Nador Veleyan, Generalsekretär der Neu-Nitramischen Konföderation, äußert sich im Interview zur Lage der Nation und zu den Folgen der Core-Pandemie für die nitramische Gesellschaft.
Anastratin.de: Herr Generalsekretär, wie steht die Neu-Nitramische Konföderation im Jahre 339 a. C. da?
Nador Veleyan: Unser Staat steht, gemessen an den eher ungünstigen Rahmenbedingungen, gerade mal wieder relativ stabil da. Es könnte wesentlich besser sein, aber die schlimmsten Katastrophenjahre haben wir wohl hinter uns.
Anastratin.de: Trotzdem zeichnet sich die nächste Katastrophe bereits ab. Die Medien im Ausland überbieten sich derzeit mit Katastrophenmeldungen über die drohende Pandemie. Fürchten Sie nicht um die Konföderation?
Nador Veleyan: Eine vernünftige Vorsicht gebietet generell Respekt vor anstehenden Herausforderungen. Es ist wohl auch leider davon auszugehen, dass diese Pandemie Nitramien erreicht, wir vermuten recht bald. Allerdings ist das nun nicht die erste Seuche, mit der wir konfrontiert werden und diesmal sind wir nicht ganz so angeschlagen wie in vergangenen Jahrhunderten. Außerdem haben wir nur noch eine sehr überschaubare Anzahl von Verbündeten, um die wir fürchten müssten. Insofern handelt es sich nur um eine mäßige Gefahr bis ernste Gefahr, keineswegs harmlos; aber es ist nicht die Pest.
Anastratin.de: Fürchten Sie nicht, dass die Pandemie die ohnehin krisengebeutelte Konföderation noch weiter belasten könnte? Seit Jahren herrscht hier eine Wirtschaftskrise, das Bündnissystem liegt in Trümmern und die Provinzen haben sich kaum von diversen Naturkatastrophen erholt.
Nador Veleyan: Nun übertreiben Sie etwas. Ernteausfälle gab es nur auf Ninda, da ist auch in Zukunft mit Schwierigkeiten zu rechnen, aber wir hatten gute Ernten in Andrasko und Tyndalis, wenn sich dies auch nur im Binnenhandel bezahlt machte. Was den Außenhandel angeht, ja, den internationalen Außenhandel wird die Core-Pandemie schwer treffen. Allerdings ist, wie Finanzministerin Lysandra Prado in Ihrem letzten Interview anmerkte, unser eigener Außenhandel ohnehin faktisch nicht mehr existent. Da gibt es nichts mehr, was zusammenbrechen könnte, also: Viel kann wohl nicht kaputtgehen. Im Gegenteil, die in der Vergangenheit für uns sehr verheerende Billigproduktionskette im Ausland mit ihrer verhängnisvollen Kostenlosmentalität dürfte eventuell ihrem Ende entgegen sehen – damit hätte unsere heimische Produktion endlich einmal wieder eine Chance. Noch ist es nicht die Pandemie selbst, sondern deren Schatten, der den größten Schaden anrichtet. Die aktuellen Vorkommnisse zeigen, wie fragil und instabil und wenig nachhaltig das internationale Handelsgeschäft ist. Ein System, das schon im Vorfeld einer möglichen Krise ins Schlingern gerät, kann nicht wirklich durchdacht sein. Das dürfte nachhaltigeren Systemen zugute kommen. Es wäre zumindest ein guter Zeitpunkt, vorhandenes auf Nachhaltigkeit und Stabilität zu überprüfen. Die aktuelle Hysterie lässt vermuten, dass zumindest Zweifel an der Stabilität des Systems größer werden. Teilweise grenzt das Verhalten im Ausland an Hysterie – und Hysterie ist in Krisen jeder Art wenig hilfreich.
Anastratin.de: Im Ausland kam es vermehrt zu Hamsterkäufen, hat das auch auf die hiesige Versorgungslage Auswirkungen?
