Gedanken zum Priesteramt

Die Kirche St. Andreas in Oberlauchringen am Palmsonntag 2021 (Foto: Martin Dühning)
Die Kirche St. Andreas in Oberlauchringen am Palmsonntag 2021 (Foto: Martin Dühning)

Die römisch-katholische Kirche ist spätestens seit der Wahl von Joseph Ratzinger zum Papst wieder ins deutsche Rampenlicht gerückt, manchmal mit positiver Resonanz, häufiger allerdings als Anlass zu Kritik. Zu kritisieren gibt es tatsächlich viel, wenn man sich auch manchmal eher über den Zeitpunkt wundern muss, als über die Themen. Die meisten Problemanlässe liegen ja teils schon Jahrzehnte zurück, wurden bislang aber offenbar nicht genug aufgearbeitet, zumindest nicht in der Presse. Das geschieht nun, allerdings auch mit entsprechend viel zerbrochenem Porzellan.

Das Priesteramt in der Kritik

Ins Zentrum des Interesses gerückt ist dabei das explizit „typisch katholische“ Priesteramt und besonders auch der Zölibat, also der Eheverzicht, genauer: der Pflichtzölibat für Weltpriester. Dabei kommt Kritik von unterschiedlichen Seiten und durchaus geleitet von unterschiedlichen Interessen. Während manche größere Medienorgane genüsslich jeden Skandal um einen Priester zerpflücken, gleichsam um zu beweisen, wie überholt das Ganze doch sei, gibt es durchaus auch konstruktive Reformvorschläge, wenngleich auch die trotz allem nicht ohne Eigeninteresse vorgehen. Eigeninteressen, bewusste wie unbewusste, gibt es eigentlich auf allen Seiten, denn die katholische Kirche ist und bleibt ein Politikum. Tatsächlich bleibt auch noch offen, wie sich die Frage mit dem Priesteramt weiterentwickelt, denn, da alle Menschen sterblich sind und Neuweihen zu selten, ist allen Beteiligten  klar, dass selbst keine Antwort hier eine Antwort wäre – in diesem Fall verbunden mit einer großflächigen seelsorgerischen „Ver-Wüstung“ vieler Pfarreien in den nächsten zwei Jahrzehnten.

Der Vorschläge, wie man mit dem Priestermangel umgehen soll, sind viele. Was geht aber eigentlich aus katholischer Sicht überhaupt? Dabei wären wohl sowohl theologische als auch kirchenpolitische Erwägungen zu berücksichtigen und man müsste auch abstufen, was davon wahrscheinlicher ist als anderes.

Unwahrscheinliche Lösungsansätze

Als sehr unwahrscheinlich in der Umsetzung wäre da wohl in nächster Zeit das Priesteramt für Frauen anzusehen, ebenso die Zulassung gleichgeschlechtlicher Verheirateter zum Priesteramt. Beides weniger aus biblischen Gründen, denn die Bibel kennt auch Frauen in Ämtern, die heute Weihe voraussetzen würden und die in den letzten drei Jahrhunderten dem Priester zugeordnet wurden. Und auch für gleichgeschlechtliche Paare gibt es Argumente – den eschatologischen Vorbehalt z. B. kennt auch die katholische Theologie. Auch die für das katholische Verständnis ebenso wichtige Tradition kann nicht per se als Totschlagargument gegen diese Vorschläge herhalten, solange man kein gänzlich ahistorisches Kirchenbild vertritt. Denn aus historischer Sicht ist die Lage gerade für die frühen Christen mehrdeutig. Unwahrscheinlich ist die Umsetzung beider Forderungen dagegen aus kirchenpolitischen Gründen und – so seltsam das für einen Mitteleuropäer klingen mag – gerade aus Gründen der Ökumene.

