Schabe-rnack us der Schwiezz

Samstagabend, ein Gewitter steht in der Luft und draußen hupen wieder die ersten nervigen Vuvuzelas, ich blicke zum Fenster zu meinen Fensterbankblümchen (mein ganzer Stolz), da bleibt mir das Herz stehen, denn was muss ich sehen: EINE SCHABE! Iiiiiiiiiiiiiiiiiiiih…

Für Fälle lästiger Insekteninvasoren (meist die Sachsenwespen von nebenan) habe ich natürlich immer ein Glas parat, allerdings kaum Hoffnung, das Ding rechtzeitig zu erwischen. Sagt man doch, diese lästigen Ungeziefer seien schnell, sehr flüchtig und springen sofort in dunkle Ecken, wo man ihrer nicht mehr habhaft wird. Doch nichts da – die kleine Schabe kümmert sich nicht darum und krabbelt munter weiter auf den sonnenbeschienenen Blumen herum. So wird sie ein leichtes Opfer für mein Glas. Allerdings kann sie doch bemerkenswert gut fliegen, sieht auch sonst sehr schlank und filigran aus, außerdem fehlen ihr die schwarzen Streifen, welche diese Dinger auf den meisten Fotos doch haben. Vielleicht ist es doch eine Art Eintagsfliege? Aber von der Seite betrachtet und von unten besteht kein Zweifel – das Ding muss eine Schabe sein, allerdings eine merkwürdig zutrauliche und was will sie überhaupt bei meinen Blumen im zweiten Stock und am hellichten Tag?

Nach längerem Suchen im Internet findet sich die Lösung – das kleine Biest ist keine Küchen- sondern eine harmlose pflanzenfressende Waldschabe, genauer: Ein kleines Bernstein-Waldschabenmännchen, denn die fliegen jetzt im Juli auf Brautschau und werden magisch vom Licht angezogen (ganz im Gegensatz zu ihren Schädlingsverwandten, den Deutschen Schaben, welche Licht scheuen und auch nicht sonders fliegen können). Allerdings sind Bernstein-Waldschaben (Ectobius vittiventris) ursprünglich doch eher eine südeuropäische Art, auch hier kann man im schweizer Internet aber schnell fündig werden: seit einigen Jahren treten sie vermehrt wohl auch in der benachbarten Nordschweiz auf, der Klimawandel lässt grüßen.

Wie auch immer, Schabe ist Schabe, und so bringe ich das kleine Biest weit, weit weg und hoffe, dass dieser Besuch ein einmaliger war. Immerhin sind hier ja schon diese nervigen Junikäfer schlimm genug.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.