Spätsommer

Sonnenblumen im August (Foto: Martin Dühning)
Sonnenblumen im August (Foto: Martin Dühning)

Der Spätsommer ist eine in sich ruhende Zeit, eine scheinbare kleine Ewigkeit, wenn die großen Sonnenblumen blühen und der Winter noch weit entfernt scheint.

Wenn die Perseiden vorüber gezogen sind und die große Hitze auch, dann wird es angenehmer: Die Natur setzt noch einmal an zu Blüte und Gedeihen, die Erde ruht scheinbar und obwohl der Kalender sich schon bedenklich dem Jahresende zuneigt, scheint der Winter noch weit, so fern. Man muss es sich vor Augen halten: Draußen erfreut man sich des großen Sommers, aber die ersten Discounter bieten schon wieder frech winterliche Lebkuchen feil, denn in vier Monaten ist Weihnachten ja schon wieder rum. Das will man aber gar nicht wissen, jetzt, wo der Sommer noch endlos scheint und man sich gerade an die Herzensoffenheit gewöhnt hatte!

Herbstliche Menschen atmen jetzt tief auf: Das Zuviel an Sonne und Wärme macht einer heimeligen Geborgenheit Platz, wenn man morgens durch die tauerholte Natur schreitet, das reifende Obst an den Äpfelbäumen und die wieder neu blühenden Felder besieht (jedenfalls da, wo sie nicht durch Maissilage oder Neubauten platt gemacht wurden), wenn man wandert durch duftende Wälder oder an blauen Seen entlang und genießt, dass es nun weder zu warm noch zu kalt ist. Man trägt offene, leichte Kleidung. Man sinnt endlos sommerlich. Man möchte nicht wieder in seine Wohnung zurückgedrängt werden oder in die Dunkelheit – selbst die sternklaren Nächte scheinen erfüllt vom sommerlichen Sternenlicht.

Nun ist es aber so, dass nichts ewig währt und am wenigsten, wenn wir es uns glauben machen. Darum ist auch die Zeit der scheinbaren Ruhe eine der Veränderung, hin zum nächsten Wechsel, aber innere Ewigkeit und endlose Fortdauer sind auch zwei verschiedene Dinge. Sommer ist, wenn man Sonne im Herzen hat – und nur, wer dunkel in seinem Herzen ist, muss die Nacht fürchten. Ansonsten sollte man vielleicht sein wie die Sterne im August – besonders dann strahlen, wenn es rundherum finster ist.

Über Martin Dühning 1507 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.