Würde man nämlich eine der Gruppen zum Priesteramt zulassen, geriete der gerade erst mühsam in Gang gekommene Annäherungsprozess an die orthodoxen Kirchen Osteuropas und Russlands in Gefahr. Das zeigte sich bereits, als die Altkatholische Kirche die Ordination von Frauen zuließ. Mit großem Interesse betrachtete das katholische Lehramt auch den offenen Streit um bekennend-gleichgeschlechtliche Priester in der anglikanischen Kirche. Das immerwährende Drohgespenst einer weiteren Kirchenspaltung vor Augen dürften sich beide Schritte aus kirchenpolitischen Gründen verbieten – zumal die mitteleuropäische Haltung zu diesen Fragen in der katholischen Kirche noch nicht weltweit konsensfähig ist. Für die Kurie in Rom scheint beides ein rotes Tuch zu sein. Das bedeutet zwar nicht, dass es gar nicht möglich wäre, auch wenn dies amtskirchlich oft behauptet wird. Es hätte aber wohl sicher deutliche Konsequenzen und innerkirchliche Zerrüttungen zur Folge und scheint mir daher in nächster Zeit erst mal sehr unwahrscheinlich, selbst wenn ein mitteleuropäisches oder deutsches Sonderstatut zustande käme. Denn ein Schisma will eigentlich niemand riskieren.

Dagegen scheint recht unstrittig zu sein, dass der derzeitige Priestermangel gerade auch in Deutschland die Kirche als Glaubensgemeinschaft vor größere Probleme stellt und ihren Bestand als Großkirche gefährdet und daher Handlungsbedarf besteht. Denn ein nicht zu praktizierender katholischer Glaube ist keiner und zerfällt. Und eine sektiererische Minikirche weniger noch Übriggebliebener oder irgendetwas Kleines, Abgespaltenes wäre nicht katholisch (allgemein) und schon gar nicht ökumenisch (gemeinschaftlich).

Das eigentliche Problem…

Teile des Problems sind dabei „hausgemacht“ und spezifisch katholisch: Einerseits erfuhr das Priesteramt als besondere sakramentale Weihegabe und Stand seit der Reformation nochmal eine deutliche und bewusste Aufwertung, ebenso wie das inzwischen als spezifisch katholisch geltende Element der Eucharistiefeier. Andererseits wurde der Zugang zu diesem besonderen Amt immer mehr erschwert.

Den Höhepunkt seiner „Abgehobenheit“ vom Laientum erreichte das Priesteramt dabei nicht im Mittelalter, auch nicht nach der Reformation, sondern in der Moderne und nicht mal aus Gründen der Liturgie. Spätestens seit der Aufklärung hatte ein Priester nicht mehr nur liturgische und diakonische, sondern auch aufklärend-bildende Funktion. Zwar musste er nicht gleich Universalgenie sein, aber doch ein universell gelehrter Theologe, was mithin ein Hochschulstudium voraussetzt (inklusive der drei Schriftsprachen Latein, Altgriechisch und Hebräisch). Nun sind praktizierende Katholiken ja auch heute nicht selten, praktizierende katholische Akademiker allerdings schon etwas seltener und lange Jahre Theologie zu studieren ist selbst unter frommen Katholiken nicht jedermanns Sache.

Damit aber nicht genug, denn seit dem 19. Jhdt. wurde das asketische Element des Priestertums nochmals stärker betont. Es reichte nun also auch nicht mehr, katholischer Gelehrter zu sein, sondern auch ein Weltpriester soll in seinem ganzen Leben und explizit in der säkularen Alltagswelt das Ideal der besonderen christlichen Berufenheit verkörpern, (würziges) Salz für der Erde und (notfalls einsames) Licht für die Welt sein – und zwar, der langen Ausbildung wegen, möglichst schon von Jugend an. Zölibat hin oder her, das ist mit der heutigen Lebenswirklichkeit nicht leicht in Einklang zu bringen. Das muss es auch nicht, „denn viele sind berufen, aber nur wenige sind auserwählt“ heißt es schon beim Evangelisten Matthäus. Allerdings wurde durch das Zweite Vatikanische Konzil die besondere Rolle des Priesteramtes für die katholische Lebenspraxis nicht geschmälert, sondern eher noch unterstrichen, das flächendeckende Vorhandensein von Priestern vorausgesetzt.

