Die relativ gute Wertung in der c’t Fotografie 2/13 S. 26 verführte mich dazu, mir für meine vielen anstehenden Reisen ein Smartphone als Kameraersatz zuzulegen. Die Hoffnung war unter anderem, dabei Gewicht zu sparen.
Formatfragen
Nichts ist einer schönen Reise am hinderlichsten als das Tragen schwerer Taschen. Daher arbeite ich derzeit an der Miniaturisierung meiner Reiseausrüstung. Smartphones, die ich in der Vergangenheit absichtlich mied, könnten dem entgegen kommen. Nun telefoniere ich eigentlich nicht, weder per Drahtnetz noch mobil, ich wüsste auch nicht, mit wem und wozu überhaupt, dennoch habe ich gewisse Designvorstellungen, was Kleintelefone angeht, so war ich nie ein Fan von quadratischen Fliesen, die man sich ans Ohr hält. Daher waren mir diverse moderne Luxusmobiltelefone viel zu groß und oft auch erschreckend rechtECKIG – und wie jeder weiß, der mich einigermaßen gut kennt, HASSE ich Quadrate und Rechtecke. Das gilt auch für die Software – drum fielen eine ganze Reihe Kandidaten von vornherein durch.
Formal schien mir schon länger das Samsung Galaxy S3 Mini akzeptabel, wenn nicht gar „schnuckelig“, es ist vergleichsweise rund, hübscher als die Konkurrenz und auch seine Nachfolger und intuitiv umging ich damit auch das Problem mit regionaler Beschränkung, das Samsungs Topmodelle offensichtlich neuerdings haben. Eigentlich sollte das Smartphone aber eh nur PC-Ersatz sein, portable Telekommunikationsstation und eben für Fotos. Aktiv wurde ich daher erst, als ich im Frühjahr in einer c’t-Fotografie in einem Artikel über Smartphone-Kameras las, dass die Kamera des S3 Mini recht gut sein soll – auch im Vergleich mit Topmodellen (c’t Fotografie 2/13, S. 26). Allerdings fand ich das Mobiltelefon damals immer noch viel zu teuer. Daher wartete ich ab, bis der Preis nochmals um 100 EUR sank, da ich Mobilfunk-Verträge nicht mag und auch nicht bereit bin, mehr als 220 EUR für ein Mobiltelefon auszugeben, weil es wahrscheinlich ohnehin nur zwei Jahre durchhalten wird.
Das S3 Mini als Kameraersatz
Im Frühherbst 2013 machte ich dann diverse Praxistests mit dem S3 Mini bei den Fotomotiven, die bei mir üblicherweise anfallen. Das Fazit vorweg: Wenn man eine Nikon D90 und eine Canon Powershot gewohnt ist, fallen die Ergebnisse recht ernüchternd aus. In Sachen Rauschen oder Zoom kann das S3 Mini mit modernen Digitalkameras kaum mithalten, von der Qualität her (und das dürfte wohl für alle Smartphonekameras gelten) hinken die Aufnahmen aktuellen Digitalkameras wohl um 10 Jahre hinterher. Trotzdem hat die Kamera des S3 Mini auch seine Stärken.
Technisch beherrscht die Rear-Kamera 5 MP (4,9 MP) und kann damit Aufnahmen in der Größe von 2560 x 1920 Pixeln (4:3) bei 72 dpi und gespeichert als 24-Bit JPEG anfertigen. Das ergäbe einen Normalausdruck in Größe von 90,3 x 67,7 cm. Für das private Fotoalbum wäre das eigentlich völlig ausreichend.
Fotos habe ich mit der Samsung-eigenen Kamera-App sowie mit den Apps Pro HDR Camera, Camera ZOOM FX und HDR Camera+ gemacht. Als Referenz zog ich dafür bei einigen Motiven meine Canon Powershot SX230 HS zu Rate. (Fairerweise verzichtete ich darauf, das Smartphone mit meiner Spiegelreflexkamera zu vergleichen, die in einer anderen Liga spielt.)
