Starfield – „Skyrim in the Sky“

Sternenfeld (Foto: Oscar Sanchez via Pexels)
Sternenfeld (Foto: Oscar Sanchez via Pexels)

Weltraumspiele sind in, heißt es. Vielleicht liegt es an dem Wunsch, dem irdischen Elend zu entfliehen ohne Rückgriff auf die Religion, wenngleich sie auch in Starfield präsent ist. Doch auch manch anderes kehrt wieder.

Sciencefiktionisten sind eigentlich, von wenigen Ausnahmen wie C. S. Lewis abgesehen, meist Atheisten und sie eint normalerweise entweder der utopische Glaube an eine bessere Zukunft durch technischen Fortschritt oder an die postapokalyptische Dystopie. Natürlich gibt es auch prominente Ausnahmen und der Weite des Weltalls liegt zweifelsohne auch etwas grundlegend zeitlos Spirituelles zugrunde, wie jeder weiß, der schon Sternennächte unter freiem Himmel erlebt hat. Es gibt eine tiefe menschliche Sehnsucht nach der unendlichen Weite, der Weite des Weltraums – und diese bedienen derzeit auch viele Computerspiele.

Hoch gehandelt wird derzeit Starfield von Bethesda, zumal die legendäre Spieleschmiede damit seit langer Zeit ein neues Franchise begründen möchte. Dabei hat man aber nicht wirklich neu gestartet, sondern bedient sich augenscheinlich bereits vorhandener Sujets, vor allem aber am eigenen Kanon. Wieder gibt es einen Auserwählten, der Bethesda-typisch mit einer geskripteten Sequenz in die Story startet, diesmal ist es kein Drachenblut wie in Skyrim, aber ein „Sternenblüter“, der auf seiner astralen Reise kosmische Kräfte sammelt, was durchaus wieder ähnlich epische Züge annimmt. Für mich persönlich kam das Spiel etwas spät für die korrekturfreie Sommersaison, weil am 6. September die Ferien leider schon wieder zuende waren. Immerhin hat mich das Spiel dank Gamepass erst mal nichts gekostet und ich stehe auch nicht unter Zeitdruck, die Story durchzuspielen. Das liegt allerdings auch daran, dass es sich so anfühlt, als hätte man das alles schon mal irgendwoanders gespielt…

Mein Eindruck ist durchwachsen. Ich bin nicht so der Fan von Cyberpunk und Postapokalyptik, auch der Nasa-Flair der Raumschiffe liegt mir nicht ganz, da finde ich Star Trek Schiffe eleganter. Aber Schiffe und Außenposten selbst aus Modulen zusammen basteln zu können ist natürlich schon sehr nett. Auch gibt es viel zu entdecken, angeblich über 1000 Welten. Immerhin punktet Starfield bei der Umgebungsästhetik und vor allem bei den RPG-Elementen. Was die Planetengenerierung angeht, ist No Man’s Sky allerdings inzwischen mindestens gleichauf, auch wenn man sich dort oft einsam fühlt, weil die Storyelemente dort (zumindest noch) dünner gesät sind. In Sachen Exploration und bei der Vielfalt der erkundbaren Welten liegt No Man’s Sky aber deutlich vorn und ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass eine Menge Leute, denen trotz handgearbeiteter Highlights die Planeten von Starfield irgendwann zu generisch wirken, später zu den bunteren zufallsgenerierten Welten von No Man’s Sky abwandern. Auch an ein Star Citizen kommt Starfield nicht heran, immerhin ist Starfield aber eine recht bugfreie fertige Software, die letztlich auch prima auf der Konsole läuft, während Star Citizen seit mehr als einem Jahrzehnt unfertig dahingebastelt wird und womöglich nie auf Konsole erscheinen wird, weil dessen Hardwareanforderungen unverschämt hoch sind.

Wenn man ein wenig durch die Welt von Starfield wandelt, wird man viele Elemente von No Man’s Sky oder Star Citizen finden, und das liegt dann nicht nur daran, dass das Thema das vorgäbe. Vor allem aber wird man sich an Skyrim erinnern, denn augenscheinlich benutzt Bethesda bei Starfield eine neuere Version von dessen Gameengine. Natürlich wurde die 3D-Grafik und die Modelle deutlich aufgehübscht, aber einige Macken und Eigenheiten sind geblieben. Dazu zählen die doch eher ruppigen Charakteranimationen, die für ein 2023er Spiel nicht mehr so ganz zeitgemäß wirken (schon die Technikdemos der Unreal-Engine 5.1 von 2021 wirken um Jahre jünger), die Kameraführung bei NPC-Interaktionen hat nichts dazugelernt, immer noch geblieben sind die Probleme mit dem Inventar, das äußerst unhandlich zu bedienen ist und dass die Bewegungsgeschwindigkeiten zwischen Charakter und NPCs oft unsynchron sind, was zu der typisch ruckelnden Fortbewegung führt. Hinzu kommt noch, dass zumindest der weibliche Spielercharakter linksseitig hinkt (oder zumindest ein Handycap hat). Motion Capturing sollte 2023 eigentlich besseres ermöglichen.

