Daz Studio 4 Pro – erster Eindruck

DAZ Studio 4 Pro bietet Grafikern wie auch Grafikerobjekterstellern mächtige Optionen - einige Tools weisen aber wohl noch Macken auf. So ist das Hemd des jungen Recken bei erneutem Laden stets durchlöchert. Hier stimmt was mit der automatischen Objektanpassung wohl noch nicht.
DAZ Studio 4 Pro bietet Grafikern wie auch Grafikerobjekterstellern mächtige Optionen - einige Tools weisen aber wohl noch Macken auf. So ist das Hemd des jungen Recken bei erneutem Laden stets durchlöchert. Hier stimmt was mit der automatischen Objektanpassung wohl noch nicht.

DAZ Studio setze ich seit der Version 1 ein, auch für kleinere Animationen. Was zunächst eine eher schmächtige Dreingabe des Figurenherstellers, quasi ein kleines Mini-Poser-Figurenbastelprogramm war, mauserte sich schnell zu einem ausgewachsenen 3D-Figurenanimator mit großer Fangemeinde. Durch den integrierten Renderer Delight brauchen sich die Endergebnisse auch nicht zu verstecken. Entsprechendes Finetuning und Rechenzeit vorausgesetzt, steht er anderen kommerziellen Programmen in nichts nach.

Das Posingwerkzeug bzw. Figurenrenderer DAZ Studio bietet nicht erst seit Version 4 recht überzeugende Ergebnisse. (© 2011 Nitramica Arts)
Das Posingwerkzeug bzw. Figurenrenderer DAZ Studio bietet nicht erst seit Version 4 recht überzeugende Ergebnisse – Die Beispielgrafik (© 2011 Nitramica Arts) macht von den neuen Funktionen Gebrauch: Die beiden Figuren basieren auf Genesis mit zusätzlich eingefügten Charaktermorphs, die Elfenranger-Kleidung wurde mit dem Autofit-Tool von Victoria 4 auf die beiden übertragen. Auch dem jungen Herrn sitzt die ehemalige Damengewandung so nun überall wie angegossen.

Drei Varianten der Nummer 4

Mit der Version 4 sind nun einige weitere Spezialitäten hinzugekommen, sodass sich der Hersteller DAZ dachte, es sei nun an der Zeit, auch den Preis der Konkurrenz anzugleichen. Schon in der dritten Generation gab es neben der kostenlosen eine kostenpflichtige Advanced-Variante, die entsprechend mehr bot, beispielsweise waren einige kostenpflichtige Zusatzplugins schon integriert. Die vierte Generation bietet neben der Advanced-Variante noch eine große Pro-Version an, die einiges mehr zu bieten hat. Dennoch ist deren stolzer Preis von 430 Dollar  selbst bei eingefleischten DAZ-Enthusiasten sehr umstritten. Nun gut, wer DAZ kennt und ohnehin Mitglied im hauseigenen 3D-Club ist, erhält das Paket über die üblichen Sonderaktionen auch deutlich billiger. Aber 100 EUR muss man derzeit schon mindestens berappen. Da fragt man sich natürlich, ob sich dieses Update überhaupt lohnt und was die große Version gegenüber der weiterhin kostenlosen freien überhaupt zu bieten hat.

DAZ Studio 4 Pro bietet Grafikern wie auch Grafikerobjekterstellern mächtige Optionen - einige Tools weisen aber wohl noch Macken auf. So ist das Hemd des jungen Recken bei erneutem Laden stets durchlöchert. Hier stimmt was mit der automatischen Objektanpassung wohl noch nicht.
DAZ Studio 4 Pro bietet Grafikern wie auch Grafikerobjekterstellern mächtige Optionen – einige Tools weisen aber wohl noch Macken auf. So ist das Hemd des jungen Recken bei erneutem Laden stets durchlöchert. Hier stimmt was mit der automatischen Objektanpassung wohl noch nicht.

