint Männern einfach sympathischer als der hagere Arbeitervater aus Nazareth. Dass Homertum im wahren Leben umgesetzt irgendwie dann doch krank wirkt, ist ein Problem der deutsch-amerikanischen Männerwelt. Taugliche westliche Männervorbilder sind rar, die klassischen aber wirken hoffnungslos angestaubt, bleibt dem darob frustrierten deutschen Manneswesen also vielleicht doch nur der Suff. Zumal den vielen unemanzipierten Homer-Männern langsam die passenden doofen und unemanzipierten Marge-Simpson-Frauen ausgehen.

Da bleibt die Kluft zwischen Männlichkeitsanspruch und Alltagsrealität bisweilen tatsächlich so schroff wie im Trickfilm bei Matt Groenings glatzköpfig-bierbäuchigem Mittvierziger aus Springfield mit all seinen Problemen. Bloß der Humor fehlt in der Realität – das muss dann oft der Alkohol ersetzen. Arme Männer!

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.