Auf der XBox X wirken die Gesichter der Figuren zudem plastikartig texturiert.

Die skriptbasierten Ereignisse sind sehr vorhersehbar und erinnern stark an ältere Bethesda-Spiele. Banditenüberfälle gab es beispielsweise schon bei Skyrim, nun sind es eben Space-Piraten, welche den eigenen Outpost heimsuchen, nach bekanntem Muster.

Ebenso von Skyrim übernommen, allerdings in diesem Falle nicht unbedingt schlecht, sind die ambiguinen moralischen Fragen, die in den Quests thematisiert werden. Wie bei Skyrim gibt es Fraktionen, aber nicht wirklich gut und böse und was gut gemeint ist, hat dann auch oft nicht unbedingt die beabsichtigten guten Folgen. Einige Quests der United Colonies gehen in Richtung Alien-Franchise, die Quests der FreeStar Rangers sind oft Wildwest im Weltraum. Daneben findet sich sehr viel (para-)militärisches, wie es sich in vielen Shootern findet, die militärische Gewalt verherrlichen. Die Charakterskills, so heißt es zumindest, ermöglichen aber auch, sich auf Forschung, Handel, Diplomatie oder Bautechnik zu spezialisieren.

Was mir persönlich allerdings gar nicht gefallen hat, ist, dass man leider sehr oft nicht umhin kommt, sich trotz versprochener Vielfalt bei den Entscheidungen immer wieder neu durch schlauchartige Level hindurchzuballern, um in einem Quest voranzuschreiten, selbst, wenn man für Händler arbeitet. Letztlich ist man dann doch oft nur Soldat und gut beraten, sich die Kampfskills anzueignen, denn nur selten kommt man mit Diplomatie weiter und Handel geht auch oft nicht kampflos vonstatten. Friedlich kommt man in den Quests nicht weiter. Welt ein Glück, dass man sich wie schon bei Skyrim Begleiter engagieren kann, sodass man in den Kämpfen wenigstens nicht allein ist. Allerdings wurde ich nicht selten durch „Friendly Fire“ der Begleiter gekillt, wenn sie mal wieder mit Handgranaten um sich werfen oder einfach drauflos schießen und man plötzlich in der Schusslinie steht. Da sich die feindlichen NPCs gerne auch verschanzen und die KI der Begleiter (wenn man sie so nennen will), nicht wirklich intelligent ist, kommt man trotzdem nicht umhin, sehr viel selbst mit Ballistik zu arbeiten. Diese wird erschwert, da der vertikale und der horizontale XBox-Bewegungskontroller mit der Voreinstellung nicht wirklich gut austariert sind. Das erschwert das Zielen in Bewegung. Nahkampf, auch wenn passende Skills angeboten werden, ist mangels geeigneter Waffen meist rechts aussichtslos. Wer möchte hochrangige Gegner schon mit einem Messer tangieren? Das gibt bei mir deutlich Abzug, weil ich Schusswaffen eigentlich grundsätzlich nicht mag. (Weder im Leben, noch im Spiel.)

Skyrim war seinerzeit ein wegweisendes Spiel und durch Grafik und Musik sehr stimmig. Letztere ist zumindest in Starfield aber irgendwie kein Ohrwurm mehr, was ein wenig verwundert, weil den Soundtrack kein geringerer als Inon Zur komponiert hat – und auch sonst liest sich die Auflistung der Künstler, die Stücke beigesteuert haben, wie eine konzertante Hitliste. Auch die Grafik ist zwar durchaus nett, aber erzeugt keine Aha-Erlebnisse wie seinerzeit Skyrim. Dazu ist der Gamer von 2023 einfach schon viel besseres gewohnt und ich fürchte, Bethesda wird es schwer haben, so mit der aktuellen Unreal Engine und deren Charakterfunktionen wie Metahumans mitzuhalten, dort ist die Technik einfach um mindestens eine Generation fortgeschrittener, selbst bei kleinen Indie-Spielen. Grafik ist freilich nicht alles, wenn die Story fesselt, aber so ganz fesselnd fand ich die bei Starfield jetzt auch nicht, eben weil sehr viele Storyelemente doch recht stark an die Elder Scrolls Serie erinnern und der Storyplot damit oft überaus vorhersehbar verläuft.

Eine Sache gibt es aber noch, die schon Skyrim genial gemacht hatte, und das sind Mods. Zumindest für PC gibt es auch bei Starfield inzwischen eine Menge – und es ist zu hoffen, dass die Modder auch wieder ein paar alternative Quests modden und ein paar vernünftige Nahkampfwaffen, vielleicht sogar ein paar zusätzliche Schiffteile, dann dürfte das Starfield-Universum sehr spaßig werden, gerade auch, weil es (nur) ein „Skyrim in the Sky“ ist.

Über Martin Dühning 1507 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.