Zur Geschichte des Theaters am KGT

Szene aus dem Klassentheater "Andorra" (Foto: Martin Dühning)
Szene aus dem Klassentheater "Andorra" (Foto: Martin Dühning)

Sollte jemand einmal daran gehen, ein Buch über das Klettgau-Gymnasium zu schreiben, muss er auf jeden Fall ein Kapitel, bessere mehrere, über die Geschichte des KGT-Theaters einplanen. Denn es gibt da viel zu erzählen.

Freilich ist vieles inzwischen an der Schule selbst vergessen, nicht so jedoch bei denen, die damals mitwirkten. Denn an einer Schulaufführung teilzunehmen ist eine sehr persönliche Erfahrung, die man nicht vergisst, vor allem für die (damals) jungen Akteure. Insofern ließe sich vermutlich noch mancher interviewfreudige Zeitzeuge finden. Eine weitere Fundgrube wären die städtischen Zeitungsarchive. Beschäftigt man sich mit dem Theaterschaffen am KGT, steht man außerdem vor der Frage, wo die Grenzen zu ziehen sind: Viele Inszenierungen überschritten die Fächergrenze hin zu Kunst, Musik, Englisch, Französisch, Spanisch, ja auch einige SMV-Projekte versuchten sich an Schauspielerei. Und würde man dann noch alle geplanten und nicht verwirklichten Projekte hinzunehmen, oder diverse Gastspiele, dann wäre die Reihe schier endlos. Denn am KGT war immer was los.

Insofern kann die folgende kursorische Auflistung nur Andeutungen geben, wo mehr zu finden wäre, für solche, die zu suchen bereit sind.

Theater in den ersten zwanzig Jahren: Roscher-Thomée und Steuber

Das Klettgau-Gymnasium wurde 1969, also vor bald 50 Jahren, eröffnet. Die ersten großen Theater-Erfolge, zumindest, soweit es mir bekannt ist, feierte Gabriele Roscher-Thomée in den 70er und 80er Jahren, bevor sie nach Freiburg wechselte. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass es auch davor schon Aufführungen gab. Aus dieser Zeit, noch vor meiner eigenen Geburt, existiert nicht mehr sonderlich viel am KGT. In meinem Privatarchiv haben immerhin zwei Broschüren aus den 80ern überlebt, die ich als junger Schüler bewunderte und daher aufgehoben habe.

Theaterplakat zu "Methusalem" (1986)
Theaterplakat zu „Methusalem“ (1986)

„Methusalem“ war der Titel eines surrealistischen Dramas von Ivan Goll, welches die Theater-AG am Klettgau-Gymnasium am 14. und 15. März 1986 unter Leitung von Gaby Roscher-Thomée inszenierte. Von diesem Theaterstück existiert noch ein risografiertes Theaterheft, dessen Frontseite hier abgebildet ist. Das Stück spielte mit einer Besetzung von 27 Schauspielern, ein besonderes Gestaltungsmittel spielte die Maske. Der Beschreibung nach dürfte die Inszenierung in einem ähnlichen Stil gehalten gewesen sein wie die meisten Stücke der späteren Markanten Theaterbühne von Frau Tscherning, 25 Jahre später.

Theaterplakat zu "Schlußpunkt" (1987)
Theaterplakat zu „Schlußpunkt“ (1987)

„Schlußpunkt“, ein Jugendtheaterstück der damaligen Literatur-AG und der Theater-AG, aufgeführt am 4., 5., 9. und 10. April 1987, ist eines von vielen zu Unrecht vergessenen Theaterstücken. Es wird weder in Jahrbüchern noch sonstwo mehr erwähnt, obwohl es eine fulminant große Besetzung mit 30 Rollen aufweisen kann, zusätzlich einen Chor und ein Tanzensemble. Auch mit professioneller Technik, Bühnenbild, Maske konnte es aufwarten. Schade, dass es keine Fotografien davon mehr gibt, was bei den vier Aufführungen, die es kannte, verwundert. Das abgebildete Plakat erstellte Dieter Weißenberger.

