Jingle Jangle Journey

Weihnachtliche Zweige (Foto: Artem Beliaikin via Pexels)
Weihnachtliche Zweige (Foto: Artem Beliaikin via Pexels)

Mit Weihnachtsfilmen ist es ja so eine Sache für sich: Entweder sie sind kitschig oder pseudoreligiös. Jingle Jangle Journey stattdessen ist im besten Sinne spektakulär.

Vorab muss gesagt werden, dass Jingle Jangle Journey ein Musicalfilm ist und das auch an keiner Stelle verleugnet. Positiv merkt man an Regie (David E. Talberts), Kameraführung und Ausstattung, dass es sich um eine qualitativ hochwertige Netflix-Produktion handelt. Zudem ist es ein Weihnachtsmusical, womit die Storylinie dann bereits in den ersten fünf Minuten des Films einen sehr vorhersehbaren Lauf nimmt. Es ist letztlich aber weniger die Story um einen gescheiterten Spielzeugerfinder, als die Besetzung und das Ambiente, das dem Film seinen durchaus charmanten Reiz verleiht.

Die Rolle des Spielzeugmachers Jeronicus Jangle übernimmt erst Justin Cornwell, dann Forest Whitaker, seinen Widerpart Gustavson gibt Keegan-Michael Key. Die kleine Enkelin Journey wird von Madalen Mills gespielt, ihre Mutter Jessica Jangles von Anika Noni Rose. Die Großmutter aus der Rahmenerzählung spielt Phylicia Rashad.

Das spektakuläre Kostümdesign hat definitiv einen Preis verdient, ebenso die Choreografie. Die acht Musiknummern bieten eine gewisse stilistische Breite zwischen Soul, Jazz und Weihnachtsmusical, aber wer das mag, wird auf seine Kosten kommen.

Dabei fährt das Musical im Fahrwasser all jener Filme, die das Weihnachtsfeeling verherrlichen. Darum ist es im Film in der kleinen Stadt, in der der Spielzeugmacher Jeronicus Jangle lebt, immer Winter – ein Weihnachtswinter wohlgemerkt, wie man ihn aus diversen anderen Weihnachtsproduktionen kennt, mit flauschigem Schneefall und allweihnachtlicher Beleuchtung, eine Mischung aus Charles Dickens und Thomas Kinkade Gemälden. Löblicherweise wird der ansonsten omnipräsente Weihnachtsmann umgangen, ebenso wie eine allzuplatte Religiosität, wenngleich „Glauben“ im Film an prominenter Stelle eine Rolle spielt.

Ohne zuviel zu verraten: Die eigentliche Message des Films ist, dass man an sich selbst glauben muss – und besonders die sehr herzvoll gespielte Journey Jingle (Madalen Mills) bringt diese Botschaft immer wieder musikalisch zum Ausdruck. Die Kleine sprüht vor Witz und Energie. Der Song „The Square Root of Impossible“ ist geradezu ein Ohrwurm (in der deutschen Fassung sogar noch markanter als im englischen Original – eine sehr hörenswerte Fassung dazu hat auch der Ndlovu Youth Choir verfasst).
Auch sonst macht der Film augenzwinkernde Anleihen an die Musicaltradition – beispielsweise auch gegen Ende mit dem Song „Make it Work Again“, vorgetragen von Forest Whitaker und Anika Noni Rose, dessen Choreografie stellenweise sehr augenfällig an den Tanz der Kaminfeger in „Mary Poppins“ erinnert.

Die Hauptrollen im Film spielen Frauen und Farbige, genaugenommen farbige Frauen – und zwar dankbarerweise wie selbstverständlich, ohne dass dies ein weiteres Mal problematisiert wird. Wie die Kritik zurecht positiv angemerkt hat, ist das ein farbenfrohes Gegenbild zum sonst allzu kaukasisch-weißen Genre-Ideal. Aber wie gesagt, es ist im Film selbstverständliches Fakt: So geht es weder um Gleichberechtigung noch um Frauenrechte, sondern darum, wie man den richtigen Platz im Leben findet, wie man das Beste aus seinem Leben macht und was dem Leben Stärke gibt. Auch Wissenschaft und Glauben werden nicht unnötig gegeneinander ausgespielt, wenngleich die im gezeigte Verbindung von Wissenschaft und Glauben eher magisch als real wirkt – aber nun gut, es ist ein Weihnachtsfilm und es ist ein Musical, und zwar augenfällig auch eines für Kinder – und gerade für diese ist der Film sehr empfehlenswert, weil er tatsächlich mit Journey ein zwar naives, aber glaubwürdiges Vorbild gibt.

In Zeiten von überzogener Political Correctness schafft das Musical tatsächlich in gewisser Weise die Quadratur des Kreises und bietet durchaus sehens- und vor allem hörenswerte Unterhaltung. Gemessen am seichten Genre der Weihnachtsfilme ist „Jingle Jangle Journey“ sogar äußerst gelungen und manch billigen Weihnachtsmannopern in jedem Falle vorzuziehen. Ja, man muss ihm daher eindeutig eine Empfehlung geben.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.