Da im Zentrum der katholischen Gemeinde die möglichst mindestens wöchentliche, gemeinsame Feier der Eucharistie steht – und in diesem Punkt führte das Zweite Vatikanum die Entwicklungen der vergangenen Jahrhunderte konsequent weiter – geht es nun mal nicht ohne konsekrierenden Priester. Hostien aus der Konservendose oder Liturgiemanagement „per Helikopter“ sind da zu Recht in der Regel untersagt, da theologisch höchst bedenklich. So progressiv und volksnah sich die Liturgie im 20. Jhdt auch weiterentwickelt hat, mit der Bedeutungssteigerung der Eucharistie ging leider auch eine Abwertung aller anderen liturgischen Formen und Frömmigkeitspraktiken einher, gerade auch solcher, die vielleicht ohne Priester ausgekommen wären, z. B. Andachten und gottesdienstliche Handlungen ohne Eucharistie. Fehlt der Priester, dann gibt es keine Eucharistiefeier. Fehlt die Eucharistiefeier, dann fehlt der katholischen Gemeinde ihre konstituierende heilige Mitte, mehr denn je. Darin liegt die eigentliche Tragödie.

Verschärft wird das Ganze noch durch die vielfältigen Managementaufgaben, die ein Pfarrer heute zu erledigen hat. Mangels Priestern trifft das eigentlich heute jeden Geweihten. Zusätzlich zur Theologieausbildung und zum asketisch-zölibatären Leben werden von Weltpriestern also auch noch modernste Führungsqualitäten und zunehmend explizit Stressresistenz und eine geradezu heroisch belastbare Gesundheit erwartet, lebenslänglich. Letztlich nähert sich das Priesteramt damit verdächtig an das thomasische Ideal vom „guten König“ an, was einigen katholischen Theologen durchaus gefallen dürfte, lebensweltlich aber schwer umsetzbar bleibt und in einer demokratischen Gesellschaft wie ein seltsames Fossil wirkt, deshalb gerade von engagierten Laien eher unwillig mitgetragen wird.

Die Aufgabe des Pflichtzölibats dürfte an den besonderen Erwartungen, die an einen Priester gestellt bleiben, nicht viel ändern. Da Ehen, die quasi im Schaufenster einer Seelsorgeeinheit gelebt werden müssen, unter größerem Druck stehen und womöglich dann auch geschieden werden müssen, holt man sich da womöglich eher noch weitere Probleme an Bord – schließlich ist aus katholischer Sicht die Ehe als Sakrament unauflöslich und spätestens wiederverheiratete Katholiken sind offiziell eigentlich von der Eucharistiefeier immer noch ausgeschlossen. Da kann man sich denken, wo dann der nächste Konflikt aufflammt.

Lösungsmöglichkeit 1: Der Dispens vom Zölibat

Hoffnungslos verloren ist die Situation allerdings keineswegs. Die einfachste, vom Papst selbst z. B. in seinem Interviewbuch vorgeschlagene, seltsamerweise aber kaum öffentlich beachtete Möglichkeit wäre der Dispens vom Zölibat, d. h. die beim Apostolischen Stuhl einzuholende Heiratserlaubnis für Priester in Sonderfällen. Der Sonderfall könnte dann zwar schnell zum Normalfall werden, aber es wäre für alle Beteiligten womöglich eine deutliche Entlastung in typischen Konfliktfällen und auch eine elegante Lösung innerhalb bestehender Konventionen.

Allerdings würde sie die Ortsbischöfe in noch größere Abhängigkeit zur römischen Zentrale bringen und dürfte daher nicht unbedingt im Interesse der Bischöfe liegen, es sei denn, die Befugnis wird an die Diözesen delegiert, was wiederum nicht im Interesse der Kurie liegen wird. Außerdem dürfte sich kaum ein zusätzlicher Priesteramtskandidat allein mit der vagen Aussicht gewinnen lassen, dass er dann vielleicht doch irgendwann ausnahmsweise heiraten könnte, falls es mit dem Dispens klappt. Eigentlich, und das ist wieder tragisch, sind die meisten überzeugten katholischen Männer ja doch irgendwie recht familienliebend und Ehebefürworter und gerade keine prädestinierten Singles oder wilden Abenteurer, die sich mit heimlichen Beziehungen begnügen würden.