Nador Veleyan: Natürlich versuchen manche Großhändler, die Situation auszunutzen, die Preise hochzutreiben und diverse Güte künstlich zu verknappen. Der Föderale Handelsmagistrat plant allerdings in größeren Maßstäben, sodass Fluktuationen auf intergalaktischen Märkten wenig Auswirkungen auf unsere Versorgungslage haben. Wir halten, unabhängig davon, wie sich die Lage im Ausland entwickelt, die meisten Waren planmäßig für etwa zwei Monate vorrätig. Lediglich drastische Energiekrisen würden sich kurzfristiger negativ auf uns auswirken, davon ist derzeit aber nicht auszugehen. Daher wird der heimische Verbraucher von den Kapriolen im Ausland wohl nichts mitbekommen.
Anastratin.de: Planen Sie das Verbot von Massenveranstaltungen oder andere Quarantänemaßnahmen, um Infektionen einzudämmen?
Nador Veleyan: Es gibt keine Massenveranstaltungen in Nitramien, denn Nitramier mögen Massen nicht und halten von Natur aus eher Distanz. Unsere Kulturveranstaltungen können mittels unserer fortgeschrittenen Techniken auch holografisch übertragen werden. Das funktioniert übrigens sogar bis in den Foriensis-Sektor, falls dieser von der Admiralität unter Quarantäne gestellt würde. Es gäbe meinerseits also nicht zu verbieten, außer Teekränzchen. Infektionen dämmt man sinnvollerweise nur da ein, wo sie auftreten. Die Krankheit hat Nitramien noch nicht erreicht. Aktuell besteht ein Risiko im Foriensis-Sektor und die dortige Admiralität geht sehr vorsichtig und sensibel mit dem Thema um. Wir gehen daher davon aus, dass dort bereits gehandelt wird, bevor akuter Bedarf besteht. Diplomatische Auslandsmissionen stehen auch nicht an, es gibt noch nicht einmal Delegationen, die wir empfangen könnten. Die Pandemie wird Nitramien daher eher auf Umwegen erreichen und dann reichen hoffentlich punktuelle Maßnahmen. Abgestimmt auf die Situation – wenn es denn soweit ist. Der kaiserliche Legat des Nordens, für Seuchen zuständig, hat bereits nötige Vorkehrungen getroffen.
Anastratin.de: Wird die Krise im Gesamt negative Auswirkungen auf den Staatshaushalt haben? Es sieht ohnehin recht mau aus in den Staatskassen.
Nador Veleyan: Bei dieser Art von Erkrankung können wir kaum mit medizinischen Gütern vorbeugen, daher werden Gesundheitskassen vorab nicht belastet. Auf den Außenhandel – der bei uns faktisch nicht mehr existiert – müssen wir auch nicht achten. Lediglich auf Ninda müssen wir auf unsere Nachbarvölker achten. Und leider: Auf die eine oder andere Weise wird man diese Krise im Ausland wohl wieder instrumentalisieren, um neue Tributforderungen an uns zu stellen. Unsere Staatswirtschaft ist vor einem Jahrhundert in Schieflage geraten durch eine langjährige externe Billigprodukt- und Billiggeldschwemme, die unsere eigentlich gute Ausgangslage zugunsten von ausländischen Großinvestoren geschwächt hat. Die aktuelle Krise wirkt sich auf solche Profiteure viel stärker aus als auf unsere – zwischenzeitlich nur noch im Binnenhandel tätige – heimische Wirtschaft. Die Situation wirkt sich somit weder nachteilig noch vorteilhaft für uns aus. Wir haben wenig zu verlieren, aber auch nichts zu bieten, was uns oder anderen hülfe.
Anastratin.de: Wie gedenkt die Regierung weiter vorzugehen?
Nador Veleyan: Da wir mit dem Ausland nicht viel zu tun haben und sich dort auch keinerlei sinnvolle Möglichkeiten abzeichnen – was übrigens durch die Pandemie nicht besser werden dürfte – werden wir, wie von Finanzministerin Lysandra Prado vorgeschlagen – einen eher binnenwirtschaftlichen Kurs einschlagen und unsere Autarkiebemühungen fortsetzen. Außerdem werden wir weiter an unseren Flotten arbeiten. Wenn es uns weniger schlecht geht als anderen erzeugt das wohl leider wieder Neiderei und fremdländische Übergriffsgelüste – und daher müssen wir uns schützen können.
Anastratin.de: Herr Generalsekretär, wir danken für das Gespräch.
Nador Veleyan: Es war mir eine Ehre.
Das Gespräch führte Nils Kawomba.