Von Pyrrhossiegen, Mosaiken und Sternen

„Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!“ – so soll sich einst der Molosserkönig Pyrrhos an einen Vertrauten gewandt haben, nachdem er die Römer bei Asculum unter hohen Verlusten besiegt hatte. Ganz so schlimm steht es noch nicht, aber trotzdem fühle ich  mich immer mehr wie König Pyrrhos. Täglich besiege ich die Probleme, aber diese Feinde werden nicht weniger, sondern mehr, ganz im Gegensatz meinen Helfern und mir. Und ähnlich wie Pyrrhos oder seinem späteren Schicksalsgenossen Belisar gehen uns langsam die Kräfte aus.

Immerhin ist die Zweitkorrektur nun rum. Mit viel Mühe und zu dem Preis, dass nun alles, was deswegen vertagt wurde, erst mal wieder abgearbeitet werden muss. Alles in allem dürfte uns das mindestens bis Mitte Juni beschäftigen, ganz abgesehen von diversen Altlasten. Verzichten musste ich dieses Jahr durch den permanten Kampf gegen einen unbezwingbaren Feind (das Chaos) nicht nur auf diverse Ferien und Festvorbereitungen – angefangen von so banalen Dingen wie Weihnachtsbrötchen, Weihnachtsschmuck bis hin zum 35. Geburtstag, der nur aus ein paar Stunden einsamer Regentropfenruhe bestand, nicht mehr und nicht weniger. Zwar hätte ich auch noch eine Feier mit meinem letzten verbliebenen Freund gestalten können, hatte jedoch weder Kuchen, noch Lebenskraft. Insofern ist das pyrrhische Gelingen im Berufsleben teuer mit dem Privatleben erkauft. Die Bitte um adäquate Truppenaufstockung für die nächste Runde wurde heuer von Kaiser Justinian (oder besser gesagt, seinem Stellvertreter) abgelehnt: Denn es sind keine mehr da. Das sind sehr schlechte Vorbedingungen für das nächste Schuljahr, den Doppeljahrgang und den ganzen Rest. Was da nun zu tun ist, bleibt offen, keiner weiß es. Betrachtet man das Donnergrummeln in der Bildungspolitik kann es aber wohl nur noch schlimmer werden. Es ist auch noch ein letzter Rest Tafelsilber übrig (die KGT-Webseite), das man verscherbeln könnte. Ob sie das überleben wird, sei dahingestellt.

Was bleibt also nun zu tun, wenn alles droht, in Stücke zu zerfallen? Man könnte auswandern, irgendwohin in die Ferne, oder man lässt halt alles einfach verfallen und benutzt dann die Stücke und setzt sie postwendend zu einem Mosaik zusammen, was zumindest eine interessante Idee mit durchaus ansprechenden Folgen wäre. Interessant genug, daran zu arbeiten. Ansprechend genug, um einen über diverse Sinnlosigkeiten des Lebens, das einem noch bleibt, hinweg zu trösten. Mosaike sind nämlich eine sehr schöne Sache, wenn es mit der heilen Welt nicht so weit her ist und die Ganzheitlichkeit nicht mehr als ein kühner Philosophentraum.

Das wusste man schon in der Antike und deshalb gab es da schon viele schöne, Bodenmosaiken beispielsweise. Zudem sind Mosaike, gerade durch ihren ikonoklastischen Charakter irgendwie auch ziemlich christlich. Grund genug, ein paar zu planen, was ich nun auch schon getan habe:

Die Idee, ein Sternmosaik zu erstellen kam mir früher schon, nur Zeit hatte ich nie, es auch umzusetzen. Insbesondere auch von der Hundertwasserschen Idee der Integration von Kunst und Natur als Lebenswelt bin ich sehr angetan. Doch wer hat schon die Möglichkeit, so Großartiges zu gestalten, zumal wenn er  stattdessen zusammenhalten muss, was so nicht zusammen passt (Endloskorrekturen und Endlosreparaturen für andere Leute)? Wenn man die Mosaiken allerdings etappenweise angeht und erst am Schluss zu Einheiten zusammensetzt, müsste es sich vielleicht trotzdem machen lassen, irgendwann, wenn mal genug Ferien übrigbleiben sollten. Zudem man dafür ja anderorts auch einfach Dinge wieder auf das rechte Maß zurechtstutzen kann. Vielleicht wird es dann wenigstens was mit einem schönen Sitzplatz im Garten. Der verwilderte Rosen- und Kräutergarten sähe auch bestimmt gleich viel romantischer aus, wenn noch ein kleines, fragmentarisches Mosaik hinzukommt.

Und die Idee mit dem Auswandern braucht man deswegen ja nicht gleich aufgeben. Man kann sie wunderbar damit verknüpfen (warum nicht ein Mosaik in der Ferne?), auch wenn man sich mit beidem wohl nicht unbedingt beliebter macht bei den Konsumisten am KGT, die sich von morgens bis abends zum Nulltarif bedienen lassen wollen.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.