Nachdem Frau Roscher-Thomée das Klettgau-Gymnasium verlassen hatte, begann die Theater-Ära von Erika Steuber. Mir sind noch gut die hochwertigen Fotografien in Erinnerung, die Kunstlehrerin Emilie Conrads damals zu den Aufführungen anfertigte, beispielsweise zur legendären Inszenierung von Molière. Seine Charaktere prangten an der Galerie im Obergeschoss des Hauptgebäudes und beeindruckten mich als Unterstufler schwer. Es war eine edle, andere Welt, meine erste Begegnung mit hoher Literatur. Das Oberstufentheater von Frau Steuber erarbeitete sich aber auch sonst schnell einen außerordentlichen Ruf, die Theater-AG war eine wichtige Instanz der Schule.

Zu ihrer Zeit war Frau Steuber Inbegriff des Theaters am KGT. Ihr früher Tod am 22. August 1992 traf die Schulgemeinschaft schwer. Das von ihr verfasste großes Musical „Faust 92“ hatte sie nicht mehr mitansehen können. Für fast zwei Jahre gab es am Klettgau-Gymnasium keine Theater-AG, was in der Geschichte des KGT ungewöhnlich ist.

Die Theater-Ära Kremer (1994-1997)

Nach Erika Steuber begann am Klettgau-Gymnasium eine neue Schauspielzeit. Dirk Kremer formierte, ausgehend von seinen Deutschleistungskursen eine neue Theater-Gruppe, beginnend mit Max Frischs Stück „Biedermann und die Brandstifter“, das am 4. und 5. Juni 1994 am KGT aufgeführt wurde. Obwohl das Theater im Vergleich mit den beiden Vorgängerinnen Gaby Roscher-Thomée und Erika Steuber nun wieder konservativer und weniger experimentell wurde, erhielt es in der Presse die besten Kritiken. Es war eben Schultheater im besten Sinne.

Herr Spellig als Biedermann und Berthold Kübler als Brandstifter im gleichnamigen Stück "Biedermann und die Brandstifter" unter Regie von Dirk Kremer im Juni 1994 - hier bei der Generalprobe (Foto: Martin Dühning)
Herr Spellig als Biedermann und Berthold Kübler als Brandstifter im gleichnamigen Stück „Biedermann und die Brandstifter“ unter Regie von Dirk Kremer im Juni 1994 – hier bei der Generalprobe (Foto: Martin Dühning)

Dabei bestach die Aufführung, wie der Südkurier am 8. Juni 1994 schrieb, durch „eine ernsthafte Aufführung eines ernsten Themas“, eine „werktreue und bühnentechnisch in allen Bereichen einwandfreie Umsetzung“ und schließlich durch den „Mut, etwas anzupacken, was nicht so leichtflüssig und zeitgeistgerecht daherkommt.“ Das Stück und auch die sonstige Crew war besetzt mit auch heute noch am KGT bekannten Persönlichkeiten, deren künstlerische Fähigkeiten aber in Vergessenheit geraten sind. So brillierte in der Hauptrolle als Biedermann Herr Spellig. Für Plakate und Bühnenbilder war ich selbst zuständig – damals noch Schüler.

DEUTSCH-SCHWEIZER PROJEKT 1997: Die Theater-AG von Herrn Kremer war auch grenzübergreifend tätig und begründete so schon ein deutsch-schweizer Ur-Projekt in den 90zigern. (Aus: KGT-Jahrbuch 1996/97, S.27)
DEUTSCH-SCHWEIZER PROJEKT 1997: Die Theater-AG von Herrn Kremer war auch grenzübergreifend tätig und begründete so schon ein deutsch-schweizer Ur-Projekt in den 90zigern.
(Aus: KGT-Jahrbuch 1996/97, S.27)

Nach „Biedermann und die Brandstifter“ folgten unter Regie von Dirk Kremer noch „Die Physiker“ (1996) und „Glaube, Liebe, Hoffnung“ (1997), bis er 1997 vom energischen Neuzugang Michael Buchmüller verdrängt wurde, dessen Dramatik sich in größeren Dimensionen vollzog. Einige der Theater-Stücke wurden auch grenzübergreifend aufgeführt.

Es geht auch ohne Lehrer: Die „autonome“ Theater-AG 1997

Meist setzen Theater-AGs eine federführende, manchmal auch diktatorische Lehrkraft als Regisseur voraus, doch am Klettgau-Gymnasium gab es auch schülerzentrierte Theaterarbeit. Ein Beispiel, das es sogar mal ins offizielle Schuljahrbuch geschafft hat, ist die „autonome“ Theatergruppe, die am 27. Juli 1997 das durchaus anspruchsvolle Stück „Schafft den Narren fort“ von John Boynton Priestly auf die Bühne der KGT-Aula brachte. Der Südkurier lobte die Aufführung: „Die Theater-AG hat das Stück atmosphärisch sehr dicht, lebhaft und packend gespielt und mit viel Liebe zum Detail bearbeitet.“ – kann man von Schülern mehr erwarten?

