Australische GUI-Kämpfe um Firefox

Ich muss zugeben, meine Begeisterung hielt sich in letzter Zeit arg in Grenzen, wenn ich mal wieder von Entwicklerteam XY eine neue Benutzeroberfläche aufgedrängt bekam, oder kürzer: Begeisterung war schlicht nicht vorhanden. Wahrscheinlich werde ich einfach langsam alt. Aber auch die neue Benutzeroberfläche von Firefox sagt mir nicht zu.

In unseren pseudo-atheistischen Zeiten sind Benutzeroberflächen ja ein beliebtes Thema für moderne Glaubenskriege geworden: Seien es die Ribbons von MS Office, die Kacheloberfläche von Windows 8x, die neuesten ideellen Auswüchse von Ubuntu oder eben Australis, die neue Benutzeroberfläche von Firefox 29.

Schlicht, lichtgrau und mit meinen Menüs und Symbolleisten - so hat Firefox für meine Arbeit zu sein. Das geht auch mit Firefox 29, den zum Glück ist er weiterhin individualisierbar.
Schlicht, lichtgrau und mit meinen Menüs und Symbolleisten – so hat Firefox für meine Arbeit zu sein. Das geht auch mit Firefox 29, den zum Glück ist er weiterhin individualisierbar. Das ist die Hauptsache. An ideologischen Glaubenskämpfen über Benutzeroberflächenperfektion bin ich nicht interessiert.

Firefox verwende ich schon ziemlich lange, musste mir in jenen unglücklichen Zeiten, als ich noch Schulnetzadmin war, dafür sogar eine Standpauke von einem (Ex-)Entwickler der Windowsmusterlösung gefallen lassen, als ich es 2009 in seinem Forum wagte, zu prophezeien, die großen Zeiten des Internet Explorer seien vorbei und konstatierte, es wäre deshalb durchaus praktisch, wenn man neben ihm auch Firefox in Schulnetzen benutzen könnte: „Sie verbreiten hier aber unreflektiert eine ganze Menge Ideologie!“, wurde ich damals einfach schroff niedergebügelt. Jenseits des Internet Explorers gab es eben kein Heil. Im Rückblick betrachtet mutet das reichlich skurril an. IT-Steinzeit eben…

Heute streitet man sich weniger darüber, welchen Browser man benutzen darf, sondern stattdessen über Startmenüs und generell Benutzeroberflächen, die, oberflächlich betrachtet, bei den verschiedenen Herstellern übrigens immer ähnlicher werden. Schon bei den Ribbons, seinerzeit eine modische Entscheidung von Microsoft, die damals noch einigermaßen problemlos Standards setzen konnten, missfiel mir aber, dass Neuerungen bei der GUI oft zu Lasten der Individualisierbarkeit der Anwendungen gehen.

Was Administratoren in großen Systemen vielleicht entgegen kommt, weil sie dann weniger Arbeit haben, stört mich privat aber ungemein, weil es meine persönlichen Arbeitsabläufe verkompliziert. Darum verschwand MS Office spurlos vom Privatrechner – OpenOffice und LibreOffice lassen sich nämlich viel besser anpassen. Und wenn ich einen Browser haben will, der aussieht wie Chrome, dann benutze ich auch einfach Chrome und keine Kopie davon.

Der neuen Oberfläche von Firefox muss man aber tatsächlich zugestehen, dass sie weiterhin ermöglicht, sich den Browser und seine Oberfläche nach eigenen Wünschen zu gestalten – und das ist letztlich die Hauptsache. Ich habe nichts gegen neue Benutzeroberflächen, so lange sie eben nicht allen Nutzern wie eine neue Heilsreligion aufgezwungen werden. Außerdem bin ich stockkonservativ, was Dinge angeht, die bereits gut funktionieren. Was bislang gut funktioniert hat, ändere ich nicht. Alles andere kostet nur unnötig Lebenszeit – und aus dem Freakalter, wo man alles austesten muss, bin ich inzwischen raus.

So habe ich denn auch als Erstes und mithilfe des Plugins Classic Theme Restorer das alte Aussehen von Firefox nach Möglichkeit wiederhergestellt, mitsamt der für meine Arbeit obligaten Webdeveloper-Leisten. Mein Lieblings-Theme Qute gibt es aber leider noch nicht für Version 29, sodass ich eine Weile in den Personas wühlen musste, um eine schlichte Oberfläche in neutral-silbernen Farben zu finden. Auch das gute, altbackene Menü ist inzwischen wieder da, wo es hingehört, und wird es nach Möglichkeit auch bleiben, so lange jedenfalls, wie ich meinen Desktoprechner altbacken mit Maus und Tastatur bediene und keinen Touchscreen benutze oder gar eine Kinnect3-Gestenbedienung. (Letzteres fände ich übrigens wesentlich sinniger als völlig unergonomisch am Sitzplatz am Desktopmonitor herumfingern zu müssen.)

Sollte sich bei mir an der Bedienmechanik mal was ändern, werde ich wohl ziemlich schnell umlernen. Ansonsten nicht.

Ja, ich bin vielleicht ein alter, lernfauler Sack inzwischen. Aber solche gibt es eben auch bei den Computernutzern – und übrigens nicht zu wenige…

Über Martin Dühning 1507 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.