„Tradition“ ist heutezutage ein oft negativ konnotierter, andererseits aber auch völlig überdehnter Begriff. Dabei gibt es in jedem Leben ein bisschen „Tradition“.
Freilich meine ich damit nicht, dass man sich in Gewohnheiten oder gar Regelkatalogen erschöpft. Vielmehr gibt es, frei dem Ausspruch von Gustav Mahler: „Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche“ in jeder Biografie kleine Rituale oder Brauchtümer, die das Feuer des eigenen Herzens am Brennen erhalten. Dazu gehört auch viel Volkstümliches, was reinem Rationalismus und purer Logik vielleicht zuwider ist, aber doch das eigene Leben etwas bunter und schöner macht.
Zu diesen Brauchtümern gehören für mich die alljährlich erneuerten Palmzweige an den Hauskreuzen und das alljährliche Eierfärben nach Gründonnerstag, ebenso das Heimtragen des Osterfeuers in der Osternacht (falls kein Wind das Kerzlein auspustet). Solche Dinge sind zwar oft gemeinschaftlich, können aber genauso wenig per Mehrheit bestimmt werden wie man willkürlich „Traditionen“ neu erschaffen kann. Man überdehnt dann den Begriff, der ja eigentlich „Überlieferung“ meint. Sind Traditionen nicht authentisch, sondern willkürlich erfunden, dann sind sie nicht echt, ohne inneres Feuer, eben nur gewirbelte, kalte Asche.
Manche Traditionen der Vergangenheit haben auch nicht überlebt. Ein für meinen aus Danzig stammenden Dühning-Opa sehr wichtiger Brauch war beispielsweise am frühen Ostersonntag das Heimbringen des Osterwassers. Auf diese Idee würde ich nun nicht kommen, da ich nicht heimisch damit bin und sie mir nichts bedeutet, sehr wohl aber das, was ich früher bei meinen anderen Großeltern an „Lauchringer Bräuchen“ mitbekommen habe. Dazu gehörten eben Palmzweige, das gemeinsame Anmalen oder Färben der Ostereier, und manchmal auch das Osterfeuer. Ganz früher, erinnere ich mich, gab es aber auch Lichtmessen am 2. Februar, und natürlich an St. Martin oder an St. Luzia. Namenstage spielten durchaus auch eine große Rolle, wir gratulierten uns dazu gegenseitig und manchmal gab es sogar ein ganz kleines symbolisches Geschenk. An Nikolaus backten wir zusammen sogenannte Klausenmänner, für den Ostersonntag einen Osterzopf.
Auf all diese Dinge kann man natürlich, im Rückgriff auf alle möglichen vernünftigen wie scheinlogischen Begründungen auch verzichten, sowie auf alles Schöne im Leben, freilich bleibt dann nicht mehr viel übrig, wenn man genau hinschaut, mal abgesehen vom puren Überleben. Kompromisslose Logik führt, konsequent zuende gedacht, zur universalen Auslöschung.
Und selbst Menschen, die wirklich arm sind und keine Luxuswesen wie wir Mitteleuropäer, gönnen sich doch gerade auch Traditionen und Brauchtümer in ihrem Leben. Es ist vielleicht gerade ein Anzeichen übermäßigen Reichtum und Konsums, dass man auf die überbrachten Dinge verzichten zu können glaubt.
das hast du wunderschön ausgedrückt mit dem Brauchtum und ich finde es sehr wichtig für unser Leben , besonders auch , wenn man es an Kinder weitergeben kann