Von den fünfzig Jahren, die das Klettgau-Gymnasium nun feiern kann, habe ich gut zwanzig mitbegleitet, neun Jahre davon als Schüler, sechs Wochen als Praktikant und elf Jahre als Lehrkraft.
Mein Verhältnis zur Schule ist ambivalent, es war eine Liebe mit Höhen und Tiefen. Die Anfänge waren auf beiden Seiten immer von Skepsis gekennzeichnet, die Abschiede fielen meist eher ernüchternd aus. Dazwischen gab es aber auch manch schöne Augenblicke, wobei es selten die großen Feiern und Events waren, sondern der einfache Alltag, für den ich dort gerne gelebt und gearbeitet habe.
Meine erste Begegnung mit dem KGT hatte ich im Juni 1985, als mich meine Mutter an das Gymnasium schleifte. Die vielen pubertierenden Teenager gefielen mir nicht, schließlich wollte ich überhaupt nicht so werden wie diese Typen; die Schule war damals hauptsächlich ein grässlicher, grauer Fels, flankiert von einem irgendwie ungesund wirkenden, düsteren Fachwerkpavillon. Dafür war die Begrüßung drinnen umso herzlicher, ein fest gebauter, älterer Herr im Anzug begrüßte mich mit einem freundschaftlichen Handschlag und der Ankündigung, dass wir uns jetzt aber nie mehr sehen würden. Es sollte tatsächlich meine einzige Begegnung mit Franz-Josef Schrenk bleiben, dem scheidenden Direktor. Dessen Nachfolger Günther Faller erlebte ich dagegen sehr viel ausdauernder und als Schüler wurde ich zunächst Zeuge seiner „wilden Jahre“, die manches zuwege brachten, beispielsweise mehr Farbe für die Gebäude. Doch blieb ich als Schüler, abgesehen von meinen bunten, meterlangen Wollschals, eher unauffällig und stiller Beobachter. Meine Kreativität lebte ich anderorts aus. Geprägt hat mich meine Schulzeit aber natürlich schon, ohne meine großartige Deutschlehrerin Erika Steuber wäre ich nie Deutschlehrer geworden, Herrn Haas und Roland Ueber verdanke ich meine Liebe zu Musik und Kunst, Herr Haselier sorgte für echtes Geschichtsbewusstsein. Was echte Freundschaften mit Schülern anging, war am Klettgau-Gymnasium bei mir aber eher Fehlanzeige, nur am Schluss freundete ich mich mit ein paar Sextanern an, die mir zum Abschied ein paar Kastanien schenkten. Ich pflanzte sie damals, 1994, in meinem Garten ein. Das alles ist längst Vergangenheit, aber die Freundschaftsbäume sind inzwischen fünfzehn Meter hoch. Es sind ja auch schon fünfundzwanzig Jahre.
Meine nächste Begegnung mit dem Klettgau-Gymnasium hatte ich bei einem Berufspraktikum, was damals noch freiwillig war, zwei Jahre später. Inzwischen hatte sich einiges geändert: Der alte Skandalpavillon, den wir als Oberstufenschüler, in einem spontanen Anfall politischer Aktivität, sehr öffentlichkeitswirksam boykottiert hatten, war inzwischen durch einen wellblechverkleideten Neubau ersetzt worden, dessen Einweihung beim fünfundzwanzigjährigen Jubiläum hatte ich verpasst. Neue Lehrkräfte waren ans KGT gekommen, welche die Schule umgestalteten, darunter Multitalent Lothar Senser, dem ich später anderorts noch begegnen sollte oder Michael Buchmüller, der sich daran machte, das Theater am KGT zu revolutionieren. Auch die Schülerzeitung Phoenix erlebte gerade wieder eine Auferstehung und eine ihrer größten Zeiten mit Gerhard Behnke als Chef der Presse. Mir gefiel es damals so gut, dass ich das Praktikum kurzerhand noch um zwei Wochen verlängerte und ich wusste jetzt ganz sicher, dass mir die Arbeit mit Jugendlichen Spaß machen würde; Spaß genug für ein Lehrerleben.
Viele Jahre später ergab es sich, dass genau zu dem Zeitpunkt, als ich mein Referendariat beendet hatte, hier meine Fächerkombination benötigt wurde und zusammen mit Markus Hübschmann und Markus Hutterer wurde ich im Herbst 2003 ans Klettgau-Gymnasium versetzt. Wieder, mit einer gewissen Skepsis auf beiden Seiten, wurde ich von der Schulleitung begrüßt, aus vorsichtiger Distanz wurde aber bald eine sehr vertrauensvolle Beziehung. Mir wurde, auf eigenen Wunsch hin und zunächst kostenneutral (nicht „ummesuscht“!), die Schülerzeitung Phoenix anvertraut und neben dem Unterricht, den ich eigentlich als Hauptsache unseres Lehrerdaseins betrachte, wurde mir die Pressearbeit mit Schülern zu einem Herzensanliegen. Gegen alle Widerstände und Untergangsprophezeiungen renovierte ich so manches, was am KGT kaputt war und mit der Zeit kam dann auch noch ein Schulnetzwerk und die KGT-Webseite dazu, und noch einige andere Posten, die mir allerdings letztlich alle nicht so wichtig waren. Wie gesagt, ich habe Feste und Feiern nie geliebt, eher die Alltagszeiten, sodass vieles, was ich bastelte, „nur“ Gebrauchstexte, Illustrationen und Software für allerlei Gelegenheiten waren. Mit gewisser Genugtuung habe ich beobachtet, wie so manches davon doch schließlich erhalten blieb, selbst lange, nachdem ich das KGT verlassen hatte.
Warum ich nach 2013 das KGT verließ? Nun, 20 Jahre KGT, dachte ich, sind genug, um erst mal eine Pause zu machen, ein Sabbatjahr. Und weil ich mich danach nicht wirklich vermisst fühlte und Heimat doch eigentlich dort ist, wo man Freunde hat und Freundschaft mithin das wichtigste im Leben, hatte ich nichts dagegen, als ich später ans Hochrhein-Gymnasium versetzt wurde, um es dort neu zu versuchen. Mit dem verbindet mich ja auch einiges, aber das ist eine andere Geschichte, die ich, vielleicht, bei anderer Gelegenheit erzähle …
Martin Andreas Dühning, im März 2019
PS: Dieser Artikel wurde auf Anforderung im März 2019 für die offizielle Festschrift für das Jubiläum am Klettgau-Gymnasium Tiengen verfasst. Dort taucht er allerdings nicht auf, genausowenig wie mein Name, was schon erstaunt, allerdings durchaus typisch ist. Immerhin, ganz ohne meine Fotos und Grafiken kommt dann auch die Festschrift nicht aus, wenn es auch nirgends gewürdigt wird. 😉