Es war ein Heulen und Zähneknirschen hinter den verschlossenen Türen, aber auch ganz offen in den fahlen Gesichtern. Als D. an diesem Tage das Schulhaus betrat, wehte ihm ein eisiges Gespenst entgegen: das Gespenst der toten Ganztagesschule. Es schwebte nicht ganz ungerade, aber ziemlich ziellos über die unglücklichen Treppenstufen herab, auf denen schon mancher arglose Lehrer ausgeglitten war und von welchen die Putzfrau mit den verweinten Augen jeden Dienstagnachmittag erneut die Döner- und andere Vesperreste entfernte, weil es so völlig sinnlos war.
Umsonst war viel und soviel, was nicht sein sollte, klagte es hilflos. Doch die Zahlen lügen nicht und die Lügen sind nicht von dieser Welt. Die Welt war unvollkommen und schuldhaft. Schuld, die niemand mochte tragen. Und niemand anders trug die Schuld als der, welcher anderes erwartete. Die Erwartung aber war enttäuschend.
D. hielt kurz und gefasst inne. Er staubte sich den kalten Schnee von den Schultern, dankte insheim dafür, dass er auf den ungestreuten Straßen der schuldigen Stadt mit seinem einfachen Fahrrad nicht ausgeglitten war und dass es letztlich nicht eben seine Schuld war, dass nichts funktionierte, so nicht funktionieren konnte und dass Neapel mit seinen Müllhalden und Vulkanen immer näher rückte, wenn auch Klima wie Stimmung eher an eine düstere sibirische Arbeitersiedlung gebot, wo man sich nicht einmal Gute Nacht sagte. Letztlich war es egal: Füchse gab es überall.
Geduldig wartete D., bis der trostlose Geist an ihm langsam, seelenlos, fadenscheinig vorbeigeglitten war und sich über unachtsamere Passanten hermachte, überquerte die unglücklichen Treppen ein weiteres Mal mit vorsichtigen Schritten, betrat das Lehrerzimmer und fand dort an seinem Platz eine ausladende Blume vor, welche in zarter Farbe und mit großer Schieflage an einer Stelle erblühte, wo man sie nicht eingeplant hatte. „So ist es also in diesem Leben“, besann sich D. und ordnete seine Papiere, ohne weiter darauf einzugehen.