Freilich, so ganz ohne Lehreraufsicht war das Stück ein Experiment, das auch hätte schief gehen können, es ist aber geglückt, und mit der Reportage von Uli Zimmermann im KGT-Jahrbuch 1996/1997, S. 38-39 können wir uns sogar die Erarbeitung wieder vergegenwärtigen.

Das große Theater der Ära Buchmüller-Arbeiter (1997-2004)

Kurz vor der Jahrtausendwende begann eine Theaterzeit, die später zur „goldenen Zeit“ am KGT verklärt wurde. Das hat sicher auch damit zu tun, dass nun erstmals nach längerer Zeit wieder viele junge Kollegen an die Schule kamen, unter anderen Michael Buchmüller, Carsten Arbeiter und der spätere Konrektor Jochen Stitz. Diese brachten in unterschiedlichen Konstellationen viele neue Projekte zustande, die einen neuen Standard setzten. Diese Phase ist, im Unterschied zu den früheren, auch wesentlich besser zu rekonstruieren, da es nun schon ein fest etabliertes Jahrbuch gab und als weitere Plattform die KGT-Webseite hinzukam, die damals fast alles mitprotokollierte, was sich am Klettgau-Gymnasium ereignete.

Zur großen Parzival-Aufführung 1999 gab es ein umfangreiches Programmheft, gestaltet von der Schülerzeitung Phoenix
Zur großen Parzival-Aufführung 1999 gab es ein umfangreiches Programmheft, gestaltet von der Schülerzeitung Phoenix

Die Aufführung von „Parzival“ am 21., 22. und 23. Juli 1999 war ein wahrer Meilenstein, der Maßstäbe setzte, die am Klettgau-Gymnasium bis heute nicht mehr erreicht wurden. Bei dieser Aufführung stimmte einfach alles: Der Inhalt nach der Vorlage von Tankret Dorst war auf die jugendliche Zuschauerschaft zugeschnitten und entsprechend umgeschrieben worden, ein theaterpädagogisches Konzept war vorhanden, mit Herrn Buchmüller, Frau Bauke, Herrn Stitz, Herrn Klomps und Herrn Behnke waren jeweils Profis ihres Faches am Werk. Parzival glänzte in Regie, Inszenierung, Technik, choreografischer Tanz, Musik und die Hauspresse war in einer Weise ins Projekt eingebunden, von der sich manch späterer Theaterleiter am KGT mal eine Scheibe hätte abschneiden sollen. Es gab sogar ein eigenes 30seitiges, von der Presse-AG professionell erstelltes Theaterheftchen in einer Auflage von 1000 Stück. Die hohe Auflage war auch nötig, den bei allen Aufführungen war die Aula voll bis zum letzten Platz. Das hatte auch seinen Grund: Es machte einfach Spaß, dort Zuschauer zu sein, viele kamen daher auch mehrmals.

Theaterplakat zu "Die Lust am Leben" (2000)
Theaterplakat zu „Die Lust am Leben“ von Jochen Schmidt (2000)

Vom 20. bis 22. Januar 2000 wurde am Klettgau-Gymnasium das Musical „Die Lust am Leben“ uraufgeführt. Musical-Aufführungen sind am Klettgau-Gymnasium nichts Ungewöhnliches, wohl aber, dass ein Schüler, hier Jochen Frank Schmidt, das Musical selbst schreibt und – zwar angeleitet durch wohlmeinende Theaterprofis wie Herrn Buchmüller, aber doch weitgehend selbsttätig – mit Mitschülern auf die Bühne bringt. Dass man Schülern damals ermöglichte, von sich aus ganz ihre ganz eigenen Ideen zu entwickeln und zu verwirklichen, war eine der Stärken der späten Ära Faller. Eigentlich alle noch lebendigen Traditionen am KGT kamen auf ähnliche Weise zustande, sie gingen von den Schülern selbst aus. Es sollte nicht das letzte Musical von Jochen Frank Schmidt am Klettgau-Gymnasium sein. Aus dem jungen Musicalschreiber von damals ist heute der Chef von Hochrhein Musicals und Mitbetreiber des Gloria-Theaters geworden.

