Das Goldene Zeitalter der Phoenix (1992-1998)

Als der Vogel flügge wurde - Geschichte der Phoenix, Teil 2

In den goldenen 1990ern hatte die Schülerzeitung Phoenix traumhaft hohe Auflagen - die dennoch schnell nahezu ausverkauft waren (Foto: Martin Dühning)
In den goldenen 1990ern hatte die Schülerzeitung Phoenix traumhaft hohe Auflagen - die dennoch schnell nahezu ausverkauft waren (Foto: Martin Dühning)

Wenn ihr die Möglichkeit hättet, mit einer Zeitmaschine zurück in die 80er Jahre am KGT zu fliegen, dann wärt ihr wohl ziemlich verwirrt.

Denn das Klettgau-Gymnasium sah noch bis in die 90er ganz anders aus als heute: Ein grauer, düsterer Kasten, der heute das gelbe Hauptgebäude ist, daneben ein flacher Fachwerkbau, der berüchtigte Vorgänger des jetzigen Pavillons. Dort, wo sich heute der E-Bau befindet, floss ein kleiner, kanalisierter Bach über eine weite Wiese, gesäumt von großen Pappeln, davor gab es einige Heckenrosensträucher und Bänklein zum Hinsetzen, die aber immer schon von Großen besetzt waren.

Blick auf das KGT-Hauptgebäude während des Abistreiches 1993 (Foto: Martin Dühning)
Blick auf das KGT-Hauptgebäude während des Abistreiches 1993 (Foto: Martin Dühning)
Containerlandschaften 1993 - während der alte, konterminierte Pavillon abgerissen und ersetzt wurde, fand der Unterricht in Klassenzimmercontainern statt (Foto: Martin Dühning)
Containerlandschaften 1993 – während der alte, konterminierte Pavillon abgerissen und ersetzt wurde, fand der Unterricht in Klassenzimmercontainern statt (Foto: Martin Dühning)

Zu dieser Zeit hatte das KGT nur fast die Hälfte der späteren Einwohnerschaft des neuen Jahrtausends, etwa 700 Schüler. Kurz: Ihr würdet es wahrscheinlich nicht wiedererkennen. Das KGT, so wie ihr es heute kennt, mit neuem Pavillon und E-Bau und den vielen, vielen Schülern, entstand eigentlich erst im Laufe der 90er-Jahre. Auch die Phoenix, wie sie die meisten von euch kennen, wurde in den 90er Jahren geschaffen, neu erschaffen. Die alten Redakteure der 80er Jahre und die Leser der alten Ausgaben machten irgendwann Abitur, es kamen neue Schülergenerationen und neue Redakteure mit neuen Ideen. Weil sich am KGT in den 90er Jahren viel wandelte, sich auch einige Skandale ereigneten, gab es für die Phoenix-Teams dieser Zeit viel zu berichten und das taten sie dann auch.

Leben in Containern

Eine für Schüler wie Lehrer besonders interessante Phase der 90er war, als der alte Pavillon 1993 abgerissen wurde und unzählige Klassen in Container umziehen mussten. Gegen die dort herrschenden Temperaturverhältnisse ist selbst der E-Bau eine Wohltat. Vor allem den jüngeren Schülern machte das Leben in den Containern allerdings Spaß, den älteren nicht immer. Aus der damals zeitweilig frappierenden Platznot ergaben sich auch Reibereien, besonders zwischen Großen und Kleinen, die sich dann auch in den Phoenix-Heften niederschlugen.

Das Cover der Phoenix Nr. 20, im Original auf knallrotes Papier gedruckt, nimmt die damaligen Zustände am KGT aufs Korn: Leben in Containern (Covergrafik: Manfred Renner)
Das Cover der Phoenix Nr. 20, im Original auf knallrotes Papier gedruckt, nimmt die damaligen Zustände am KGT aufs Korn: Leben in Containern (Covergrafik: Manfred Renner)

Die Phoenix blieb dabei aber neutral und bot beiden Seiten die Chance, zu Wort zu kommen. Lange vor dem alten KGT-Webforum und heutigen „Sozialen Netzwerken“ war die Phoenix so eine Plattform, wo Schüler miteinander offen diskutieren konnten – unter der verantwortlichen Aufsicht der Phoenix-Redakteure, versteht sich.

