Der Weltraum, unendliche Weiten. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt, drang die GEZEICHNETE Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.
Fünf Serien von Star Trek sind kanonisch – doch es gibt noch eine sechste: Die Star Trek Zeichentrickserie von 1973 – und die wird zu Unrecht völlig unterschätzt. Nachdem die originale Star Trek Serie TOS mit Kirk, Spock, McCoy, Scott Ende der 60er Jahre aus finanz- und quotentechnischen Gründen abgesetzt worden war, ließ sich Gene Roddenberry 1972 von Filmation Associates zu einer Zeichentrickversion überreden. Die Firma versprach ein qualitativ hochwertiges Kreativteam, was sie letztlich auch einhielt. Für die damalige Zeit glänzt TAS mit hochwertiger und fantasievoller Grafik und die Skripte steuerten viele der Drehbuchautoren aus der Originalserie bei. Auf Druck von Roddenberry wurden als Sprecher für die Zeichentrickcharaktere fast alle der Orginalstars verpflichtet, nur Walter Koenig alias Pavel Chekov blieb leider außen vor. Statt seiner navigiert der dreiarmige Alien Lieutenant Arex an Bord der gezeichneten Enterprise. Gesprochen wurde dieser, wie auch viele andere Zeichentrickrollen, von James Doohan, dem Darsteller des Mr. Scott. Zusätzlich an Bord ihren Dienst versah als zweite Kommunikationsoffizierin das adrette Katzenwesen M’ress ihren Dienst und erhöhte damit die Frauenquote in der Enterprise-Besatzung. Im Original wurde sie wie Krankenschwester Chapel von Gene Roddenberrys Frau Majel Barrett gesprochen.
So entstanden 1973-1974 insgesamt 22 Zeichentrickfolgen mit einer Länge von jeweils 22 Minuten. Danach wurde die Serie wieder abgesetzt. Grund dafür dürfte der Zeitdruck gewesen sein, unter dem die Serie entstand, kombiniert mit einem Ausstrahlungstermin, der den Erwachsenenzeichentrick ins Samstagvormittagskinderprogramm verlegte. Jugendfrei war die Serie ja gewiss, doch Sprachwitz und Situationskomik waren wie bei der Originalserie eigentlich für ein älteres Publikum entworfen worden. Durch den Zeitdruck, unter den die Macher gesetzt wurden, entstanden auch eine Reihe von Mängeln, die man mit einer einfachen Gegenkontrolle hätte beheben können. Die Stories stehen in der ersten Staffel der Originalserie in nichts nach, schließen oft auch daran an, so erfährt man beispielsweise in „Mehr Trouble mit den Tribbles“, wie es mit Cyrano Jones und seinen Wuschelknuddeln weiterging oder in „Der Liebeskristall“, was zwischenzeitlich aus dem „Androidenkönig“ Harry Fenton Mudd geworden ist. Nach den ersten 16 Folgen fällt das Niveau der Stories leider etwas ab. Dem Kreativteam ging unter dem hohen Zeitdruck wohl die Luft aus und sie ergab sich dem Schicksal fast aller Star-Trek-Serien, nämlich wieder abgesetzt zu werden. Immerhin lieferte man mit „Flucht aus einem anderen Universum“, worin man dem allerersten Captain der Enterprise, Robert April, begegnen kann, noch einen grandiosen Abschluss und schrieb mal wieder Trek-Geschichte.
Es war Gene Roddenberry höchstselbst, der bei Paramount Pictures durchsetzte, dass die Inhalte der Trek Animated Series nicht als kanonisch gelten sollen. Er selbst bereute es 1974 nämlich wieder, die Zustimmung zu einem Star Trek Zeichentrick überhaupt gegeben zu haben. Damit wurde die Serie hübsches Beiwerk, doch offenziell fügte sie damit nichts zum Universum bei. Allerdings war die Serie dazu wieder zu innovativ – und viele ihrer Inhalte schafften es dann doch in den Kanon, vom prominenten Holodeck, das in „Wüste Scherze“ erstmals zu sehen war über James Kirks zweiten Vornamen Tiberius bis hin zu Spocks Kuscheltier, dem Selak, der im „Zeitportal“, das auch sonst später immer wieder zitiert wurde, erstmals sichtbar auftrat. Navigator Arex und die zweite Kommunikationsoffizierin M’ress hatten allerdings weniger Glück – sie verschwanden spurlos. Auch im erneuerten Star Trek der 2010er-Jahre fanden sie kein Revival.
Dabei verdient es die Serie durchaus insgesamt, in Erinnerung zu bleiben. Ihren schlechten Ruf hat sie wirklich nicht verdient. Schon seinerzeit heimste sie einen Emmy Award ein, allerdings in der Kategorie „Beste Kinderserie“. Auch sonst stand sie bei Kritikern ganz oben – allerdings nur in der Originalfassung. Wenig rümlich dagegen war mal wieder die deutsche Synchronisation aus dem Jahr 1976, welche die Zeichentrickserie inhaltlich auf eine Kurzparodie der Originalserie verstümmelte: mit vulgären Dialogen, die teilweise sogar noch seichte Reime enthielten und einer drastischen Verkürzung der Einzelfolgen auf 12 Minuten – also etwa die Hälfte ihrer ursprünglichen Länge. Es dürfte klar sein, dass somit von Inhalt und Story nicht viel übrig blieb, dass noch nicht einmal die Synchronsprecher der Originalserie verwendet wurden, tat sein Übriges dazu bei, dass die Zeichentrickserie in Deutschland zu Recht nie ernst genommen wurde.
Glücklicherweise unternahm zur Star Trek Hochzeit, 1994, die Firma Synchron 80 noch einen zweiten Versuch einer Eindeutschung, gerade noch rechtzeitig im Rückblick, denn so konnten noch die Originalsprecher von TOS verpflichtet werden. Auch verzichtete man diesmal auf irrsinnige Kürzungen und synchronisierte ungeschnitten, diesmal auch alle Folgen. Das Unternehmen darf als geglückt gelten, beim Betrachten dieser Fassung, die es inzwischen auch als DVD-Sammlung gibt, kommt wirklich echtes Star-Trek-Feeling auf. Denn wenn die Mimik der Zeichentrickcharaktere mit der Technik der 70er natürlich auch nicht an die echten Schauspieler herankommt, mit den „Originalstimmen“ stimmt einfach das Gesamtbild inklusive der für TOS typischen Interaktion der Charaktere, geht sogar manchmal fast darüber hinaus. Auch war das alte Star Trek selten kreativer, denn Aliens und fremde Welten lassen sich natürlich viel besser im Zeichentrick umsetzen als mit begrenzten realen Requisiten.
Ja, fast ist man etwas enttäuscht, dass nicht noch mehr Folgen zustande kamen. Denn der Ansatz eines Star Trek als Animationsfilm war – Roddenberrys Verdikt zum Trotz – eigentlich doch sehr vielversprechend.