Bühnenszene aus "Der Teufel mit den drei goldenen Haaren"
Bühnenszene aus „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“

„Der Teufel mit den drei goldenen Haaren – oder viel Theater ums Fernsehen“ war eine burleske Adaption des klassischen Märchens, die vor skurrilen Einfällen nur so strotzte. „Massenweise witzige Sprüche“ titelte der Südkurier damals nicht umsonst. Regie führte wieder unverkennbar Michael Buchmüller, doch auch die meisten anderen Lehrer der zuständigen Fächer Deutsch, Musik und Kunst waren eingebunden. Die vier Aufführungen vom 19. -22. Juli 2001 fanden jeweils vor vollem Haus statt und wurden an jedem Abend anhaltend beklatscht. Bemerkenswert ist, dass im Zuschauerraum zahlreiche Mitschüler der Schauspieler entdeckt wurden, die sogar mehrere Aufführungen besuchten – FREIWILLIG!

Herr Arbeiter und das Schauspielerteam von "Ein Sommernachtstraum" (2001)
Herr Arbeiter und das Schauspielteam von „Ein Sommernachtstraum“ (2001)

„Sommernachtstraum“ war eine Inszenierung frei nach Shakespeare, auf die Bühne gebracht von der Theater-AG, diesmal unter Regie von Carsten Arbeiter, die am 4., 5., 7. und 8. Dezember 2001 am Klettgau-Gymnasium aufgeführt wurde. Vom Stile her entsprach es zeitgenössischen Pendants des Buchmüllerschen Theaters.

"Was wird hier gespielt" (2002) war der Höhepunkt der Theatertätigkeit von Michael Buchmüller am KGT (Foto: Martin Dühning)
„Was wird hier gespielt“ (2002) war vielleicht der Höhepunkt der Theatertätigkeit von Michael Buchmüller am KGT

„Was wird hier gespielt?“ war der Titel einer Komödie, die von der Theater-AG unter Regie von Michael Buchmüller am 5., 6., 8., und 9. November 2002 am KGT aufgeführt wurde. Wegen des großen Zuschauerinteresses musste für den 10. November 2002 kurzfristig auch noch eine fünfte Zusatzaufführung anberaumt werden. Das Foto zeigt eine Szene aus der Premiere der überaus erfolgreichen Komödie.

Fächerübergreifender "Gothic Evening" am KGT im Herbst 2003
Fächerübergreifender „Gothic Evening“ am KGT im Herbst 2003

Unter dem Titel „GOTHIC EVENING“ veranstaltete die Theater-AG unter Regie von Carsten Arbeiter und die Tanz-AG unter Regie von Simone Bauke am 28. März und am 1. April 2003 jeweils einen Abend, der in einem unheimlichen Reigen düstere Stücke aus der Literatur auf die Bühne brachte. Theater- und Tanzbeiträge wechselten sich dabei auf der Bühne ab.Um entsprechend Geisterhafte Stimmung zu erzeugen, war das Klettgau-Gymnasium in düsteres Kerzenlicht getaucht worden. Im Hintergrund mischte der „Lord of The Sounds“ Gerhard Behnke eine düstere Geräuschkulisse zusammen. Der Südkurier titelte später: „Ein schaurig schöner Abend“.

Mit „Ein Hauch von Venus“, einem Broadway-Musical von Kurt Weil, das in Kooperation mit der Musikschule Hochrhein im Jahre 2003 aufgeführt und sogar für den Toto-Lotto-Musiktheaterpreis 2003 nominiert wurde, setzte Regisseur Michael Buchmüller einen fulminanten Schlusspunkt für seine Theaterkarriere am KGT (sieht man mal vom kleinen Nachspiel mit dem Unterstufentheater im Folgejahr ab). Interessant an dem Stück sind besonders die vielen Lehrerrollen. So konnte man bei dem Stück unter anderem auch Marion Tscherning, Sonja Wössner (Bär), Simone Bauke, Uschi Klomps als Cowgirls auf der Bühne tanzen sehen. Hinter den Kulissen wirkte der aufsteigende Musiklehrer Jochen Stitz musikalisch mit. Das ganze Projekt wurde an vier Terminen aufgeführt (7., 8., 10. und 11. Juli 2003), jedesmal waren die Zuschauerränge komplett gefüllt. Mit der Aufführung war eigentlich klar, dass sich das Theater am KGT nun nicht mehr weiter an Größe und Unterhaltungsaufwand steigern konnte. Es wurde Zeit für ein neues Konzept.

