Manchmal sollte man es einfach dabei belassen …

Tom Hiddleston als Loki (Grafik: Martin Dühning)
Tom Hiddleston als Loki (Grafik: Martin Dühning)

Zu den Eigenheiten des 21. Jahrhunderts gehört die Endlosigkeit. Einen wirklichen Abschluss darf es in der Konsumgesellschaft niemals geben, womit viele gute Ideen bis zur Unkenntlichkeit zerdehnt werden, was man sehr gut an diversen Disney-Produktionen sieht.

Kultur im 21. Jahrhundert ist – oft leider – weitgehend Kommerz und Konsumprodukt. Zu den Marken, die sich der Konsumkonzern Disney weiland schon einverleibt hat, gehört Starwars und Marvel. Demnächst findet auch Doctor Who dort eine Unterkunft, wenngleich außerhalb Britanniens, wo die BBC die Rechte besitzt. Das ist auch gut so, denn die alleinige Inhaberschaft ist vielen Franchises nicht gut bekommen.

Es ist ein ehernes Gesetz der Streaming-Kultur, dass Geschichten dort nie wirklich zu einem Abschluss kommen dürfen. Sie sind immer auf Fortsetzung ausgelegt, denn endet die Geschichte, dann auch das Interresse der Zuschauer – und damit vielleicht auch das ABO und der Kommerz. Daher ist eine Fortsetzung fast immer Pflicht. Sequels, Prequels und Neuverfilmungen kurbeln den Konsum an. Im Idealfall handelt es sich beim Produkt auch um ein ganzes Franchise, das immer wieder Neues gebiert, sodass die einzelnen Abschnitte zwar irgendwann enden, aber immer auch Neues entsteht.

Das ist nicht grundsätzlich schlecht: Wenn dieses Konzept sinnig umgesetzt wird, kann das durchaus zu sehr ansehnlichen und unterhaltsamen Ergebnissen führen. Wo allerdings nur immer wieder alter Wein in neue Schläuche gefüllt wird, ödet es nur an.

Einige Marvel-Sprößlinge, die jeweils nur ein oder zwei Filme währten oder eine Staffel, sind für sich äußerst gelungen. Dazu kann man sicher WandaVision zählen, eine Serie mit vielen Anspielungen auf die US-Amerikanische Serienkultur des 20. Jahrhunderts, die auch für sich eine Runde Sache ist, aber besonders auch Loki, was mit dem Duo Tom Hiddleston (Loki) und Owen Wilson (Mobius) einerseits eine ungewohnt qualitative Charakterkomödie bietet (für ein Marvel-Produkt) als auch aufwartet mit einer durchaus originellen und bis zum Schluss mit Überraschungen gespickten Story – Loki ist geradezu perfekt, wenn man es denn bei den zwei Staffeln belässt, was ich aus storytechnischen Gründen hoffe. Denn der Abschluss von Staffel 2 war traumhaft.

Wenig geglückt sind dagegen die meisten Starwars-Produkte unter Disney-Regie und auch Star Trek Picard wäre – storytechnisch – eindrücklicher gewesen, hätte man Jean Luc Picard, so wie dies ursprünglich wohl mal geplant war – am Ende von Staffel 1 sterben lassen und keine zweite und dritte Staffel produziert. Dann hätte man natürlich auf die in Sachen Fan-Service köstliche dritte Staffel verzichten müssen und den grandiosen Abschluss für die Next-Generation-Crew, aber der Story um Picard hätte es wohl besser getan. Aber die Serie war einfach zu erfolgreich, um das Konzept so schnell wieder aufzugeben.

Ich fürchte, dem Erfolg könnten auch die Macher von Loki erliegen und noch eine weitere Staffel anhängen. Und so verführerisch das auch wäre, gerade auch für die Fans, würde das der Qualität doch nicht gut tun.

Was passiert, wenn man ein Opfer des eigenen Erfolges wird, kann man auch an anderen Streamingserien sehen, beispielsweise „The Witcher“, was sich mit jeder Staffel mehr von der Vorlage entfernte und was immer vorhersehbarer wurde, bis es schließlich auch dem Hauptdarsteller Henry Cavill zuviel wurde.

Den qualitativen Niedergang kann man natürlich dann noch zusätzlich beschleunigen, indem man zeittypischen Plattitüden und Moden den Vorrang gibt vor einer in sich konsistenten Story. Ein Beispiel dafür ist so manche neuere Marvel-Produktion, leider auch „The Marvels“, weil Modefeminismus und Wokeness dort etwas zu künstlich integriert wurden. Womöglich kann man damit ein paar hippe Rezensenten blenden, aber es reicht nicht, um die Masse des Publikums zu überzeugen oder sogar neue Zuschauer, die keine Fans sind.

Aber selbst allzu offensichtliche Moden verzeihen Fans, wenn der Stoff noch vielfältig genug ist, was beispielsweise Doctor Who zeigt, dass trotz immer offensichtlicherer Zuschauerbelehrung weiterhin eine breite Fan-Basis hat, weil es dessen Lore und Story hergibt.

Wo das aber nicht der Fall ist, wo eine Story einfach abgeschlossen und auserzählt ist, da sollte man das Publikum einfach vor weiteren leeren Neuaufgüssen verschonen.

Es ist sicher traurig, wenn eine gute Geschichte zuende erzählt ist. Aber ein gutes Ende ist manchmal nötig und viel besser als endlose, sinnleere Zusätze.

Sicher, Konzerne und Fans hören das nicht gerne, aber:

Manchmal sollte man es einfach dabei belassen …

Über Martin Dühning 1507 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.