The Orville – liebevolle Pastiche im Weltraum

Für eingeschworene StarTrek-Optimisten waren die vergangenen zwanzig Jahre eine Durststrecke. Verdunkelte sich doch das Universum zunehmend und die einst vielbeschworene Zuversicht eines Gene Roddenberry verschwand in Starwars-typischen Heldendystopien.

The Orville ist ein eigentümlich leuchtender Stern in der Welt des dystopisch verdunkelten SciFi-Universums, seit der StarTrek-Himmel sich zunehmend verdüsterte. Damit möchte ich den Wert von Serien wie StarTrek Deep Space Nine nicht schmälern, die meines Erachtens zu den besten Sequels im Star Trek Franchise zählt. Dennoch – an eine mutmachende Zukunftshoffnung, wie sie die klassische Serie, ihre meist unterschätzte Animationsfortsetzung und besonders Star Trek – The Next Generation ausstrahlten, kommt keine der späteren Fortsetzungen heran. Und ich muss mich hier ganz offen als jemand outen, der mit dem Abrams-Universum wirklich nichts anfangen kann. Das mag schöne und qualitative SciFi-Action sein – aber vom alten Flair und vom Neohumanismus eines Captain Picard ist hier wirklich nichts mehr übrig geblieben. Es ist mehr „Krieg der Sterne“ als Roddenberry. Was für mich den eigentlichen Wert von Star Trek ausmachte, Humanismus und augenzwinkernde Zwischenmenschlichkeit, – sie mögen zwar auch seit J. J. Abrams noch in Resten übrig sein, aber jenseits der Dystopien, Explosionen und Kriegsszenarien degenerierte die ursprüngliche thematische Mitte zum Randphänomen.

Umso mehr leuchtet auf, was Seth MacFarlane mit The Orville anderorts aus der Taufe hob, und was – wir können uns glücklich schätzen – nun über Amazon Prime oder Pro Sieben auch in Deutschland betrachtbar ist: The Orville.

Zugegeben, bislang war ich nicht unbedingt ein Fan von MacFarlanes oft recht derben Kreationen. Filmkritiker zerreißen die Serie anderorts ob ihrer unzeitgemäßen Optik und ihrem derb-naiven Duktus. Doch was MacFarlane mit The Orville geschaffen hat, verdient Respekt – denn diese SciFi-Serie im Stile von The Next Generation ist nicht bloß eine weitere platte Parodie – nein, es ist eine liebevoll bis ins Detail durchdachte Pastiche, – The Orville baut ein komplettes kleines Serienuniversum auf, das sowohl von seiner optischen Anmutung, als auch von seinen Stories den Geist der guten alten Roddenberry-Zeit atmet – und in vielen Bereichen sogar weiterführt.

Sicher, MacFarlanes Humor ist auch in The Orville oft pubertär, auch mögen diverse intertextuelle Anspielungen völlig übersehen werden, wenn man das Star Trek der 80iger nicht kennt – aber nicht nur für eingeschworene Fans ist The Orville sehenswert, die Serie setzt auch einen erstaunlich positiven Akzent im sonst von Kriegsspektakeln und Zombieapokalypsen zuplakatierten Filmszenario der Gegenwart. Ich finde es schön, dass sich hier mal wieder jemand zu einer SciFi-Serie traut, in der Blut und Morde nicht an erster Stelle stehen.

MacFarlane, das merkt man fast in jeder Filmminute, kennt das alte Star Trek nahezu auswendig. Er ist durch und durch Fan, dabei aber mehr als ein Nerd. Dazu gibt es viel zu viele serienübergreifende Bezugnahmen, augenzwinkernd zitiert er auch aus anderen Filmuniversen. Wissend, dass der für uns heute oft naive Optimismus der Yuppie-Zeit nicht mehr ertragbar ist, nimmt sich The Orville in ihrem Scifi-Humanismus oft selbst aufs Korn, wenn beispielsweise Kermit, der Frosch oder Rudolph mit der Roten Nase zu großen Vorbildern erhoben werden. Viel in The Orville ist Medienparodie des kompletten späten zwanzigsten Jahrhunderts.

Und doch ist das Gesamtkonzept mehr als die Summe altbekannter Teile: Es wird zwar viel zitiert – nichtsdestotrotz schaffen es MacFarlane und seine Scriptautoren, jenseits aller Imitation die einzelnen Charaktere als sympathische Alltagsindividuen zu zeichnen, die trotz aller ihrer Macken und moralischen Diversitäten miteinander menschlich akzeptabel umgehen, wie seinerzeit die Crew eines Captain Picard – und das ist so erfrischend anders als die Heroen und Superhelden eines J. J. Abrams. Zugleich wagt die Serie, wie erst das späte The Next Generation in seinen letzten Staffeln, eine Charakterfortentwicklung. Nicht immer setzt sich der von den Charakteren vertretene Humanismus durch – trotzdem wirft man ihn deswegen nicht wie anderorts über Bord und ergötzt sich in heroischem Heldenkämpfertum.

The Orville wird der Vision eines Gene Roddenberry meiner Ansicht damit mehr gerecht als alle kanonischen Fortsetzungen des Originals, wo man sich, warum auch immer, irgendwann nicht mehr getraute, die hehre Vision einer besseren Zukunft wirklich weiterzuerzählen, sondern sich stattdessen in Prequels und Paralleluniversen verhedderte. Ich bewundere, wie MacFarlane hier die Fackel weiterführt, wo sie andere verlöschen ließen.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.