Moderne Medien versuchen den Menschen zu helfen. Jedenfalls haben ihre Programmierer dies in ihnen so veranlagt. Wie es aber so mit guten Wünschen nun mal ist, hat das unbeabsichtigte Folgen.
Letztlich leben wir ja derzeit in einer Welt, in der Wünsche wahr werden. Selten waren wir so wenig von der guten Wünschefee entfernt wie heute – und letztlich waren es die Träume vom zauberhaften Elektronikwunderland, die uns dahin gebracht haben.
Nun ist es allerdings so eine Sache mit dem Wünschewünschen. Nicht alle unsere Wünsche sind reinherzig, oft sind sie auch egoistisch – und so neigen Wunscherfüllungsautomaten dazu, auch jene Herzenswünsche zu erfüllen, die vielleicht, bei verständiger Betrachtung, besser unerfüllt geblieben wären.
Da ist zum Beispiel der Wunsch nach Selbstbestätigung, ein in individualistischer Zeit sehr nachvollziehbarer und auch absehbarer Wunsch. Darum sind viele digitale Medien daraufhin konzipiert, uns in vorauseilendem Gehorsam genau das zu präsentieren, was wir, oft unbewusst, gerne lesen wollen, unabhängig davon, ob es wahr ist, oder irreal. Suchmaschinen bringen uns zwischenzeitlich nicht mehr nur „Zufallstreffer“, wenn wir etwas eintippen, sondern auf Basis clandestinen Profilings auch solche Dinge, die mit unseren früheren Suchen zusammenhängen oder die Ergebnisse und Querverweise folgen auf Basis des Clickverhaltens einem Wahrscheinlichkeitslogarithmus. Als Nebeneffekt entstehen dann aber Filterblasen, die vielleicht nicht ganz so extrem ausfallen wie bei manch sozialem Netzwerk – letztlich sind die Suchergebnisse dadurch aber nicht mehr repräsentativ. Das Internet zeigt uns längst nicht mehr die Wahrheit, es bestätigt uns in unseren Vorannahmen.
Auch Anastratin.de weist aus Benutzerfreundlichkeit eine solche, gut gemeinte Funktion auf, die „ähnlichen Beiträge“ – auch hier unten bei diesem Artikel: Anhand der im jeweiligen Artikel verwendeten Schlüsselwörter und seiner Kategorie zeigt diese Seite dem Besucher andere Beiträge an, die diesem hier ähneln. Das ist durchaus vorteilhaft, bildet aber auch eine kleine Filterblase. Wer hier einen religiösen Essay liest, wird auf andere religiöse Artikel hingewiesen, behandelt der gelesene Artikel Medienkritik, wird er Medienrezensionen oder Kommentare zu Computer und Technik angezeigt bekommen. Und wer hier über die Fantasiewelt Neu-Nitramien einsteigt, wandert von einem Fantasy-Artikel zum anderen – der Blog wird so zum Phantasma. Folglich wird sich bei jedem Leser je nach seinem Leseverhalten ein anderer Eindruck erhärten.
Hilft das dem Leser? Wahrscheinlich nicht, wenn er sich einen objektiven Eindruck über diesen Blog verschaffen will. Wenn er aber nur herumschmökert, wird sich hier in seinen Eindrücken selbst bestätigt finden. Seine Vorlieben und Vorurteile werden verstärkt. Und das trifft auch auf sehr viele andere Webseiten zu, wo der Matthäus-Effekt in Abwandlung gilt:
Was man hat, wird einem noch dazu gegeben. Was man aber nicht hat, wird man auch gar nicht erst finden!