Die Pro-Version richtet sich augenscheinlich vor allem an 3D-Entwickler. Sie enthält dazu eine ganze Reihe zusätzlicher Tools, beispielsweise neben der Softwarebridge zu Bryce auch solche zu Adobe Photoshop, zum Polygonmodeller Hexagon oder zum 3D-Skulptureditor ZBrush. Dabenen gibt es Werkzeuge z. B. einen Weight-Map-Brush, einen Texturenatlas zum Sammeln der verwendeten Texturen, ein Transfer und Gruppierungswerkzeug für Objekte, einen integrierten Polygoneditor, diverse zusätzliche Werkzeuge zur Erstellung von Figuren (Joint Editur, Skeleton-Editor) und zusätzliche Exportfunktionen um Figuren im Poser-Format (.cr2), im Autodesk FBX-Format oder als DAZ-Charakterpreset zu speichern.

Gleichzeitig enthält die Pro-Version auch die zusätzlichen Features der Advanced-Variante: 64-Bit-Unterstützung, einen Mehrebenenbildeditor, progressives Rendern und (sofern es mal fertig wird) die 64-Bit-Variante des Plugins für Dynamische Kleidung. Als in der Praxis äußert praktisch erweist sich, dass das sonst separat zu erwerbende Autofit-Plugin in der Pro-Variante gleich dabei ist.

Genetische Experimente…

Selbiges funktioniert nur mit den neuen „Genesis“-Figuren, welche das eigentliche Highlight aller Versionen sind. Dabei handelte es sich um eine neue generische 3D-Figur, von der sich alle anderen durch entsprechende zusätzliche „Morphs“ ableiten lassen. Das „Mixen“ von Unimesh-Figuren war auch schon in der Advanced-Variante von DAZ Studio 3 möglich, Genesis geht aber weiter: Auch die für Genesis erstellte Kleidung kann fließend mitgemorpht werden, sodass nunmehr ein stufenloser Wechsel möglich ist, ohne das Kleidung erst mühsam jeweils von Hand angepasst werden muss.

Davon können Eltern im realen Leben nur träumen: Die Kleidung wächst (und schrumpft) mit. Per Knopfdruck lassen sich beliebige Kleidungsstücke an nahezu jede Form anpassen. Dabei gehen individuelle Regler bei den virtuellen Objekten allerdings verloren.
Davon können Eltern im realen Leben nur träumen: Die Kleidung wächst ganz automatisch mit. Per Knopfdruck lassen sich zudem beliebige Kleidungsstücke der DAZ4-Figurenreihe an nahezu jede Form anpassen. Bei der Umwandlung für Genesis gehen Modifikatoren der virtuellen Objekte allerdings verloren.

Das dies besonders auch Morphing-Animationen deutlich vereinfacht – manuelles Nachjustieren fällt faktisch weg – dürfte klar sein und DAZ ist darauf auch sehr stolz, wie auf vielen Youtube-Werbevideos zu betrachten ist.

Genesis Produktvorstellung von DAZ auf YouTube

Freilich ist das für Genesis verfügbare Sortiment an Charakterschablonen wie Kleidung sowohl bei DAZ als auch sonstwo bislang recht überschaubar. Eigentlich gibt es noch kaum Inhalte, welche die eigentlichen Stärken der neuen Figur ausreizen könnten. Hier kommt dann das „Autofit-Tool“ zum Einsatz, welches die Kleidungsstücke von Figuren der vierten Generation von DAZ (z. B. Victoria 4, Michael 4, Kids 4 etc…) automatisch in Genesis-Varianten konvertiert. Das funktioniert oft sogar recht gut, allerdings gehen bei der Konvertierung sämtliche individuellen Schalter zur Anpassung der Kleidung verloren, außerdem schießt das Plugin in seinem Bemühen, die Kleidungsstücke an die Grundfigur anzupassen, oft über das Ziel hinaus: Die Objekte sitzen oft „wie angegossen“, also wider jede Physik und teils auch Logik – wenn z. B. sich die Schuhsohlen beim Gehen mit den einzelnen Zehen verbiegen, ebenso wie am Körper getragene Gegenstände (z. B. Schwerter) oder sich Haare konform spitz über spitzen Ohren wölben. Hier gibt es wohl noch Nachbesserungsbedarf, wobei DAZ als Objekthersteller natürlich auch nicht unbedingt daran gelegen sein kann, eigens Software zu entwickeln, die den eigenen virtuellen Kleidungsladen überflüssig macht. (Kleidung für die neue Figur zu kaufen, wenn ich die für meine alten einfach bequem konvertieren kann, ist sicher genau so unsinnig, wie eine Figur zu erwerben, für die es keine Ausrüstung gibt.)

