„The Garden of Words“ heißt das jüngste Werk des japanischen Anime-Regisseurs Makoto Shinkai aus dem Jahr 2013. Es ist ein vierdimensionales Gemälde, das innere und äußere Natur des modernen Japan farbprächtig nachzeichnet.
Die reine Story selbst ist dabei am wenigstens tiefgründig. Nach seinem Ausflug ins Universum der Ghibli-Märchen mit „Children who chase lost voices“ spielt „The Garden of Words“ wieder in einem realen, rein diesseitigen Japan der Gegenwart. Im Mittelpunkt stehen Takao, ein 15jähriger Oberschüler und eine 27jährige junge Frau. Während Takao von einer Zukunft als Schuhdesigner träumt und besonders an Regentagen gerne die Schule schwänzt und im Park Schuhentwürfe zeichnet, bleibt die junge Frau lange ein Rätsel, das erst gegen Ende gelöst wird. Wie, wird hier nicht verraten, denn gerade das macht vielleicht den einzigen inhaltlichen Reiz der Story aus.
In ihrem Verlauf ist sie vielleicht eher für japanische Gemüter verfasst. Viele Andeutungen werden nur Japankenner verstehen und einige verbale Anspielungen verstehen sich auch nur im japanischen Original – vor allem die enthaltene Lyrik. Letztlich geht es um das konkret-handwerkliche Konzept, gegenüber theoretisch-schulischer Norm ebenso, wie um Adoleszenz in einer anonymen Leistungsgesellschaft, Tabubrüche und die Volkskrankheit Depression. Und natürlich wäre es kein Film von Makoto Shinkai, wenn nicht Beziehung und Verlust im Zentrum stünde. In der Art, wie die Geschichte gestrickt ist, ähnelt sie „5 Centimeters per Second“, ohne allerdings dessen handlungsmäßige Komplexität und Tiefe zu erreichen.
Unfraglich beeindruckend ist aber die bildlich dichte Atmosphäre, die im Film geschaffen wird: Regen und Wind sind überzeugend dargestellt und auch in der deutschen Synchronisation adäquat vertont, der Regen spiegelt sich in der Landschaft und die Landschaft die Seelen. Dem Naturschauspiel gegenüber hält sich die meist klaviergetragene Filmmusik von Daisuke Kashiwa eher zurück. Es sind womöglich gerade die Naturmächte, welche die eigentlichen Hauptakteure des Filmes sind. Selten war Regen so schön und so lyrisch umgesetzt.
Man fröstelt beim Ansehen wirklich selbst, wenn die Regenzeit die japanische Großstadt in ein feucht-graues Meer verwandelt, wenn schillernde Tropfen durch den Sonnenschein glitzern oder wenn über den Park ein hochsommerliches Gewitter hereinbricht. Die Regentropen fallen in den verschiedensten Schattierungen, mal tröpfelnd, mal plätschernd und mal wie ein wahrer Taifun. Was die Story nicht hergibt, wird somit von der Gesamtatmosphäre kompensiert. Das macht die Animation zu einem Film, den man gerne auch mehrmals anschaut.
In Deutschland wird der Film von KAZE ab dem 31. März 2014 als DVD vertrieben. Die DVD macht einen ordentlichen und hochwertigen Eindruck, äußerlich wie von der Bildqualität, auch die Synchronisation ist akzeptabel. Neben dem Hauptfilm sind aber der DVD auch Interviews mit Makoto Shinkai und den japanischen Synchronsprechern beigegeben, ein animiertes Storyboard sowie der Kurzfilm „Proud Future Theater“.