Der Februar 2015 wird für mich persönlich als ein deutlich unterdurchschnittlicher Monat in die Lebensgeschichte eingehen, von seinem Anfang bis zum Ende war er durch Verluste aller Art gekennzeichnet, insofern reiht sich der Tod von Popikone Leonard Nimoy nahtlos in die Pechsträhne ein.
„Logisch betrachtet“, hätte wohl Spock gesagt, „ist eine statistische Häufung von als gleichwertig empfundenen Ereignissen nichts Ungewöhnliches. Anders als viele glauben verteilt sich das Universum (noch) nicht in vollkommener Entropie, sodass auch Zufallszahlenreihen durchaus Muster enthalten. Andererseits ist es emotionsgeladenen Wesen, wie es Menschen sind, durchaus zueigen, in solchen Mustern einen höheren Sinn zu erkennen, wo keiner ist“ – beispielsweise eine Unglückssträhne. („Ein Unglück kommt selten allein.“)
Wie dem auch sei, finanziell, privat und teils auch beruflich weist der Februar 2015 für mich ziemlich deutlich gehäuft negative Ereignisse auf und – vielleicht nach dem Vorbild des fiktiven Spock – war es sicher das Beste, was man in so einem deutlich negativ geladenen, verlustreichen Ereignishorizont tun kann, möglichst emotionslos, kühl und logisch durch den Monsun zu schreiten und auf besseres Wetter zu hoffen.
Star-Trek-Fans nennen das „vulkanische Lebensphilosophie“, letztlich ist es aber wohl einfach angewandter Stoizismus.
Um zu Leonard Nimoy zurückzukehren, der am 27. Februar 2015 leider verstarb – er war ein leibhaftiger Mensch und kein Vulkanier, wahrscheinlich sogar mehr als andere ein Charakterdarsteller, was sich vor allem zeigt, wenn man vergleicht, wie er seine Paraderolle des „Spock“ im Vergleich zu späteren Vulkanierschauspielern ausfüllte. Fans unterscheiden auch sehr deutlich zwischen Spock und Vulkanier. Vulkanier sind etwas langweilig, Spock aber ist Kult und Nimoy war ein Idol. Es fällt einem Star-Trek-Fan schwer, in dieser Situation emotionslos zu bleiben, wo eine unsterblich geglaubte Ikone sich eben doch als menschlich-endlich erweist, hier wird einem wieder eine klammheimliche Ebenenübertragung von der Fiktion in die Wirklichkeit bewusst, weil man eben doch der Verführung erlag, den real existierenden Menschen Leonard Nimoy mit dem fiktiven, langlebigen Halbvulkanier Spock zu verwechseln, der die Star-Trek-Jahrhunderte fast alterslos überdauert und sogar wiedergeboren wird, der mehr ist als eine blasse Theaterrolle, wie es die nachfolgenden Vulkanierfiguren meist waren. Diese beschränkten sich tatsächlich oft auf die rein logische Schablone, während von Nimoy in einer der späteren Star-Trek-Next-Generation-Folgen der vielsagende Ausspruch stammt: „Logik ist nur der Anfang.“
Sein Tod kommt denkbar ungelegen. Der von Nimoy selbst geprägte „vulkanische Friedensgruß“, eine Ableitung aus dem jüdischen Priestersegen und der Kultspruch „Lebe lange und in Frieden!“ scheint heute nötiger als je, denn an Konflikten haben wir zwischenzeitlich wieder genauso viele wie in der Gründungszeit von Star-Trek, den 60ziger Jahren. Nur mangelt es ziemlich augenscheinlich an positiven Utopien, denn destruktive Helden- und Kriegsrhetorik hat in Politik wie Kultur Hochsaison. Umso trauriger ist gerade jetzt der Verlust einer weiteren Stimme, die dem Gegenmodell einer rational-zivilisatorischen Haltung angehörte. Nimoys letzte Worte könnte ich mir fast über die Haustür meißeln:
„Das Leben ist wie ein Garten. Perfekte Momente sind möglich, aber man kann sie nicht festhalten, außer in der Erinnerung.“ – Leonard Nimoy (1931-2015)
Momentan ist nicht nur mein Garten wüst und trostlos, in der Welt sieht es auch nicht viel besser aus, teils oft sogar noch brutal und kriegerisch, bleibt zu hoffen, dass irgendwann vielleicht doch wieder ein Frühling kommt mit besseren Momenten, nicht nur in meinem eigenen Leben, sondern auch für die Welt, die ein paar couragierte Zivilisten mehr brauchen könnte, statt immer weniger, und Charaktermenschen, die uns Frieden und Wohlstand wünschen, statt Tod und Krieg. In diesem Sinne: „Live long and prosper!“ / „Lebe lange und in Frieden!“