Die Phoenix am KGT – 2003

Ein Lehrerkommentar zur Schülerzeitungsarbeit

Die Phoenix und das KGT im Schuljahr 2003/2004 (Grafik: Martin Dühning)
Die Phoenix und das KGT im Schuljahr 2003/2004 (Grafik: Martin Dühning)

Das Schuljahr 2003/2004 markierte für die Schülerzeitung Phoenix einen weiteren Wendepunkt – nach einem Jahr „undercover“ stieß ich als neuer Betreuer zur Redaktion um Tina Schmid und Robin Laier. Was ich mit der Phoenix vorhatte, beschrieb ich damals – also 2003 – in einem Lehrerkommentar in der Phoenix Nr. 45.

Presse AG?

Wer ist eigentlich die Presse-AG? – Vor zehn Jahren war diese Frage noch recht einfach zu beantworten: Die Presse-AG („Yellow-Press“), das war eine recht genau definierbare, teilweise (kreativ-)chaotische Truppe, die sich mal mehr und oft weniger im Sinne der Schulleitung pressemäßig am KGT betätigte. Heute, zehn Jahre später, sieht es anders aus. Pressetätigkeiten am Rande der institutionellen Legalität gibt es nicht mehr, oder besser gesagt: „Regimekritiker“ unter den Schülern sind wie vielerorts ins Cyberspace ausgewandert und toben sich dort, außerhalb der Schulgemeinschaft, ungestört aus. Innerhalb und für die Schulgemeinschaft gibt es am KGT inzwischen gleich drei reguläre Arbeitsgemeinschaften, welche sich pressemäßig betätigen. Die produktivste davon ist sicher das Webteam, dessen Arbeit unsere Schule weltweit per Internet repräsentiert. Die jüngste AG ist allerdings nicht das Webteam, sondern die Jahrbuch AG, die es in dieser Form eigentlich erst seit diesem Schuljahr gibt. Und nicht zuletzt wäre da noch die älteste von allen, die Schülerzeitung Phoenix.

Schülerzeitungen im 21. Jahrhundert?

Die Phoenix ist die älteste AG, was aber nicht automatisch bedeutet, dass sie veraltet ist. Gleichwohl haben sich die Aufgaben der Schülerzeitung in den letzten zehn Jahren deutlich gewandelt. Die Phoenix hat nicht mehr das Informationsmonopol, denn schneller und billiger geht es heute über das Internet. Nichts ist heute leichter, als eine eigene Webseite aufzumachen. Dagegen ist es schon schwieriger, auch Besucher darauf zu locken. Qualität aber ist aufwendig – nicht umsonst haben wir ein ganzes Webteam. Dennoch ist Internetpublishing verhältnismäßig schnell, preiswert und sehr effektvoll.

Systembedingt leidet das Internet allerdings an Gedächtnisschwäche: Internetdokumente sind jederzeit veränderlich, daher immer vorläufig und vergänglich. Das Internet hat Alzheimer: Tagtäglich verschwinden Seiten, bisweilen sogar ganze Domains spurlos. Papier dagegen ist geduldig. Man kann es auch Jahrzehnte später noch lesen, selbst bei Stromausfall. Nicht nur deshalb hat das Internet Bücher nicht verdrängen können und kann auch Schulzeitungen nicht ersetzen. Jede Schulgemeinschaft ist nämlich daran interessiert, zu erhalten, was sie geleistet hat. Das ist eine Aufgabe von Schulzeitungen. Erfolgreiche Schulen, an denen viel geleistet wird, gönnen sich sogar ganz besonders prächtige Exemplare, die Jahrbücher. Auch wir haben eines. Während die Schulwebseite die Schulgemeinschaft aktuell weltweit präsentiert, fangen Jahrbücher besondere Auszüge des Schullebens ein und konservieren sie in Prachtausführung für die Zukunft. Wozu brauchen wir dann aber noch eine Schülerzeitung?

Auch Schülerzeitungen wollen aktuell sein und können als Archiv dienen. Aber sie sind – anders als Schulwebseite oder Jahrbuch – nicht im gleichen Maße Prestigeträger der Institution. Sie haben in erster Linie die Schülerschaft im Blick. Sie unterliegen daher auch nicht der Prestige-Zensur, werden allerdings auch nicht subventioniert. Wer wissen will, was mit Lehrerhilfe an einer Schule für die Öffentlichkeit produziert wird, der schaue sich die Webseite oder das Jahrbuch einer Schule an. Wer wissen will, wie selbstständig, mündig oder glücklich die Schüler in einer Schule leben, der lese deren Schülerzeitung. (Auch Funkstille kann da sehr vielsagend sein!)

