Die Besichtigung der legendären Marienburg in Malbork, Weltkulturerbe der Unesco, hatten wir absichtlich auf Dienstag, den 16. August 2016 verschoben, weil sie am Wochenende sicher überlaufen gewesen wäre und am Montag in Polen ja ein hoher Feiertag gewesen war – Mariä Himmelfahrt.
Der Dienstag startete freilich mit wenig erfreulichem Wetter, ein düsterer grauer Himmel ließ nichts Gutes erwarten, dafür war der Verkehr in der Danziger Innenstadt etwas weniger hektisch als sonst und wir kamen mit unserem Renault Clio zunächst relativ zügig voran. Diesmal ging die Fahrt nach Süden ins etwa 70 km entfernte Malbork. Wir befuhren teils die üblichen Straßen, allerdings wurde streckenweise am Straßenrand stark gebaut, nicht nur Häuser und Straßen, teilweise sah es auch nach Bohrungen aus.
Etwa eine halbe Stunde später passierten wir die Weichsel, danach geriet der Verkehr allerdings wegen der vielen Baustellen ins Stocken und schließlich mussten wir ganz auf eine andere Route ausweichen, weil die Straße wegen eines Unfalls gesperrt war. Dieser Umweg kostete uns Zeit und Nerven, und so kamen wir bei der Marienburg erst recht spät an und auch der düstergraue Himmel verhieß weiterhin nichts Gutes.
Da wir Hunger hatten, gingen wir, nachdem ein (kostenpflichtiger) Parkplatz gefunden war aber erst einmal etwas essen auf einem großen Hausbootrestaurant, das vor der Burg am Fluss Nogat vor Anker lag. So gestärkt überquerten wir dann die große hölzerne Landungsbrücke und betraten die Burg.
Burg ist im Falle der Marienburg aber jäh untertrieben, genau genommen ist es keine Burg, womöglich nicht mal mehr eine Festung, sondern eher eine riesige burgförmige Backsteinstadt. Wir brauchten eine ganze Weile, bis wir überhaupt den richtigen Eingang fanden und mussten dazu einmal um den zwanzig Hektar großen Baukomplex herumlaufen.
Leichte Panik ergriff uns, als wir in der Eingangshalle lasen, dass Führungen zwischen zweieinhalb und fünf Stunden dauerten und deshalb baten wir an der Kasse um die kürzest mögliche Führung. Die Kassierin schien das sehr zu belustigen und die schickte uns zur Station mit den mobilen GPS-Funkgeräten, grinste, wir könnten diese benutzen und seien dann frei darin, so lange zu bleiben, wie wir wollten. Nur um 19 Uhr sei Schluss. (Wie immer übernahm meine Freundin die Kommunikation, da ich mit dem Polnischen gar nicht zurecht kam und ihr Englisch bedeutend besser war als das meinige. Was auf Dauer dazu führte, dass ich auf der Reise immer stummer wurde.)
Wir nahmen also unsere auf Deutsch eingestellten Funkgeräte und schritten zu dem angegeben Startpunkt der Führung beim Plateau vor der Burg. Da begrüßte uns in den Kopfhörern auf einmal eine unsichtbare Stimme, die sich als „Jakob“ vorstellte und für die nächsten drei Stunden nicht mehr von uns wich, außer, wenn wir eine der vielen kleinen Unterausstellungen besuchten, dann wechselte die Stimme zu aktuelleren Einspielungen.
„Jakob“ lotste uns so durch die ganze riesige Burg und wusste wirklich zu fast jedem Stein etwas zu erzählen, von denen es auf der riesigen Marienburg eine Menge gab. Er schilderte uns die mannigfaltigen Taten und Untaten der einstigen Burgherren vom Deutschen Orden. Anfangs ließen wir ihn ausreden und hörten brav auf ihn, später gingen wir zunehmend einfach dorthin, wohin wir wollten und stellten überrascht fest, dass „Jakob“ dann seinen Text einfach entsprechend abbrach und anpasste.
Allein für die äußeren Burganlagen brauchten wir so über eine Stunde, und hätten wir noch wirklich alle Teilausstellungen besucht, sicher noch länger. Schließlich wechselten wir aber in die Kernburg und folgten dort brav den Anweisungen unseres unsichtbaren Begleiters, der uns zielsicher mal hierhin, mal dorthin lotste, uns anwies, wo wir stehen bleiben sollten, aber auch, wo wir bitte auf keinen Fall stehen bleiben sollten, und irgendwie klappte es so, die ganzen vielen Besucher auf der Burg ohne längere Wartezeiten durch die Sehenswürdigkeiten zu lotsen – alle Achtung vor der Leistung derer, die dieses System programmiert hatten.
Wir waren schließlich ziemlich fertig, als wir mit der Kernburg fertig waren, besuchten dann noch eine recht sehenswerte Sonderausstellung zu Bernstein und abschließend wurden noch einige Souvenirs gekauft, darunter auch handgefertigte polnische Bonbons für meine Anverwandten und diverse Zwergfeen.
Als wir die Burganlage verließen, war das Wetter inzwischen wieder richtig sommerlich geworden, sodass wir zusammen feierlich Lody aßen, das in Polen sehr beliebte Softeis und uns dann in Richtung des modernen Malbork aufmachten, wo mein persönliches Navigationssystem eine Poststelle ausgemacht hatte. Diese fanden wir nach längerem Suchen und konnten so endlich die vielen Postkarten frankieren und abschicken, die wir zwischenzeitlich verfasst hatten.
Den Rückweg zum Auto nutzten wir dazu, die Marienburg nochmals im Sonnenuntergang abzulichten, bevor wir dann gemeinsam zurück nach Danzig aufbrachen. Die Rückfahrt bot straßentechnisch mal wieder alles auf, was Polen zu bieten hat, insbesondere auch eine kilometerlang GEPFLASTERTE Landstraße, was den Clio und uns nochmals richtig wachrüttelte.
Als wir dann abends in Danzig ankamen, endete unsere letzte Erkundung in Ostpolen. Morgen würden wir das geliebte Danzig verlassen und nach Stettin aufbrechen, wo wir zwischenzeitlich recht günstig ein Appartment ergattert hatten.