„HERZKLOPFEN“ war der Titel eines Musicals des ehemaligen KGT-Schülers Jochen Frank Schmidt. Es wurde am Donnerstag, den 13. November 2003 am Klettgau-Gymnasium uraufgeführt. Es folgten weitere Aufführungen am 14., 15., und 16. November 2003. Mit der Uraufführung des inzwischen professionellen Musicals an seiner ehemaligen Schule wollte Jochen Frank Schmidt auch seine Dankbarkeit gegenüber seinen ehemaligen Unterstützern und besonders Herrn Faller zum Ausdruck bringen, hatten sie ihn doch seinerzeit mit Rat und Tat unterstützt, sein erstes Musicalprojekt „Die Lust am Leben“ zu verwirklichen.

Mit "Menschliches, allzu Menschliches" verabschiedete sich Michael Buchmüller komödiantisch vom KGT (Foto: Martin Dühning)
Mit „Menschliches, allzu Menschliches“ verabschiedete sich Michael Buchmüller komödiantisch vom KGT (Foto: Martin Dühning)

Mit den beiden Aufführungen von „Menschliches – Allzumenschliches“ durch die Unterstufentheater-AG des KGT, begleitet von der Mini-Bigband der Musikschule Hochrhein am 4. April und am 6. April 2004 endete am Klettgau-Gymnasium die Theater-Ära Buchmüller mit einem zwar verhältnismäßig kleinem Ensemble, aber gewohnt schräg und witzig. Es war ein würdiges Aufwiedersehen und manch einer war traurig, dass er in Zukunft auf komisch bis burleskes Theater würde verzichten müssen.

Die „markante Theaterbühne“ von Marion Tscherning (2004-2011)

Fast wären sie verschwunden, nun sind sie wieder da: Die klassischen Theaterwebseiten der "Markanten Theaterbühne" von 2004-2011.
Die klassischen Theaterwebseiten der „Markanten Theaterbühne“ von 2004-2011 bzw. 2012-107.

Mit der fulminanten Premiere von „Modernere Zeiten“ begann am Klettgau-Gymnasium ein neues Kapitel Theatergeschichte – es begann die Ära von Frau Tscherning. Während die meisten Theaterstücke von Herrn Buchmüller die Massen unterhalten wollten, zielte der neue Stil von Frau Tscherning bald wieder eher auf intellektuelles Theater ab, das provozieren will.

Applaus für "Modernere Zeiten", das erst große Projekte der Markanten Theaterbühne unter Marion Tscherning (Foto: Martin Dühning).
Applaus für „Modernere Zeiten“, das erst große Projekt der Markanten Theaterbühne unter Marion Tscherning (Foto: Martin Dühning).

Einige Stücke sind bewusst grenzwertig – weshalb sich das Theater dann auch schnell den treffenden Namen „Markante Theaterbühne“ zulegte. In Folge kam es zu einer regelrechten „Verernstigung“ des Theaters. Einige der späteren Stücke überforderten den Intellekt der Zuschauer. Dabei darf man allerdings nicht außer Acht lassen, dass die Qualität der markanten Theaterbühne wirklich ein sehr, sehr hohes Niveau aufwies.

Außerdem, das muss ich als Ex-Presse-AG-Leiter auch mal loben, ist die „markante Theaterbühne“ so gut dokumentiert wie sonst keine andere Theaterzeit am Klettgau-Gymnasium, denn Frau Tscherning ließ in weiser Voraussicht eine eigene Webseite erstellen und zu vielen der Inszenierungen gibt es auch Videomitschnitte (die mangels Qualität der schulischen Ausrüstung allerdings kaum das hohe Niveau der Inszenierung wiedergeben).

Plakat zur Theateraufführung "Traumhaft" - Frau Tschernings "Markante Theaterbühne" führte das auf Dürrenmatt basierende Stück an vier Abenden zwischen dem 1. und dem 6. Februar 2007 auf.
Plakat zur Theateraufführung „Traumhaft“ – Frau Tschernings „Markante Theaterbühne“ führte das auf Dürrenmatt basierende Stück an vier Abenden zwischen dem 1. und dem 6. Februar 2007 auf.