Was man dem Ansatz von Genesis zugute halten kann, ist, dass es nun deutlich leichter als zuvor ist, lebendige Menschen jenseits von Klischeevorstellungen zu kreieren – denn welcher Mensch hat schon nur weibliche oder nur männliche Merkmale. Nun sind auch vielfältige Zwischenstufen denkbar, die fließend ineinander übergehen und den Lebenden näher kommen. War dies bislang mit ein wenig Schaltergeschiebe auch so schon möglich, scheiterte man in der Praxis dann doch oft an den vorurteilsgeprägten Grenzen der Kleiderobjekthersteller. Mollige Damen oder verweichlichte Männer passten dann einfach nicht in der Kleider. Was nicht der perfektionistischen Norm entsprach, das ging nicht ohne viel Handarbeit und einen Polygoneditor. Das entfällt nun.

Dass die Genesis-Figuren sich auch von Haus aus schon näher am Lebensbild orientieren, gefällt aber nicht allen. So gibt es im DAZ-Forum einiges an Beschwerden, dass z. B. die Männer nicht mehr maskulin genug wirken, weil auch der Prototyp insgesamt weniger markant ausgefallen ist (kaum Muckis und mildere Gesichtszüge). Hier hat DAZ dann gleich nachgebessert, indem es die Schablonen („Shapes“) der alten Figuren nun auch für Genesis gibt. Diese allerdings sind nicht ganz vollständig – altern lassen kann man die Figuren beispielsweise noch nicht, auch fehlen viele Hebelchen für OnTheFly-Emotionen.Vorgefertigte Posen für Genesis gibt es auch nur wenige, die alten von Victoria und Michael passen oft nicht oder führen zu eigenartigen Ergebnissen wie verdrehten Polygongittern, insbesondere bei der Kleidung.

Doch da das neue Genesis-Konzept Erweiterungen erleichtert, kann man mit entsprechenden Zusatztools wie z. B. Gen4 alte Morphs für z. B. Victoria 4 oder Michael 4 für Genesis konvertieren. Auch alte Charaktervorlagen kann man so weiterverwenden. Die Genesis-Kleider und auch die mit Autofit-konvertierten Objekte passen sich auch hier der Figur an. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten, zumal man so nun eigentlich nicht mehr überlegen muss, ob das 3D-Inventar für dieses und jenes Thema überhaupt auf die jeweilige Figur passt. Konvertierte Kleidung passt nun jedem Charakter, ob Mann, Frau, Kind oder Monster.

Auch Körperhaltungen (Posen) passen sich wie die Kleidung bei Genesis sinnig an veränderte Größenverhältnisse an. Manuelles Nachjustieren ist auch hier kaum mehr nötig.
Auch Körperhaltungen (Posen) passen sich wie die Kleidung bei Genesis sinnig an veränderte Größenverhältnisse an. Manuelles Nachjustieren ist auch hier kaum mehr nötig.

Sehr praktisch ist auch die neue Contentverwaltung, die ein zielgerichtetes Suchen nach Stichworten ermöglicht. Über eine ähnliche Funktion lassen sich auch Morphschalter von Figuren gezielt finden. Nicht zu unterschätzen sind auch neue Einstellungsfunktionen beim UV-Mapping: Man kann hier nun einfach angeben, für welche Figur eine Textur erstellt wurde und einzelne Skintexturen sind untereinander somit austauschbar (so hat die Elfin der Beispielgrafiken eine Michael4-Textur, der junge Recke dagegen eine für Victoria 4). Die Gestaltungsmöglichkeiten werden dadurch auch hier enorm erweitert.

Grundsätzlich überarbeitet wurde auch die Benutzeroberfläche. Ähnlich wie beim Ribbon-Konzept Microsofts orientiert auch sie sich am Workflow, was in diesem Falle aber durchaus auch mehr Sinn macht: Über verschiedene Schritte kann man nun zunächst Objekte laden oder erstellen, danach posieren und umgestalten, schließlich die Beleuchtung hinzufügen und abschließend noch die Texturen bearbeiten und das Ganze rendern. Am Rendern selbst lässt sich wie gehabt nichts beanstanden – unter der Oberfläche werkelt das bewährte Delight, doch dank Multiprozessorunterstützung und 64-Bit nun teils deutlich zügiger, besonders bei umfangreichen Szenerien.