Die Zeit der hohen Auflagen

Seitenzahlen und Auflagenhöhe der Phoenixdruckausgaben bis zur Nr. 25 (1994)
Seitenzahlen und Auflagenhöhe der Phoenixdruckausgaben bis zur Nr. 25 (1994):

Ohne Konkurrenz von Internet oder Jahrbuch und durch die rasante Entwicklung der Drucktechnik taten sich ungeahnte Möglichkeiten auf. Alles wurde immer besser. Mit den Schülerzahlen stiegen auch die Auflagen, ja es gab sogar einen richtigen Phoenix-Fankreis. Gleichzeitig mit der Phoenix, oder der „Presse AG“, wie sie sich später nannte, ging es auch dem Klettgau-Gymnasium immer besser, nachdem Anfang der 90er für alle am KGT erst mal eine harte Zeit angebrochen war, in der viel diskutiert und gestritten wurde.

Und so begann das, was heute noch viele als „das goldene Zeitalter am KGT“ bezeichnen, zumindest für die Phoenix war es das auch. Alle Phoenixgenerationen nach dieser Zeit versuchten sich seither daran zu messen, teilweise taten sie das mit Erfolg, teilweise aber auch nicht.

Bilaterale Gespräche

In einer Zeit knapper Mittel, in der ein rauher Wind zwischen den beiden Waldshuter Gymnasien wehte, wagte es die Phoenix, trotz gegenseitiger Vorurteile mit den Kollegen aus Waldshut auf Tuchfühlung zu gehen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung – und die Phoenix bewies einmal mehr, dass sie sich nicht darauf beschränkte, Vorurteile von Lehrern oder Schulleitungen wiederzukauen, sondern einen Blick über den Zaun zu werfen und den Dingen auf den Grund zu gehen.

In den 90er Jahren traf sich die Phoenix-Redaktion auch mit ihren Schülerzeitungskollegen vom Hochrhein-Gymnasium, wie ein damaliger Artikel belegt.
In den 90er Jahren traf sich die Phoenix-Redaktion auch mit ihren Schülerzeitungskollegen vom Hochrhein-Gymnasium, wie ein damaliger Artikel belegt.

Am Beispiel des Hochrhein-Gymnasiums sieht man übrigens auch gut, dass eine Schülerzeitungstradition wie am KGT keineswegs selbstverständlich ist – keine der vielen Schülerzeitungen, die am Hochrhein-Gymnasium im Laufe der Jahre zustande kamen, schaffte mehr als 10 Ausgaben. Die jüngste Nachfolgezeitung war die „Memphis“, die es bis 2005 immerhin
noch auf 5 Ausgaben brachte. Mit dem Erscheinen des ersten HG-Jahrbuches wurde es am HG dann still um die Schülerzeitung.

Das Schreckgespenst, Artikel „herauspressen“ zu müssen, war den Phoenixern der 90er Jahre fremd – sie hatten eher damit zu kämpfen, dass bei 156 Seiten und Minischrift immer noch nicht alle Texte reinpassten. Doch 8 Jahre später sah es dann auch für die Phoenix nicht mehr ganz so rosig aus, zumindest eine Zeit lang. Übrigens: Schulübergreifende Gespräche wie hier in der Phoenix 26 waren kein Einzelfall – die Phoenix-Vorgängerin SZ und auch noch die ersten Phoenixe der 80er-Jahre waren schulübergreifend konzipiert – für KGTler und die benachbarten Realschüler.

Grafik, Grafik, Grafik…

"M-Maybe Günthy became ill und couldn't leave the KGT" - eine von vielen witzigen Phoenix-Grafiken der 1990er Jahre
„M-Maybe Günthy became ill und couldn’t leave the KGT“ – eine von vielen witzigen Phoenix-Grafiken der 1990er Jahre

Zeichnungen und Grafiken, oft in Seitengröße oder sogar doppelseitig wie das Bild links waren typisch für die Phoenix der 90er. Einer der bekanntesten Phoenix-Grafiker der 1990er war Manfred
Renner, dessen Stil noch Jahrzehnte nachwirkte. Er hat sein Talent inzwischen zum Beruf gemacht, wie manch andere ehemalige Schülerredakteure am KGT auch.

Zuerst veröffentlicht in Schülerzeitung Phoenix Nr. 50 (2008), S. 32-40 (in Auszügen, überarbeitet)

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.