Lösungsmöglichkeit 2: Viri probati

Die nächstwahrscheinlichere Variante – zumindest wenn man den öffentlichen Stellungnahmen glaubt – wäre die Lösung mit den „viri probati„. Im Prinzip käme das einer Aufwertung des derzeit schon existierenden Amtes der ständigen Diakone zum Priesteramt gleich. Schon heute können sich verheiratete, innergemeindlich bewährte Männer ab 35 mit einer Zusatzausbildung zum Diakon weihen lassen. Nach einer entsprechenden Reform wäre es dann wohl auch möglich, dass diese Priester würden. Tatsächlich würde dies die teils frappierende Situation in einigen Seelsorgeeinheiten z. B. bei der Bestellung von sakramentalen Handlungen etwas entlasten. Auch die Annäherungen an die orthodoxen Kirchen würde das nicht gefährden, denn die orthodoxen Priester durften schon immer verheiratet sein (wenngleich auch hier Abstinenz als idealer Wert gilt).

Das grundlegende Problem wäre damit allerdings noch nicht behoben, man gewönne eher noch ein paar Jahrzehnte Schonfrist. Das Arbeitspensum eines Pfarrers bleibt trotz allem immer noch deutlich höher als das eines Diakons, als Nebenberuf wäre das kaum mehr machbar. Progressive Katholiken sollten sich auch keine falschen Illusionen machen: „Viri probati“ wären in der Regel sicher etwas verwurzelter und standfester, aber auch deutlich traditioneller gesinnt als Universitätstheologen. Unbedingt liberaler und offener würde der Katholizismus damit nicht, man würde die traditionellen Gemeindestrukturen nur eine Weile länger abstützen, was den deutschen katholischen Christdemokraten sehr entgegen kommt, weshalb der Vorschlag nicht umsonst aus dieser Richtung eingebracht wurde.

Lösungsmöglichkeit 3: Neuorientierung des Priesteramtes

Für auf Dauer mindestens ebenso vielversprechend würde ich es halten, die Priesterausbildung als Ganze neu auszurichten und daneben wieder auch stärker amtsoffiziell die anderen „Geistesgaben“ zu berücksichtigen und stärker zu würdigen, die schon heute keine Ordination mehr voraussetzen. Das entschärft dann auch die Probleme, die viele Frauen mit der Amtkirche haben. Denn machen wir uns nichts vor: Ohne Frauen geht es auch in der katholischen Kirche nicht. Sie waren schon immer wichtig und sie waren in der Gemeindepraxis eigentlich auch immer dabei!

Problematisch wird es hauptsächlich, wenn man alles am Weiheamt aufhängt und demgegenüber sämtliche anderen kirchlichen und sozialen Dienste rigoros herunterwertet. Es gibt seit den Zeiten des Paulus noch andere kirchliche Berufungen, die heute faktisch die Aufgaben klassischer Gemeindepfarrer längst wieder übernommen haben und es gibt aber auch einen expliziten Kernbereich, der nach katholischem Verständnis einfach zum Priesteramt dazugehört und der nicht irgendwie delegiert werden kann.

Hier müsste man sich erstens genau Gedanken machen, wo die Grenzen verlaufen und die Anforderungen an den Priester als Mensch dann entsprechend herunterschrauben. Kein Mensch kann alles, womöglich noch gleichzeitig! Aber alle Menschen können im Rahmen ihrer jeweiligen Begabungen etwas beitragen. Aus der Not heraus wird dies längst auch schon so praktiziert. Wenn Priester in großen Gemeindeverbünden aus Mangel nur noch die liturgischen Aufgaben wahrnehmen können, weil sie sonst keine Zeit mehr haben, geht es auch nicht anders.