Um es kurz zu machen: Auch die dezidierte Canon-Kompaktkamera ist dem Smartphone natürlich haushoch überlegen. Bei der Smartphone-Kamera selbst erzielt meist die vorinstallierte Standard-APP die besten Ergebnisse, sie beherrscht beim S3 Mini allerdings kein HDR – wahrscheinlich, weil der Autofokus zu langsam ist, eine Kritik, die seinerzeit schon die c’t Fotografie in ihrem Artikel der vergleichsweise guten Bildqualität gegenüberstellte. Bei HDR-Apps wie Pro HDR Camera kann das Aufnehmen der dreiteiligen Belichtungsreihe bis zu 10 Sekunden dauern, wenn Autofokus/Einzelmessung aktiv ist, ohne dauert es immer noch 5 Sekunden – unmöglich, da ohne Stativ unverwackelte Aufnahmen zu machen.
Wirklich gut schneidet das S3 Mini im Makrobereich ab, wenn man wirklich nah ran geht und nicht auf die Idee kommt, den digitalen Zoom zu benutzen. Ich vermute mal, die Kamera ist auf Nahaufnahmen hin optimiert, weil die Standardanwendung wohl das Knipsen von Personenfotos sein dürfte. Mäßiger schneidet sie bei Panoramaaufnahmen ab, weil Feinstrukturen (Laub, Gras) schnell verwaschen wirken, zumal, wenn die Sonne nicht scheint – ein Problem, was mich an frühere Digitalkameragenerationen erinnerte, als man die Megapixelwerte hochschraubte, ohne den Sensor entsprechend zu verfeinern.
Für eine wirkliche Überraschung sorgt dann bisweilen noch die Android-App HDR Camera+ – sie scheint beim Erstellen von HDR-Bildern etwas anders vorzugehen, was häufig zu überzeugenderen Ergebnissen führt, gerade auch im Nahbereich und ohne Stativ. Verwackelungen werden offensichtlich herausgerechnet, was etwas auf Kosten der Feinstrukturen geht, aber oft überzeugender wirkt als bei Konkurrenz-Apps.
Mein Fazit: Auch für Urlaubsfotos ist eine dezidierte Digitalkamera noch nicht verzichtbar, auch wenn sie schwerer – aber sicherlich keinesfalls teurer ist. Auf dem Handy selbst sehen alle Fotos immer scharf und perfekt aus, betrachtet man sie aber auf dem PC oder als Ausdruck, liegen immer noch Welten dazwischen. Für gute Fotos braucht man meist mehrere Anläufe, vor allem, wenn man Gegenlichtfotografien anfertigen oder mit HDR arbeiten möchte – womöglich gar ohne Stativ. Mit Stativ ist ein Smartphone sicher schwerer als eine leistungsfähigere neuere Digitalkompaktkamera mit optischer Bildstabilisierung.
Dagegen sind Smartphones als Kamera sicher lustige Spielzeuge, mit denen man allerhand Schabernack treiben kann, gerade, weil sie irgendwie beschränkt sind. Noch bunter wird es, wenn man diverse Effekt-Apps hinzunimmt, die gar keine perfekten Fotos erstellen wollen, sondern per Knopfdruck PC-Kunst. Auch für schnelle Postings in sozialen Netzwerken sind Smartphones sicher prima geeignet.
Ernüchternd sieht es dann allerdings oft aus, wenn die Fotos später professioneller aufbereitet werden sollen und womöglich sogar ausgedruckt. Hier greift man meines Erachtens besser immer noch gleich zur digitalen Spiegelreflex-Kamera oder zu einer guten digitalen Kompaktkamera. Nicht zu verachten ist nämlich allein der Qualitätsunterschied, der sich durch leistungsfähigere Objektive ergibt. Qualitativ wiegen die Fotos das höhere Tragegewicht in jedem Fall wieder auf.