Im März 2007 führte die damalige Klasse 11a mit ihrer Deutschlehrerin und Theaterdirektorin Marion Tscherning Lessings „Emilia Galotti“ auf. Neu daran war das Konzept – denn eine ganze Klasse wurde eingebunden, sei es auf oder hinter der Bühne. Für die Klasse und auch für andere bei den Folgeprojekten „Andorra“ oder „Ein Volksfeind“ war dies ein besonderes Erlebnis, das die Beteiligten sicher nicht vergessen werden und Theater lebendig werden lassen. Der Regisseurin brachte mitunter dieses Konzept eine Beförderung ein und fand am KGT auch viele Nachahmer. Ungelöst blieb die Frage, wie das Konzept „Klassentheater“ so in den Schulalltag eingebunden werden kann, dass die „Kollateralschäden“ in Form von Lärm im Hauptgebäude, Unterrichtsausfall, besonders aber die Zusatzbelastung für Schüler und die beteiligten Lehrkräfte in einem vernünftigen Rahmen gehalten werden kann, ohne ihre Gesundheit oder die schulischen Leistungen zu gefährden.

Zwischen dem 6. und dem 9. Juli 2007 wurde das experimentelle Theaterstück „Strategiespiele“ dreimal aufgeführt. Es war das dritte Theaterstück unter Regie von Frau Tscherning im Schuljahr 2006/2007. Zustande gekommen war es vor allem durch den Einsatz vier junger Damen: Luise Werner, Szusanna Voitko, Claudia Preißer und Tanja Stoll. Aufgrund seines eher experimentellen Charakters und des späten Termins war die Publikumsresonanz verhalten, ungeachtet der hohen inhaltlichen Qualität und der beeindruckenden schauspielerischen Leistungen.

Szene aus dem Klassentheater "Andorra" (Foto: Martin Dühning)
Szene aus dem Klassentheater „Andorra“ (Foto: Martin Dühning)

Danach folgte wieder ein Klassenprojekt: In 10 Wochen intensiver Schularbeit brachte die Klasse 11d unter Leitung von Marion Tscherning und Jochen Stitz im Herbst 2007 Max Frischs Theaterstück „Andorra“ auf die Bühne. Es handelt sich um eine der besten Inszenierungen am Klettgau-Gymnasium, die mir bekannt sind. Am 12.12.2007 war Premiere, es folgten am 14. und am 15. Dezember zwei weitere Aufführungen. Das Stück zählt zu den erfolgreichsten im Rahmen des „Klassentheaters“, gleichzeitig wurden dabei erstmals auch die Belastungsfolgen nach außen hin sichtbar, die ein solches Projekt zwangsläufig mit sich bringt. Erstmalig musste Schulleiter Crößmann das Projekt immer wieder gegen Kritik in Schutz nehmen.

Plakat zu "Max und die Käsebande" (aufbereitet von Martin Dühning)
Plakat zu „Max und die Käsebande“ (aufbereitet von Martin Dühning)

Das bislang größte Projekt, das unter dem Label der „Markanten Theaterbühne“ geführt wurde, war das große Musiktheater „Max und die Käsebande“: 180 Schüler und mindestens 7 Lehrer waren hauptamtlich daran beteiligt. Seine Premiere feierte das Mammutstück am Mittwoch, den 9.07.2008, es folgten drei weitere Aufführungen am 11., 12. und 13. Juli. Was Massenveranstaltungen angeht, hatte die Markante Theaterbühne ihren Zenit damit überschritten. Zum Projekt existiert noch ein von mir erstelltes Teaser-Video.

Die Inszenierung von Dirk Dobrows „Legoland“ am 17., 19., 20. und 21. März 2009 ist das Stück der „Markanten Theaterbühne“, was hinter den Kulissen zu den größten Kontroversen am Klettgau-Gymnasium geführt hat. Zu den Kritikern gehörte ungewöhnlicherweise sogar die Schulleitung, die sonst alles befürwortete, was mit Theater zu tun hat. In der Tat überschreitet das suizidale Grenzdrama inhaltlich eigentlich das, was an einem allgemeinbildenden Provinzgymnasium geleistet werden kann.