Phoenix im Wandel

Schülergemeinschaft braucht Austausch und mündige KGT-Schüler brauchen dafür eigene Foren, sollen sie sich ernst genommen und aufgehoben fühlen. Das wird sogar noch wichtiger, da sich mit der Bildungsreform auch das KGT in Richtung Ganztagesschule wandeln wird. Ein solches Forum kann und will die Phoenix sein, allerdings bedeutet das auch, dass sich die Phoenix vorrangig immer wieder neu an der aktuellen Schülerschaft orientieren muss. Das Betrifft Redaktion wie Leserschaft. Ein erster Schritt in diese Richtung war die Trennung von Jahrbuch und Schülerzeitung. Das war schmerzlich für beide Teil-AGs, aber sinnvoll. Die Phoenix-Redaktion hat mit Herrn Behnke einen erstklassigen Experten und Betreuer verloren, mit ihm gingen auch viele Spezialisten. Gewonnen hat sie dadurch die Freiheit, sich jetzt wieder ganz neu der Schülerzeitung widmen zu können, ohne in einen inneren Interessenkonflikt („Jahrbuch oder Phoenix?“) zu treten.

Auch die „Technik“ des Zeitungsmachens wandelt sich. Die Phoenix-Ausgaben der frühen 90er-Jahre wurden von Spezialisten mit CorelDraw, einem Zeichenprogramm, geschaffen, Mitte der 90er stieg man auf professionelle Layoutsoftware von Adobe um. Wiederum war die eigentliche Produktion Expertensache.

Seite 1 der Phoenix Nr. 45 im neuen OpenOffice-Layout mit dem Editorial von Chefredakteur Robin (Foto: Martin Dühning)
Seite 1 der Phoenix Nr. 45 im neuen OpenOffice-Layout mit dem Editorial von Chefredakteur Robin (Foto: Martin Dühning)

Von einem wirklich gemeinschaftlichen Redaktionsprozess war auch die Nr. 45 immer noch weit entfernt, sie entstand wie schon in den Jahren davor in Heimarbeit weniger. Redaktionsarbeit muss aber im Team und in der Schule selbst möglich sein, sonst entsteht zuviel Lehrlauf. Da es unbezahlbar ist, kommerzielle Layoutsoftware im Klassensatz zu erwerben, steigen wir nun auf kostenlose Opensource-Software um. (Drückt uns die Daumen, dass es funktioniert!).

Geklappt hat schon die Erneuerung der Phoenix-Webpräsens, erstmals hat die Phoenix sogar eine eigene Domain (www.kgt-schuelerzeitung.de). Neben Artikeln, die nicht mehr in die Phoenixausgaben gepasst haben könnt ihr dort alte Phoenixausgaben nachbestellen sowie Leserbriefe und Kommentare abgeben. Geplant sind noch einige andere Goodies, aber das wird hier noch nicht verraten. Hauptsache wird jedoch die gedruckte Ausgabe bleiben.

Für aktuelle Mitteilungen haben wir daneben auch wieder ein Schwarzes Brett eingerichtet, es findet sich gegenüber Raum 205 im Hauptgebäude. Der Schülerzeitung werden immer wieder kurzfristig interessante Aktionsinfos zugespielt, es lohnt sich also durchaus, dort mal vorbeizuschauen. Immer noch gibt es den schönen bunten Phoenix-Briefkasten neben dem Sekretariat, der schon seit Monaten Hunger leiden muss, weil er kein Lesefutter mehr bekommt…

Ideen sind gefragt!

Damit eine Schülerzeitung wie die Phoenix Früchte trägt, müssen auch ihre Leser mitwirken – ja auch DU! Schreib doch mal wieder! Schon deshalb, weil in der Phoenix nur dann stehen kann, was DICH interessiert, was DU lesen willst, wenn du deine Wünsche auch mitteilst. DEINE Anregungen und Ideen sind gefragt! Nutze deine Chance!

Martin Dühning

Zuerst veröffentlicht in der Schülerzeitung Phoenix Nr. 45 (2004), S. 50-53.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.