Fehlerchen und Workarrounds

Freilich merkt man der aktuellen Version von DAZ Studio 4 Pro (4.0.2.35) noch deutlich ihre jüngst erst erfolgte Geburt an – häufig verhält sich die Software nicht ganz wie erwartet. So führen selbst die für Genesis mitgelieferten Posen manchmal zu abstrus verworrenen Ergebnissen, insbesondere die Kleidung verschlingt sich manchmal rätselhaft. Auch vergisst DAZ Studio nach dem Abspeichern, Beenden und Neustarten schon manchmal Einstellungen bei automatisch angepassten Kleidungsstücken – die Folge sind Löcher in der Kleidung oder auch abstehende Polygongruppen. Hier hilft dann oft nur Löschen und Neuladen/Neuposieren – bis zum nächsten Öffnen der Datei, dann beginnt das Spiel von Vorne.

Auch mit abgespeicherten Charakterpresets erlebt man bisweilen Überraschungen. Hier wendet die Software zwar brav die Einstellungen aus den Schablonen an, setzt die internen Schalthebel beim Laden aber offenbar auf Null zurück, sodass die sich automatisch anpassende Kleidung dann teils über der Figur schwebt oder plötzlich gar nicht mehr passen will. Workarrount ist hier, auf die neuen Charakterschablonen erst mal zu verzichten (was eigentlich schade ist) und stattdessen nur Shapes oder Morphsettings zu speichern (freilich gehen dann die verwendeten Texturen verloren).

Das Handbuch existiert noch nicht, die Hilfe weist bislang nur dürftige Inhalte auf. Aber ein paar Tutorials und Videolehrgänge auf der Seite des Herstellers gibt es bereits.
Das Handbuch existiert noch nicht, die Hilfe weist bislang nur dürftige Inhalte auf. Aber ein paar Tutorials und Videolehrgänge auf der Seite des Herstellers gibt es bereits.

Deutlich nach noch nicht fertig sieht auch die Dokumentation aus. Ein Handbuch fehlt ganz, auch die Programmhilfe ist lückenhaft. Oft gibt es gerade zu den interessanten Erweiterungen und neuen Funktionen nur ein „Coming Soon.“ Nun, hier wie dort macht die Software den Eindruck, dass sie noch nicht ganz fertig ist. Allerdings schiebt DAZ gewöhnlich ohnehin regelmäßig kostenlose Updates nach, sodass es wohl nur eine Frage der Zeit ist, bis Fehler behoben und noch fehlende Inhalte ergänzt sind. Gemessen am Umfang dürfte die Entwicklungsabteilung hier aber viel zu tun kriegen und man fragt sich als Kunde vielleicht auch, ob man dann den Preis nicht vielleicht noch etwas mehr hätte senken sollen, bis die Software wirklich ausgereift ist. Immerhin, die aktuellen Preisrabatte (Stichwort: „Early Adaptors“) gehen ja schon in diese Richtung. Ob 430 Dollar am Schluss aber nicht vielleicht doch etwas viel sind, sei dahingestellt. Mit Carrara 8 Pro  existiert aus dem gleichen Hause ja auch noch eine durchaus mächtigere 3D-Umgebung, die auch nicht soviel teurer ist und mit Poser existiert immer noch ein mächtiger Konkurrent aus anderem Hause, der einige Funktionen – wie z. B. überzeugende dynamische Haare oder in der Praxis funktionierende dynamische Kleidung voraus hat.

Immerhin gibt einem die Pro-Variante – wenn man es dann mal mit entsprechenden Dokumentationen auch nutzen kann – eigene Inhalte zu erstellen. In den Nutzerforen wird auch schon fleißig gebastelt, um die Genesis-Grundfigur mit neuen Schablonen zu ergänzen oder Workarrounds für die Grenzen des Autofit-Tools und einiger anderer Werkzeuge zu finden. Auch diverse Shader-Vorlagen finden sich dort.

Über Martin Dühning 1501 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.