Der erste Tag im Süden

Ich muss sagen, trotz großem Schlafdefizit und meiner mitgebrachten Hausmittelchen habe ich nicht gut geschlafen heute Nacht. Das Bett ist ungewohnt hart und die Wände leider sehr dünn. Architektonisch ist meine neue Unterkunft recht hübsch, aber die Sandburg-Architektur mit ihren Appartment-Türmchen auf mehreren Stockwerken, kombiniert mit den allgegenwärtigen Keramikböden ist ein Schall-Labyrinth.

Tönt es ohnehin schon leicht, quietschen und poltern die Massivholzmöbel darauf bei der kleinsten Bewegung. Und irgendjemand in diesem Gebäude bewegt sich ständig. Auch sind die Fensterläden wohl nicht gebaut für die aktuell relativ feuchte Witterung, ebenso wenig die nicht-massiven Türen. Daher haben sie sich fast überall im Gebäude verzogen und sind dann nur laut mit Gewalt zu öffnen und zu schließen. Aber genug gelästert: Sonst macht das Hotel einen sehr guten Eindruck, das Personal tut alles, um die Wünsche der Kunden zu befriedigen – manchmal sogar in vorauseilendem Gehorsam. Das Essen ist auch recht akzeptabel, um nicht zu sagen: fürstlich, aber wie gesagt, ich habe nicht gut geschlafen und bin auch den örtlichen Kaffee noch nicht gewohnt. Meiner zuhause ist magenfreundlicher und trotzdem stärker.

Die Ausstattung meiner Wohnung – sie ist weit mehr als ein Zimmer – kann sich sehen lassen: Neben Wohn- und Schlafzimmer besitze ich hier nun sogar ein komplettes Bad und eine separate Einbauküche, einen mondänen Schreibtisch und sogar zwei große Flachbildfernseher – einen im Wohnzimmer, einen im Schlafzimmer. Dazu gehört dann auch noch eine Terasse mit Blick nach Süden aufs Meer und zugehöriger Tischgarnitur zum Flanieren im Freien. Schade nur, dass ich das hier mit niemandem teilen kann. Da komme ich mir meist recht dekadent vor bei all dem ungewohnten Luxus. Schön wäre es auch, wenn meine Eltern mal so einen Urlaub hätten. Die Anlage ist ja sonst auch recht seniorenfreundlich und beim Frühstück habe ich hier neben vielen älteren Herrschaften auch Rollstuhlfahrer gesehen. Aber der Hinflug mit all dem Stress und den engen Verhältnissen wäre wohl nichts mehr für meine Mutter – vom Bahnfahren mit Eilumstiegen ganz abgesehen. Ich hatte da ja gut 26 Stunden keinen Schlaf mehr, bis ich im Hotel ankam. Das geht so nicht mehr bei den alten Herrschaften.

Den heutigen Tag habe ich sonst noch genutzt, um den leeren Kühlschrank in meinem Appartment etwas aufzufüllen (wenn man schon einen hat, muss man ihn auch nutzen). Jetzt ist fast alles drin, was ich auch sonst gerne habe, dem nahen Supermarkt sei Dank. Die Lebensmittelpreise hier sind günstiger als bei uns am Hochrhein. Was ich eingekauft habe, sollte mir zumindest bis Samstag reichen. Dann habe ich noch das kostenlose WLAN hier getestet. Es ist sicher nicht schneller als meine lahme Internetverbindung in Lauchringen, aber ich bin ja schon einiges gewohnt und für sporadische E-Mail-Kontrollen und Facebook per Smartphone sollte es allemal reichen.

Sonnenuntergang im November am Meer - und weit und breit keine Hochrhein-Hochnebel! :-)
Sonnenuntergang im November am Meer – und weit und breit keine Hochrhein-Hochnebel! 🙂

Gegen Abend, der hier bis etwa 18:00 Uhr dauert, dann wird es relativ schnell dunkel, habe ich dann noch die umgebende Siedlung durchwandert bis hin zum Meer. Das liegt mit etwa 400 Metern Luftlinie recht nahe an meiner derzeitigen Residenz, wenn man das Straßengewirr durchschaut hat, kommt man recht schnell hin. Ich weiß nicht, ob dass der im Reiseführer viel gelobte Sandstrand der Stadt sein soll, wenn ja, wäre das doch recht mickerig. Er ist insgesamt nicht mal viermal größer als mein heimischer Garten. Aber immerhin ist tatsächlich ein wenig Sand da, und Palmen und auch Meer genug. Unterwegs habe ich viele ältere Leute getroffen, häufig waren es wohl Deutsch, Schweizer oder Österreicher, manchmal auch Engländer und in seltenen Fällen – meist jüngere – Spanier. Die örtliche Wirtschaftskrise erkennt man an den vielen Bauruinen in der Siedlung.

Ich habe an diesem ersten Tag mal 12 Postkarten gekauft und am Felsenstrand schon mal Entwürfe für ihre Texte entworfen in mein kleines blaues Adressbüchlein. Bekommen sollen hier zunächst mal alle eine, die sie sich besonders verdient haben. Briefmarken habe ich auch gekauft. Und ein kleines Schokoladeneis.

Schokoladeneis am Strand Ende November, unter Palmen. Was für ein Luxus!

Über Martin Dühning 1523 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.