Aufrichtiger wäre allerdings, dies dann auch gleich in der Gemeindestruktur zu verankern und zum bejahten Standard zu machen, statt dass sich die Beteiligten und Ehrenamtlichen für die Aufgabenverteilung auch noch ständig entschuldigen müssen, was nach außen hin einen ziemlich schlechten Eindruck macht und die religiöse Begeisterung und das ehrenamtliche Engagement auch nicht gerade fördert. Vielen scheint einfach nicht bewusst zu sein, dass nun einfach nicht mehr die Zeit ist, die Hände in den Schoß zu legen und den Pfarrer alles machen zu lassen. Andererseits schwingt bei ehrenamtlichen Tätigkeiten durch ständige Ermahnungen aus den höheren Chefetagen allzu oft immer noch mit: „Ich mache das jetzt bloß, weil der Pfarrer nicht da ist. Eigentlich ist das ja schlecht, was ich mache…“ – So werden vorhandene Begabungen vergrätzt und einfach vergeudet, was meiner Ansicht nach durchaus eine Sünde gegen den Heiligen Geist ist, von dem sie stammen.

Lösungsmöglichkeit 4: Priesterberufungen im späteren Leben

Zweitens müsste man – insofern ist der Gedanke mit den „viri probati“ im Sinne von „bewährten Menschen“ durchaus sinnig – viel stärker in den Blick nehmen, dass viele Menschen heute erst in der zweiten Lebenshälfte bereit oder überhaupt fähig sind, absolute und endgültige Entscheidungen über ihren Lebenslauf zu treffen. Das gilt keineswegs nur für Ehen, sondern auch für christliche Lebenswege allgemein.

Junge Priester mögen vielleicht hübscher aussehen und die Gemeinden besser schmücken, solider und überzeugter sind aber womöglich Menschen, die sich in der Lebensmitte und aus einer vorhandenen Berufserfahrung heraus für eine Berufung entscheiden. Diesen wird mit dem aktuellen Ausbildungssystem der Zugang zum Priesteramt aber eher versperrt, sogenannte „Spätberufene“ sind innerkirchlich immer noch eher verpöhnt. Geworben werden hauptsächliche junge, bereits kirchlich sozialisierte Männer um die 20. Die aber gibt es immer weniger. Und die wissen oft auch noch nicht genug vom Leben, um so endgültige Entscheidungen treffen zu können.

Spätberufene sind aber wohl nicht erst seit den Zeiten von Bologna eigentlich als Normalfall anzusehen. Auch in der Bibel sind sie schon zahlreich zu finden, z. B. der Großteil der Apostel, auf welche sich die katholische Tradition ja eigentlich beruft, nicht zuletzt der verheiratete Fischer Simon Petrus. Auch viele bedeutende Heilige wären nach heutiger Definition „Spätberufene“.

Wenn man dann um kirchliche Berufungen betet, sollte man Gott auch heute noch etwas mehr Spielraum in der Wahl seiner Erntehelfer gewähren, statt ihn und sich selbst auf ein ganz bestimmtes Menschenbild festzulegen. Womöglich findet man dann letztlich mehr, als man zu hoffen wagte.

Hilft uns ein neues Konzil?

Trotz allem sollte jedem deutschen Katholiken klar sein, dass die traditionelle heimelige Pfarrgemeinde der 50er und 60er-Jahre nicht wiederkommen wird. Sie ließe sich weder finanziell noch kulturell halten und wäre auch nicht unbedingt wünschenswert: Denn die katholische Weltkirche hat im 21. Jahrhundert ganz andere Aufgaben zu bewältigen als bloße Heimatpflege. Folglich wird sich ein mögliches Drittes Vatikanum auch ganz anderen Herausforderungen stellen müssen, als Reformer seit den 70ern fordern und Konservative seither befürchten, denn die Welt hat sich seither drastisch geändert. Die Schlagworte heißen: Globalisierung, Bevölkerungsexplosion und damit verbunden: soziale Gerechtigkeit, Ökologie und Friedenserhaltung.

Insofern würde das oft herbeigesehnte Weltkonzil nicht unbedingt die vorhandenen Erwartungen erfüllen, trotzdem nicht weniger dramatisch in seinen Beschlüssen sein. Irgendwann wird es dann wohl auch kommen. Die Ergebnisse dürften den Europäern jedoch nicht unbedingt gefallen, aber darauf kommt es vielleicht auch nicht an. Denn Kirche muss nicht immer gefällig sein, sehr wohl aber menschenfreundlich.

Denn Gott ist es auch.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.