Drei Kalendentexte

Drei Gedichte, die sich kontrapunktisch nicht fügen wollen in die Zeit, sind nur neu entstanden in den vergangenen Wochen. Mehr war nicht und Bilder habe ich keine dazu. Da sie aber, wie bei Lyrik oft, selbst solche enthalten, ist das vielleicht auch nicht nötig.

Wanderers Nachtlied (Januar)

Bilder aus besseren Zeiten,
Die Zeit kehrt nicht zurück.

Bleibt ein Stück in Erinnerung,
bleibt ein Mosaik, wie Regenbogen-
splitter über kaltem Horizont,
Eisbögen am Sommerende.
Die Zeit kehrt nicht zurück.

Ist nun dunkel, ist nun kalt,
Der letzte Herbst vorüber,
Neuer Frühling scheint so weit.
Winter im Herzen, Kristall:
Zukunft ist noch nicht.
Die Zeit kehrt nicht zurück.

Bilder aus besseren Zeiten,
Die Zeit kehrt nicht zurück.

Wenn es Abend wird, in der Ferne
Zwei Füchse spielen am Ende
Über vergangene Felder
Tönen Kinder, die nicht mehr sind.
Sage leise: Lebewohl!
Die Zeit kehrt nicht zurück.

Kann am Ende doch ein neuer Anfang sein,
Wie eine Stadt in den Wolken?
Da geht auch der Wanderer hin
und verlässt die Geisterstätten
und kehrt nicht mehr zurück,
wie die Bilder aus besseren Zeiten.

* * *

Die dunklen Stunden (Februar)

Es muss Winter gewesen sein,
als der finstre Wind geschwinde
uns ums Haus wehte, fast verwehte,
es muss Winter gewesen sein.

Es muss Winter gewesen sein,
als die Zeit nichts drehte,
nebelverwoben stille stand, blinde.
Es muss Winter gewesen sein.

Es muss Winter gewesen sein,
Als wir selbst mit uns, entzweit:
Der eine noch Atem, der andere
im Geiste längst ganz fort geweht.

* * *

Des Frühlings grünes Kleid (März)

Wie schön ist es im Frühling krank zu sein,
Man langweilt sich dann auch nicht so, allein,
Man lernt Bescheidenheit und macht sich klein,
Die Sünden wäscht man ab, die Seele rein.

Was ist die Frühlingswelt als matter Schein:
Die ganzen eitel-bunten Blümelein,
Die wollen nur rundum bewundert sein:
Von Tugend zeugt das nicht! Es ist nicht fein!

Nein, lerne Du im Herzen Lauterkeit
Und übe Dich in kargem Selbstmitleid
Dann wirst Du klug und bleibst dir selbst gescheit.

Wärst du in dieser dummen Jahrezeit
Nur lauter Lust und tumbe Fröhlichkeit,
Trügst lieber auch Du so ein Narrenkleid!

* * *

Über Martin Dühning 1523 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.