Luzide Träume – ein Selbsttest

Dass ich von vergangenen Zeiten träume, meinen Freiburger Studienzeiten meistens, ist nicht sehr ungewöhnlich. Meist scheinen mir die Träume dann so real, dass ich gar nicht merke, dass ich Träume, was mich im Nachhinein schon oft geärgert hat, weil es ja eine Menge Dinge gibt, die seither verloren sind und man doch die Hoffnung hat, im Traum könne man einen Teil verlorener Vergangenheit schauen. Doch diesmal gelang es mir, den Traum zu steuern.

Dass es sogenannte luzide Träume gibt, Klarträume, die der Träumer steuern kann, weil er weiß, dass er träumt, und zwar so, dass er trotzdem nicht aufwacht, weiß ich nicht erst seit Prof. Dr. Lucadou bei seinem Vortrag am Klettgau-Gymnasium beim Workshop „Jahrmarkt der Heilsangebote“ dies erwähnte. Nie jedoch gelang es mir, einen solchen Zustand herbeizuführen, weil ich entweder nicht merkte, dass ich träumte, oder aber ich wache sofort auf, wenn mir klar wird, dass es sich beim Ereignis um einen Traum handelt.

In der Nacht auf Montag gelang es mir jedoch, genau so einen Zustand herbeizuführen. Nun könnten Kritiker einwenden, womöglich habe ich nur geträumt, dass ich einen luziden Traum habe und ihn steuern könnte – doch aus meiner Sicht ist das gehupft wie gesprungen – denn in dem Moment indem ich träume, dass ich einen Klartraum habe, habe ich ja auch einen, auch wenn es nur ein erträumter wäre. Zudem glaube ich ohnehin nicht daran, dass man wie im Film Inception Träume ineinander stapeln kann.

Jedenfalls konnte ich mich in meinem Traum frei bewegen und war dem üblichen Ablauf nicht ausgeliefert. Und das war auch gut so.

Denn leider spielte diese Traum nicht im Waldkirch oder Freiburg in meinen Studienzeiten, sondern noch viel früher in meiner Kindheit – und wie die meisten Träume von mir trug er auch leicht absurde Züge. Diesmal hielt unser alter Pfarrer Ruby in unserem Garten einen Gottesdienst ab zu Ehren meiner Großtante Maria. Ich war noch ein Jugendlicher und mir wurde im Gottesdienst, bei dem viele Leute aus vergangenen Zeiten anwesend waren, mal wieder schlecht. Allerdings wurde ich auch wütend, denn immer, wenn Großtante Maria in einem Traum vorkommt, geht sie auf meine Oma los. Und da ich dies schon oft im Traum erlebt habe, wurde mir in diesem Moment klar, dass es nur ein Traum sein konnte, denn sowohl Pfarrer Ruby als auch meine Großtante sind verstorben. Letztere seit mindestens 20 Jahren.

Da mir bewusst war, dass es nur ein Traum war, verließ ich die Feierlichkeiten und sparte mir somit auch den üblichen Ablauf der Familiendramen. Mich interessierte vielmehr, ob ich nun wirklich unsere vergangene Wohnung erkunden konnte und Gespräche mit Personen aus der Vergangenheit führen könnte. Letzteres klappte leider nicht wirklich, da die Personen im Endeffekt wie in Tagträumen nur genau das antworteten, was man von ihnen erwartete. Wirklich weiterführend war das nicht. In wachem Zustand bin ich kreativer. Auch die Wohnung war zwar sehr plastisch, in ihrer Realität aber letztlich auf mein Vorstellungsvermögen begrenzt. Dinge, an die ich mich nicht mehr erinnere, waren auch nicht da. Im Endeffekt war die Traumwelt ähnlich begrenzt wie die Traumwelt in Coraline – sie endete an den Grenzen meiner Fantasie und Laune. Als mir das Ganze zu langweilig wurde, wachte ich auf. Sonderlich erholt war ich danach nicht.

Schade, in unbekannte Weiten führt ein Klartraum also wohl nicht. Mir fiel auch nichts wirklich sinnvolles ein, was ich in diesem Zustand hätte üben können, aber vielleicht einandermal probiere ich das auch noch aus. Jedoch besser in den Ferien, denn irgendwie strengte es eher an als zu erholen.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.