Die 30 Dühning’schen Lehrsätze zum Stundenplan

Nach langjähriger intensiver Erforschung von Lehr- und Vertretungsplänen konnten wir nun einige physikalische und metaphysische Gesetzmäßigkeiten über ihre Wirkungsart extrapolieren – die 30 Dühning’schen Lehrsätze zum Stundenplan:

I. Über die Entropie in Raum und Zeit

  • (1) Der Stundenplan diktiert das Leben von Lehrkräften und Schülern.
  • (2)  Der Stundenplan wird jedes Jahr komplizierter.
  • (3) Noch komplizierter und schlimmer als der Stundenplan ist nur noch der Vertretungsplan.
  • (4) Auf dem Papier sieht noch jeder Stundenplan und jeder Vertretungsplan besser aus als gelebt in der Praxis.
  • (5) Sollte Satz (4) nicht zutreffen, liegt ein Fehler oder Missverständnis bei der Interpretation des Planungsrasters vor.
  • (6) Der Vertretungsplan wird umso schwieriger, komplizierter und unangenehmer, je länger man ihn betrachtet.
  • (7) Vertretungsstunden oder Stundentäusche werden, ebenso wie Oberstufenklausuren, grundsätzlich immer auf den denkbar ungünstigsten Augenblick gelegt.
  • (8) Stunden in einem Planungsraster sind gemäß dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik angeordnet – sie verteilen sich fast automatisch gleichmäßig so über die Woche, dass sie dabei den größtmöglichen Schaden anrichten.
  • (9) Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik gilt auch bei der Raumverteilung: Die Unterrichtsräume werden so verteilt, dass Lehrkräfte wie Schüler möglichst viel herumlaufen müssen, besonders nachmittags, wenn es keine Pausen gibt.
  • (10) Stundenplanänderungen oder punktuelle Nachbesserungen machen grundsätzlich alles nur noch schlimmer und komplizierter.

II. Psychologische Ableitungen

  • (11) Gesetz der Vorfreude: Die Mehrheit der Schüler freut sich grundsätzlich über jede Stundenplanänderung, unabhängig davon, ob sie ihnen zum Vorteil gereicht oder nicht.
  • (12) Gesetz der Klage: Lehrkräfte klagen grundsätzlich über jede Stundenplanänderung, unabhängig davon, ob sie ihnen zum Vorteil gereicht oder nicht.
  • (13) Gesetz der Täuschung: Selbst Ausfälle von Unterricht bedeuten letztlich immer Mehrarbeit für alle Beteiligten, zumindest aber für die Lehrkräfte.

III. Metaphysische Ableitungen

  • (14) Konferenzen und Fortbildungen fallen grundsätzlich immer auf freie Tage oder solche mit den wenigsten Unterrichtsstunden.
  • (15) Konferenzen, Fortbildungen und Klausuren ziehen sich gegenseitig an und treten grundsätzlich immer nur in Rudeln auf.
  • (16) Technische Geräte, die sich zum Abspielen von Multimediainhalten in Unterrichtsstunden eignen, gehen immer während oder kurz nach Konferenzwochen kaputt oder kurz vor oder während mündlicher Prüfungen.
  • (17) Feiertage fallen immer auf Wochenenden oder Tage, an denen nur wenige Stunden oder kein Nachmittagsunterricht stattfinden.
  • (18) Lehrkräfte, die in den Randstunden (erste oder letzte Stunde) unterrichten, fehlen grundsätzlich deutlich seltener und wenn dann ohne Vorankündigung.
  • (19) Schüler sind besonders häufig nach Feiertagen, an Brückentagen oder am Montagmorgen krank. Die Krankheitsanfälligkeit steigt exponentiell mit der Klassenstufe.
  • (20) Unabhängig von den lokalen Umgebungstemperaturen wird es bei der Direktion nur an solchen Tagen heiß genug für hitzefrei, an denen an der Schule keinerlei Nachmittagsunterricht stattfindet, also nie.
  • (21) Der Feuerprobealarm oder Feuerfehlalarme treten immer in möglichst ungünstigen Momenten auf, besonders dann, wenn Lateinklassenarbeiten oder größere Pausenverkäufe anstehen.
  • (22) Sich als Lehrkraft länger als nötig im Lehrerzimmer oder seiner Nähe aufzuhalten ist riskant, da man dann als Ersatz für diejenigen Lehrkräfte eingesetzt wird, die ihre Vertretungen übersehen.
  • (23) Es übersehen immer die gleichen Lehrkräfte ihre Vertretungsstunden, es werden als Ersatz immer möglichst die gleichen Lehrkräfte eingespannt.

IV. The Sense of Nonsense

  • (24) Leben ist Leiden! Nur wer genug dabei leidet, der lebt und arbeitet richtig in der Schule!
  • (25) Ein ganz kranker Lehrer oder Schüler ist ein schlechter und böser Lehrer oder Schüler!
  • (26) Lehrkräfte oder Schüler, die immer gesund bleiben und nie über zuviel Arbeit klagen, strengen sich einfach nicht genug an!
  • (27) Nur ein halbkranker oder zumindest leicht angeschlagener Lehrer oder Schüler gilt als vorbildlicher Lehrer oder Schüler.
  • (28) Lehrkräfte und Schüler, die sich halbtot in den Unterricht schleppen und dabei die halbe Belegschaft anstecken, werden für diesen vorbildlichen Gemeinschaftseinsatz mit Anerkennung belohnt.
  • (29) Je mehr sinnfreie Arbeiten eine Lehrkraft oder ein Schüler zusätzlich erledigt, umso wichtiger erscheint sie oder er dabei in der Schulgemeinschaft.
  • (30) Wer als Schüler viel Unnützes tut und laut darüber spricht, der erhält pädagogisch gleichwertige Zusatzarbeiten. Wer als Lehrkraft viel Unnützes tut und laut darüber spricht, der wird bald befördert (entweder weiter nach oben oder ganz weit weg).

Zuerst veröffentlicht in: KGT-Jahrbuch 2010/2011, S. 46-47

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.