Nichts dazugelernt…

Während andere virtuelle Welten inzwischen Raytracing bieten, hat sich bei der 3D-Grafik seit dem Vorgänger von Sims 4 kaum viel verbessert.
Während andere virtuelle Welten inzwischen Raytracing bieten, hat sich bei der 3D-Grafik seit dem Vorgänger von Sims 4 kaum viel verbessert.

Mit dem jüngsten Ableger von „SimCity“ erlebte der Publisher EA seinerzeit ein Desaster – nun scheint sich das Ganze bei „The Sims“ zu wiederholen.

Im Neoliberalismus gilt derjenige als ein guter Unternehmer, der mit einem Minimum an Ressourceneinsatz ein Maximum an Profit erzielt. Die Qualität ist dabei erst einmal zweitrangig, es zählen die Geschäftszahlen. Übertreibt man es damit allerdings, ruiniert man das Produkt und besonders im Softwarebereich kann man dies regelmäßig beobachten.

Ein besonders fatales Beispiel für eine desolate Produktpolitik war „SimCity“, einst Krone der Städtesimulatoren, bis die letzte erschienene Version durch interne Beschränkungen und Online-Zwang im Fiasko endete. Spätestens, als das Monopol gebrochen wurde durch bessere Simulatoren wie Cities: Skylines wanderten die Spieler in Massen ab. Die ursprüngliche Marke SimCity ist heute faktisch ruiniert. Nun ja: Es ist eigentlich grundmenschlich, Fehler zu machen, sie bieten Potential, es in der Zukunft vielfältig besser anzugehen. Das gilt auch für die Spieleindustrie, denn auch hier arbeiten, aller Computertechnik zum Trotz, Menschen. Dämlich wird es allerdings, wenn man seine Fehler mutwillig wiederholt.

Und so scheint sich das Fiasko jetzt bei der zweiten großen Simulatorenmarke „The Sims“ zu wiederholen. Bislang kam man am Original nicht vorbei, obwohl The Sims 4 funktional lange Zeit ein deutlicher Rückschritt zum direkten Vorgänger The Sims 3 mit seiner offenen Welt und den vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten war. Aber mit den Sims-Fans kann man es eben machen: Sie kaufen bereitwillig sämtliche Neuaufgüsse aus den Vorversionen nach, investieren so insgesamt vierstellige Geldbeträge für ein einziges Game und so fließt viel Geld in die Kassen des Publishers, während er das Entwicklungsteam gleichzeitig verkleinert und die Gesamtfunktionalität von The Sims 4 trotz diverser Zusatzpacks, gemessen am technischen Stand der Computerspiele des Jahres 2021 inzwischen geradezu vorsintflutlich wirkt.

Nun ist es allerdings so, dass es von Entwicklerseite inzwischen nicht mehr ganz so besonders ist, eine inhaltlich letztlich doch recht primitive Simulation zu entwickeln, wo es doch viele Gameengines gibt, aus denen man im Baukastensystem sehr ansehnliche Welten kreieren kann, selbst wenn man kein großes Softwarestudio ist. Auch die vielfach beanstandeten Pathfinding-Funktionen und Motioncapturing lassen sich inzwischen relativ einfach implementieren. Sie sind inzwischen Teil vieler Baukastenengines. Und so erstaunt weniger die Tatsache, dass den Sims z. B. mit Paralives oder Alterlife gerade merkliche Simulatoren-Konkurrenten erwachsen, verwunderlich und für die Spieler enttäuschend ist eher die Tatsache, dass es so schrecklich lange gedauert hat. Aber Konkurrenz belebt das Geschäft. Insofern muss das kommende „The Sims 5“ diesmal deutlich mehr bieten als einen bloßen Neuaufguss mit leicht angepasster Grafik. Denn diverse Spielerwünsche, die „The Sims 4“ schon 2014 geflissentlich ignorierte, angeblich, weil es technisch nicht machbar sei, dürften sehr schnell anderswo realisiert werden.

Und eigentlich könnte man ja aus dem peinlichen SimCity-Fiasko einige Lehren mitnehmen und ein potentielles Sims-5-Fiasko damit vermeiden – wenn man denn bereit ist, Lehren aus seinen taktischen Fehlern zu ziehen und diesmal vielleicht etwas mehr in das Entwicklerstudio investiert als bloß ins Marketing.

Nun ja, wir werden sehen…

Über Martin Dühning 1507 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.