Abschließende Worte zum 13. Doktor

"Die 13. TARDIS" (Grafik: Martin Dühning)
"Die 13. TARDIS" (Grafik: Martin Dühning)

Die Zeit des 13. Doctor Who, verkörpert von Jodie Whittaker, ist vorüber. Mit der Episode „The Power of the Doctor“ endete ihre Ära und auch die des Showrunners Chris Chibnall.

Spoiler-Warnung: Wenn man das Ende einer Staffel betrachtet, kommt man um vielfältige Spoiler nicht umhin – insofern ist diese Rezension hier voller Spoiler und wer solche nicht lesen mag, sollte auch diesen Artikel nicht lesen!

Als Fazit des 13. Doctor Who, der ersten kanonisch weiblichen Inkarnation des berühmten Time Lords, bleibt festzustellen, dass man mehr hätte herausholen können, wenn man ihre Stories mehr auf den Charakter der Schauspielerin Jodie Whittaker abgestimmt hätte als auf ihre übergroße „Fam“-Begleitung, denn die aktuelle Konstellation ließ ihre eigentlichen Möglichkeiten oft brach liegen. Jodie Whittaker ist, wo man ihr genügend Zeit einräumt und Raum gibt, eigentlich eine sehr begabte Schauspielerin. Nur bekam sie so gut wie nie den eigentlichen Fokus und ihre Doctor Inkarnation hatte kaum genug Raum, sich zu entwickeln. Da setzt auch die Schlussepisode eine unglückliche Tradition fort, die fast durchgehend alle ihre Episoden betrifft: Es gibt viel Aktion, viel zu sehen, viele Protagonisten, aber nur wenig Tiefgang, was den 13. Doktor betrifft.

Allerdings ist „The Power of the Doctor“, die 300. Folge von Doctor Who und damit auch ein Jubiläum – insgesamt eine überaus gelungene Episode, was aber weniger an der Darstellung von Jodie Whittaker liegt, oder dem Plot (nur wieder einmal mehr versucht der Master, alles zu dominieren) – es hängt vielmehr zusammen mit der Vielzahl der Cameos und Anspielungen, welche die Herzen der Fans höher schlagen lassen:

Prominent ist sicher die längst überfällige Rückkehr der klassischen Doktor-Begleiter Tegan (Janet Fielding) and Ace (Sophie Aldred), die schon im Vorfeld von der BBC stark umworben wurde, aber es gibt noch sehr viel mehr zu entdecken für die Fans. Bis zur letzten Sekunde überrascht die Folge immer wieder mit Anspielungen auf früheres Doctor Who, gerade auch aus bislang vernachlässigtem klassischem Kanon – und insbesondere erfüllt es den Fan mit Genugtuung, dass die vier alten Doctores 5, 6, 7, 8 bzw. ihre Schauspieler Peter Davison, Colin Baker, Sylvester McCoy und Paul McGann endlich auch im kanonischen New Who sehr ausgiebig zum Zuge kommen – beim 50sten Jubiläum hatten sie es damals nur in einen „Fanfilm“ geschafft.

Auch Jo Martin als Fugitive Doctor gibt sich wieder ein Stelldichein und David Bradley als Neubesetzung des ersten Doktors. Überaus energetisch, aber etwas overacting ist Sacha Dhawan als „The Master“ bzw. „Master-Doctor“ – und er kommt, im Vergleich mit dem scheidenden 13. Doktor – in der Abschlussfolge recht ausgiebig zur Geltung, wenn auch die Pläne dieses Masters mal wieder nicht viel Logik enthalten und eher Aufhänger für allerlei Action-Elemente sind, von denen die Folge voll ist. Auch dass Graham wieder dabei ist, bindet die Folge an die Anfangszeit des 13. Doctors zurück (und wie früher schon stiehlt die Präsenz von Graham-Darsteller Bradley Walsh dem 13. Doktor mal wieder die Show, weshalb er auch – sinnigerweise – auch Ace an die Seite gestellt wird).

