Fortsetzung der Novemberlyrik

Green Leafed Tree (Foto: Veeterzy über Pexels)
Green Leafed Tree (Foto: Veeterzy über Pexels)

Fluten durchschwemmten den Klettgau und einige Worte an, die sich assoziativ zu Gedichten verdichteten…

Gartentrost

Es ist so taub, an fremder Leute Tisch zu sitzen,
Als fremder Gast, exotisch und diffus,
Wenn in dem eignen Heim, zu gleicher Zeit,
Die Stühle stehen leer.

Es ist so blind, an Andrer Träume,
Die nicht die eignen sind, vampirgleich
Teilzuhaben, die andre Farben haben,
Wenn in dem eignen Haus, zu gleicher Zeit,
Die Wände kahl und bilderlos.

Und hätt ich nicht den kleinen Garten,
In wildem Wuchs, den vielgeschmähten,
Ich wüsste nicht, wo ich die Klänge
Und das Licht, das Schattenspiel
Hernehmen sollte,
um wirklich selbst zu sein.

* * *

Anderswelt

Es gibt noch jene andre Welt,
Von der ich träume,
Und die aus Kindheit und Erinnerung gemacht,
Und wer jetzt schimpft, dass Träume Schäume
Sind, der übersieht, was ungetrimmt
Aus der Erinnerung entrinnt.

Weil es nicht stimmt, dass nur das Eine ist,
Was wir berechnend klären aus Vernunft,
Denn Liebe, Freiheit, das sind Werte,
Die vergehen, wenn man sie bestimmt.

Du kannst mit leeren Sätzen nicht vollenden,
Was unser stilles Herz nur ahnt,
So wie der Sonnenstrahl nicht wärmt mehr,
Wenn nur ein Bild aus Alben man
In Händen hält, das schon zerfällt:
Ein Schattenriss sind Bilder, nicht die Welt.

Es gibt noch jene andere Art des Seins,
Von der ich träume,
Und das aus alter Zeit in dunkler Nacht
Einbricht in Stille, Finsternis,
Was mehr als Bilder – kleine Herzenstöne
Schöne, bunte, reine Zwischenklänge sind –
Was bliebe mir, wenn ich auch das verdränge?

* * *

Der Alte Baum

Ich war ein schwacher Schattenriss,
Von dem, was hätte können sein,
Wenn Sonnenschein und Regen
Und auch der dürre Acker
Gesegneter gewesen.

Ich war nur kümmerlich statt wacker,
Am falschen Platz, zur falschen Zeit
Und stand sehr einsam, dass der
Volle Wind, mit halber Kraft nur
Unheilvoll mich zauste.

Ich trug dann keine Frucht,
Und hatte Blätter kaum,
Und selbst die kleinen Vögel
Mieden mich, bin letztlich nur
Ein schiefer, dummer Strauch gewesen,
Ein Besen in der Landschaft,
Ein Gestrüpp.

* * *
Über Martin Dühning 1523 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.