Ende 2018 zeichnet sich ein Wandel der Softwarekulturen ab. Obwohl der Stern von Microsoft gerade mächtig sinkt, bewegt sich das Pendel wieder Richtung proprietärer und vor allem von Mietsoftware.
2018 war augenscheinlich kein gutes Jahr für Microsoft und seine Anwendungsjünger. Auf dem Smartphone-Markt konnte man sich (trotz guter Ansätze) nicht durchsetzen, der Windows Store erfreut sich allgemeiner Unbeliebtheit, bei Windows 10 wurde so manches Update defekt ausgeliefert und schädigte den Ruf und die eigens neu entwickelte Browserengine „Edge“ ist wohl auch bald Geschichte. Der große Gewinner heißt fast überall Google, an dessen oft für Anwender kostenlosen Lösungen ohnehin kein Weg mehr vorbei führt. Lediglich bei Behörden und Kleinanwendern hält sich Microsoft Office noch im Kurs und Microsoft erwägt nun, dessen Unternehmensabomodell auch auf Privatanwender auszudehnen.
Vielleicht sind Softwareabos die letzte Chance für Unternehmen, die anders gegen die starke kostenlose Konkurrenz keine Chance mehr hätten. Auch E-on Software, die sich augenscheinlich noch nicht vom Verlust ihrer 3D-Webseite erholt haben, hat ihre einst vielgepriesene 3D-Software Vue nun auf ein ABO-Modell umgestellt, sehr zu meinem Ärger. Was bei großen Unternehmen aber gut funktioniert, das überzeugt nicht unbedingt auf dem Heimanwendermarkt. Denn wenn man Hobbygrafiker ist, der nur alle halbe Jahre mal Zeit für renderintensive Sessions hat, sind monatliche Gebühren und die Softwareabschaltung, die droht, wenn man das ABO kündigt, ein absolutes Unding. Einem großen Marktführer wie Adobe mag das zwar egal sein, doch selbst dort wanderten schon viele Kleinanwender zu alternativer Software ab wie beispielsweise Affinity, deren Programme inzwischen nicht nur unter MacOS-Jüngern vielgepriesen sind. Wenn demnächst mit dem Affinity Publisher auch eine würdige Alternative zu InDesign auf den Markt kommt, gibt es ernsthafte kommerzielle Alternativen zu Adobe & Cos Mietmodell – sofern man sie nicht wieder durch eigene ABO-Modelle vertut.
Bei Eon Softwares Vue ist es mit Alternativen (noch) schwieriger, denn auf dem Markt der 3D-Landschaftsrenderer herrscht derzeit nicht soviel an Auswahl. Der einstige Platzhirsch Bryce ist zwar immer noch – und zum Spottpreis – erhältlich, aber ähnlich wie Carrara 3D hat sich dort unter der Ägide von DAZ3D schon länger nichts mehr groß getan.
Vielleicht tut sich aber etwas in der Gemeinschaft der Blender-Entwickler, deren Opensource am ehesten das Potential hat, eine moderne Alternative zu bieten; vorausgesetzt, jemand entwickelt ein paar passende und handliche Funktionen zum Landschaftsrendering. Und, nun gut, dann gibt es da natürlich immer noch Terragen, das, unter kundiger Hand wohlgemerkt, inzwischen ebenfalls sensationelle Ergebnisse liefert, allerdings in ähnlichen Preisklassen wie seinerzeit Vue und man kann sich auch nicht sicher sein, dass sie nicht auch irgendwann zu reiner Subskription wechseln.
Beschaut man sich den Entwicklermarkt, sieht es weiland anders aus: Hier hat sich inzwischen fast überall herumgesprochen, dass man Kunden nur dann mit Abonnements binden kann, wenn der Mehrwert allzu offensichtlich ist, zu stark ist hier aber auch der Druck durch Opensource, die für viele Entwickler zwischenzeitlich Softwarestandard geworden ist. Deshalb leisten sich fast alle nahmhaften Compiler- und Bibliothekshersteller inzwischen Community-Ausgaben, sei es bei Visual Studio von Microsoft oder der Community Edition von Embarcadero Delphi.
Daneben gibt es natürlich auch noch das Multitalent Eclipse oder die Pascal-RAD-IDE Lazarus (demnächst in Version 2.0). Bei Compilern und Entwicklungsumgebungen gibt es inzwischen auch für Hobbyentwickler so unglaublich viele Möglichkeiten, dass die Qual eher in der Wahl besteht, als wie vor Jahren noch, in der Unerschwinglichkeit. Und 3D-Grafik-Entwickler finden mit Unity oder Amazons Lumberyard komplette 3D-Entwicklungsumgebungen, die teils auch Landschaftsgrafik ermöglichen, wenn man selbst kundige Hand anlegt.
Lediglich der Ottonormalverbraucher bei Anwendungssoftware schaut zunehmend böse in die ABO-Röhre, sofern er sich nicht in neue Software einarbeiten will und allzu alternative Opensource-Ansätze scheut. Bequemlichkeit hat dann eben seinen Preis, aber manchem ist der vielleicht auch wert.