Das Klassentheaterstück „Ein Volksfeind“ nach einem Drama von Henrik Ibsen am 16.02, 17.02. und 18.02.2011 ist die vorerst letzte Inszenierung der „Markanten Theaterbühne“ und das letzte Klassentheater von Marion Tscherning. Letztlich waren die Aufführungen sehr erfolgreich, doch zeigte sich bei der teils extremen Belastung von Schülern und beteiligten Lehrkräften, dass das G8 auch am Konzept „Klassentheater“ nicht problemlos vorbeigeht – denn 10klässler verhalten sich bei selbstorganisierter Vorbereitung anders als 11klässler. Die Regisseurin balancierte an der Kraftgrenze, hatte sie inzwischen doch noch ganz andere Funktionsaufgaben an der Schule übernommen. Daher beschloss sie, die Theateraktivitäten auf andere zu übertragen und es begann eine Periode von „Tscherning-Epigonen“, die ihr Konzept zunächst übernahmen, wie beispielsweise das Klassentheater „Krieg der Knöpfe“ der damaligen 7a unter Regie von Regina Goeres Ende Oktober 2011. Das Stück wurde mit großer Begeisterung von der Klasse auf die Bühne gebracht und erlebte zwei gut besuchte Aufführungen.

Paralleles Unterstufentheater: Herkenrath und Kunzmann

Von „Max und die Käsebande“ abgesehen war die „markante Theaterbühne“ dezidiertes Oberstufentheater. Natürlich gab es auch Theater für die Unterstufe, wenn es für die Schule auch etwas problematisch war, dauerhaft AG-Stunden für zwei Theater-AGs bereitzustellen. Eine Lösung dafür war das „Klassentheater“, wenn auch unter massiven Einsatz von Freizeit für alle Beteiligten. Unter Helma Herkenrath kamen einige Projekte zustande, teils in Zusammenarbeit mit dem Fach Sport. Dazu habe ich leider kein passendes Material gefunden.

Offizielles Plakat zu "Hänsel und Gretel" am 12. Mai 2012.
Offizielles Plakat zu „Hänsel und Gretel“ am 12. Mai 2012.

Eine andere Möglichkeit zur ressourcenschonenden Umsetzung war die Zusammenarbeit mit dem tradionell ebenfalls starken Fach Musik und mit der Jugendmusikschule. Unterstufentheater war deshalb oft auch konzertant, und Glanzpunkte dieser Ära sind sicher das Musical „Hänsel und Gretel“, in der Schule uraufgeführt von Werner Hilpert, Klaus Kunzmann und Kerstin Kunzmann am 31. März 2011, sowie die „Zauberhafte Flöte“, die am 21. und 23. November 2011 aufgeführt wurde, eine freie Adaption von Mozarts Zauberflöte.

Die Theater-AG unter Nancy Liebig

Mit Nancy Liebig wechselte 2011 ein weiterer Theater-Profi ans Klettgau-Gymnasium. Frau Liebig hatte sich in Waldshut-Tiengen schon im Jahrzehnt davor einen Namen gemacht mit hochkarätigen Aufführungen, am Hochrhein-Gymnasium, aber auch außerschulisch, und ihren Sinn für stimmige Inszenierungen ließ sie nun auch dem KGT zukommen.

Happy End auf dem Mädchenklo? Der Schluss vereint die Liebenden, ihr weiteres Schicksal wird aber offen gelassen (Foto: Martin Dühning).
Happy End auf dem Mädchenklo? Der Schluss vereint die Liebenden, ihr weiteres Schicksal wird aber offen gelassen (Foto: Martin Dühning).

Ein unterschätztes Juwel der Theateraufführungen am KGT ist sicher „Raus aus Amal”, zudem ich damals auch eine passende Rezension verfasste. Nancy Liebigs Theater war wirklich tadellos. Einzig und allein der Umstand, dass sie zuviel Klasse für das KGT hatte, im Trubel der anderen Projekte etwas unterging und dort (auch für sich) keine Meilensteine mehr setzen konnte, führte wohl dazu, dass sie das Feld bald anderen Kollegen überließ.

Theater nach 2013

Zu dem Theater nach 2013, als ich das Klettgau-Gymnasium verließ, kann und möchte ich hier nicht mehr viel sagen, doch diese Phase ist ja fast noch Gegenwart und die Aufführungen dieser jüngeren Zeit befinden sich auch noch im kollektiven Gedächtnis der aktuellen KGT-Belegschaft (und auf der KGT-Webseite und im Jahrbuch).

Und wahrscheinlich wird die KGT-Theatergeschichte auch noch fortgeschrieben werden, denn es war immer schon ein Bereich, der dem Klettgau-Gymnasium sehr am Herzen lag.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.