Das innere Licht

Kerzenlichtlein leuchten auf einem Grab (Foto: Martin Dühning)
Kerzenlichtlein leuchten auf einem Grab (Foto: Martin Dühning)

Jedem Menschen ist eine Gabe gegeben, Kindern und Jugendlichen ist sie oft noch anzusehen – doch Vorsicht: Es kann auch verlöschen, das innere Licht.

Wer kennt sie nicht, die leuchtenden Augen, in denen noch kleine Sternchen funkeln auf den alten Fotos aus Kindertagen. Oder das strahlende Lächeln von kleinen Kindern, einfach so, ohne Grund. Auch bei einigen Erwachsenen ist es bisweilen noch zu finden, bei solchen die sich Herz oder Humor erhalten haben und besonders bei Künstlern und Musikern, die noch mit Lust und Laune Leben.

LEBEN. In unseren Tagen ist dies bei älteren Semestern seltener geworden im deutschen Musterländle. Wir FUNKTIONIEREN bloß, wenn wir Glück haben und wenn nicht, erzeugen wir dies künstlich mit Parties und Alkohol. Die Fähigkeit, sich ohne alles am Leben zu erfreuen, die ist rar geworden. Manche geben dem Konsum- und Anspruchsdenken die Schuld, oder der Rastlosigkeit unserer Tage. Früher war das aber wahrscheinlich auch schon so. Wie es nur kommt?

Das indische Ayurveda kennt die Paramojas, jene essentielle Lebensenergien, die begrenzt sind und die, wenn verbraucht, anders als die normale Körperliche Kraft, nicht wieder regeneriert werden können. Nein, man muss heutzutage nicht an sowas glauben, und doch es scheint tatsächlich etwas im Menschen zu geben, etwas, wie ein inneres Licht, das, wenn es erst einmal verloschen ist, nicht mehr wiederkehrt. Ich habe es selbst schon oft erlebt, wie das Funkeln in den Augen meiner Mitmenschen erlosch. Nicht von heute auf morgen und nie ohne warnendes Flackern. Doch ging es schon manchmal aus. Das tat mir weh – anderen vielleicht auch, wenn sie es überhaupt wahrgenommen haben im Stress unserer Tage. Ich erinnerte mich dann immer an jene Wort: „Was hülfe es dem Menschen, er gewönne die ganze Welt und nähme dabei Schaden an seiner Seele“ …

Trotzdem machen wir uns nur wenig Mühe, diese kleinen Lichtlein in uns leuchtend zu erhalten, oder wenigstens bei unseren Kindern. Wir haben uns stattdessen eine Welt aus Frust erbaut, die nur auf Tätigkeiten ausgelegt ist, auf Leistung, Effizienz und manchmal auch wirrem Aktionismus, der vielleicht nur von ihrer Sinnlosigkeit ablenken soll. Als wenn das Herumrühren im Äther wichtiger wäre als der eigene Lebensfunke!

Und wenn dann bei all dem hier und dort wieder ein Lebensfunke erlischt, stehen wir entweder ratlos vollkommen daneben, oder schlimmer: geben dem armen Menschen selbst noch die Schuld, angeblich, weil er es ja selbst nicht besser wusste…

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.