Vom Glück im Leben

Die Ros' ist ohn warumb, sie blühet, weil sie blühet... (Foto: Martin Dühning)
Die Ros' ist ohn warumb, sie blühet, weil sie blühet... (Foto: Martin Dühning)

Mit dem Glück im Leben ist es vielleicht wie mit echten spirituellen Erfahrungen und letztlich jeder authentischen Gefühlsregung: Man kann fördernde Voraussetzungen schaffen, aber man kann es nicht mechanisch herbeizwingen.

Mit dem Glück ist es ja so eine Sache, vielleicht ist es einer der größten Irrtümer unserer Zeit, zu glauben, das wichtigste im Leben sei das Glück. Wäre das so, dann müsste man vieler Menschen Leben als gescheitert ansehen, insbesondere die Leben der größten Charaktere unserer Geschichte. Glücklichsein schafft genausowenig Kultur wie körperliche Perfektion. Es sind die Unglücklichen und Imperfektionisten, denen wir die großen sozialen und kulturellen Errungenschaften der Menschheitsgeschichte verdanken. So wie die Optik zunächst Sehfehler ausglich, bevor man damit den Weltraum zu erkunden begann, so verdanken sich Sozialsysteme und Menschenrechte dem Ungenügen am Unglück.

Meiner Ansicht nach ist es nicht das Glück, das den Wert eines Lebens ausmacht, sondern der Sinn, der sich aus dem Leben ergibt. Das Gutsein der Schöpfung erfordert daher nicht Glück, sondern Seeligkeit, was gerne verwechselt wird. Wenn überhaupt, siehe oben, ist es am ehesten das Streben nach Glück, was den Menschen veredelt, nicht das Erreichen von möglichst vielen Glücksmomenten. Letzteres ist eher eine Quelle von Neid und Unfrieden. Denn es ist kein Glück in meinem Leben, wenn ich auf das Glück der anderen schiele.

Tatsächlich ist es sehr viel einfacher, Glück zu verhindern, als es zu schaffen. Glück ist etwas, das einem zufällt, aber nur dann auch real wird, wenn ich es ergreife. Zufälle kann man schwer herbeiführen, aber es ist ganz einfach, sie unerlebbar zu machen, indem ich die Möglichkeiten verhindere – das ist ja auch mit Glauben so. Wenn ich mir den Terminkalender nur schön anfülle, mich ständig mit gierigen und unzufriedenen Leuten umgebe und mir selbst das kreative Moment abgrabe, dann wird selbst ein Lottogewinn im Frust versanden. Freilich, es kann der Beste nicht in Frieden Leben, wenn es den bösen Nachbarn nicht gefällt, und ich weiß ein Lied davon zu singen, aber wenigstens Zeiträume lassen sich doch schaffen, in denen das Glück wirken kann, und wenn es nur nachts im Traum ist.

Und vielleicht ist das Glück der Träume überhaupt das Beste, weil es den drögen Alltag ausblendet und die Möglichkeiten aufzeigt, die wären, wenn ein besserer Geist diese Welt lenken würde, als der, der es gerade tut.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.