Ein wenig feuchte Augen bekommt man fast ganz am Schluss, wenn Graham dann eine Selbsthilfegruppe für Ex-Companions des Doktors gründet, also quasi für Suchtis, zu deren Mitgliedern neben ihm, Yasmin Khan, Ace und Tegan dann auch Urgesteine wie Jo Grant bzw. Jones und Mel gehören, sondern auch – man glaubt es kaum – Ian Chesterton aus der Urbesetzung von Doctor Who, gespielt vom inzwischen 97jährigen Originalschauspieler William Russell. Das war für Kenner tatsächlich ein unerwarteter Höhepunkt, bevor es dann am Schluss erwartungsgemäß weitergeht mit der Regenerationssequenz des 13. Doktors und dem gefühlvollen Abschied von ihrer Hauptbegleitung Yasmin Khan – und dankenswerterweise hat man diese auch offen und sehr freundschaftlich gestaltet und auf eine billige Kuss-Szene verzichtet. Dann, ganz am Ende, bekommt Jodie Whittaker für ihre einsame Regenerationsfolge doch noch ein paar Sekunden Bildschirmpräsenz, um von ihrer Inkarnation Abschied zu nehmen. Ich finde es ist schon ein wenig Schade, dass fast alle ihrer Folgen zu dicht besetzt waren, als dass man hätte bei ihrer Charakterdarstellung verweilen wollen.

Der Schluss enthält dann noch (nur) für Unbeteiligte eine Überraschung, als Jodie Whittaker dann nicht wie ursprünglich angekündigt zum nächsten großen Doktor-Darsteller Ncuti Gatwa regeneriert sondern – bis hin zur Kleidung – zu einer abgewandelten Version des 10ten Doctors, wieder gespielt von David Tennant – und obwohl es nur wenige Sekunden sind und sein Text nur sehr spärlich ausfällz – „I know these teeth – What?! What?! What?!!!“ – merkt man gleich, dass die kommenden drei Specials, die mit ihm als Neubesetzung folgen werden, deutlich spaßiger werden dürften als die drei Jahre unter Chibnalls Ägide. Es macht halt einfach einen Unterschied, ob man die Rolle des Doctors mit einem komiktauglichen Charakterdarsteller besetzt, oder nicht. Nicht nur hier hat man den Fokus wieder deutlich stärker auf Fan-Service gesetzt. Schon die gesamte Episode „The Power of the Doctor“ bediente das Fandom, was, wenn man ehrlich ist, vielleicht auch wirklich die eigentliche Power, die Stärke von Doctor Who liefert – denn es ist hauptsächlich Kult und von Story und Umsetzung war es lange Zeit kaum ein Hit. Schön, wenn man sich auf seine eigentlichen Stärken dann doch wieder besinnt.

Gleichwohl, ich glaube der BBC nicht, dass Tennant, einer der beliebtesten Doktor-Darsteller überhaupt, nun wahrhaftig der 14. Doktor ist, zumal der Teaser zu den leider erst im November 2023 erscheinenden Jubiläumsfolgen zum 60jährigen Bestehen von Doctor Who durchaus schon spoilert, dass hier wohl jemand von außen in die Regeneration reingefunkt hat – was übrigens als Möglichkeit schon in „The Power of the Doctor“ selbst im Plot angesprochen wird. Insofern müsste jedem Kenner klar sein, dass die Tennant-Inkarnation (leider) nur vorübergehend ist. Allerdings freue ich mich schon sehr auf ein Wiedersehen mit David Tennant als Doktor, sei es auch nur als Fake-Doctor und Cathrine Tate als Donna Noble – und ein letztes Mal mit Bernhard Cribbins als Opa Wilfred Mott, da Cribbins nach dem inzwischen abgeschlossenen Dreh dieser drei Folgen im Sommer 2022 ja leider verstorben ist.

Doctor Who wechselt ab 2023 übrigens zu Disney Plus – und das lässt hoffen, dass man dann auch wieder mehr Folgen und das eine oder andere Spin-Off zur Hauptserie bekommt, vielleicht sogar einige animierte Serien. Davon gab es ja schon einige sanfte Versuche von der BBC mit „Shada“ oder „Dreamland“, von denen es durchaus mehr geben dürfte. Dass unter der Ägide von Disney Plus der Inhalt noch mehr abflacht als unter der Chibnall-Ära glaube ich dagegen nicht und bis er inhaltlich leergeblutet und ausgeschröpft ist wie das Starwars-Franchise dürfte es noch eine Weile dauern, denn in Doctor Who steckt noch viel unentdecktes Potential und unglaublich viel, wenn man vielleicht auch Big Finish miteinbeziehen würde.

Über Martin Dühning 1523 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.