Es ist fast Mittwinter, der Garten versinkt im Schnee und eine Erkältung zwingt uns mit Fieber ins Bett. Zeit für die diesjährige Weihnachtsmusik-Liste.
Es ist vielleicht das Werk der Konsumteufel, dass die Adventszeit der Moderne so gar nicht besinnlich anmutet im Kaufrausch unserer Tage. In längst vergessenen KGT-Zeiten hatten wir zu diesem Thema mal eine durchaus beachtete kritische Weihnachts-Sonetten-Reihe verfasst, die es seinerzeit sogar ins KGT-Jahrbuch geschafft hatte. (Mehr gelesen wurde sie wohl seither aber auf unseren eigenen Webseiten.) Es ist eigentlich traurig, dass außer Konsumfreuden nicht mehr viel von Besinnung übrig geblieben ist. Vielleicht hilft etwas Musik, zumal wenn sie nicht wieder mal nur Mainstream ist. Wir haben deshalb eine Weihnachtshitliste verfasst, diesmal teils auch kommentiert und auch verlinkt, sofern die Bands Webseiten haben oder sich auf Bandcamp befinden.
Top 24 Hitliste der Weihnachtslieder
- Quadro Nuevo: Befiehl du deine Wege
- Roomful of Teeth: How a Rose
- Gregson, Peter: Taladh Chriosta
- Quadriga Consort: Tune No. 176
- Blakus: A Mystical Christmas
- Quadriga Consort: Tune No. 172
- Quadriga Consort: Twas in the Moon of Wintertime (Huron Carol)
- Quadriga Consort: Tàladh ar Slànaighear (Our Saviour’s Lullaby)
- Quadro Nuevo: Vom Himmel hoch
- The Choral Scholars of University College Dublin: Curoo Curoo
- ChoralConcert: Vom Himmel hoch da komm ich her
- For King & Country: O come all ye Faithfull (Live)
- For King & Country: The Carol of Joseph (I Believe You)
- Sting: There i no Rose of such Virtue
- Sting: The Hounds of Winter
- Tim Edey: Ding Dong Merrily on High / O´Carolans Concerto
- Holly Cole: Wildwood Carol (2022 remastered)
- Danish String Quartet: Es ist ein Ros entsprungen
- Dreamers Circus: Julmed Part 1 – 7
- Karel Svoboda: Drei Nüsse für Aschenbrödel (Motiv I, Originalaufnahme 1973)
- Jeremy Soule: Ouverture from Eye of the North (from Guildwars: Eye of the North)
- Geoffrey Burgon – Aslan’s Theme (from the BBC Series „Chronicles of Narnia“)
- Harry Gregson-Williams: From Western Woods to Beaversdam (from The Chronicles of Narnia: The Lion, The Witch and The Wardrobe)
- Paul K. Joyce: The Snow Queen Suite (Royal London Symphony Orchestra)
Zu diesen Charts gibt es auch eine passende Youtube-Playlist der Niarts Weihnachtscharts 2023, wobei die Stücke 2 und 19 dort fehlen.
Top 24 Weihnachtsalben
- Quadro Nuevo: December (2022)
- Quadriga Consort: Winter’s Delight (2015)
- Quadro Nuevo: Bethlehem (2013)
- Quadro Nuevo: Weihnacht (2009)
- Sting: If on a Winter’s Night (2009)
- Quadriga Consort: On a cold Winter’s Day (2013)
- Anuna: A Christmas Selection (2018)
- Tim Edey: A Celtic Christmas (2023)
- Phoenix Chorale: Gjeilo – Northern Lights
- Yo-Yo-Ma: Songs of Joy & Peace
- Capella de la Torre: Ein Kindlein in der Wiegen – Weihnachten zur Lutherzeit
- Voces8: Winter
- For King & Country: A Drummer Boy Christmas
- Deutsche Grammophon: Winter Tales (2021)
- Loreena McKennitt: A Midwinter Night’s Dream (2014)
- Nils Landgren: Christmas with my Friends I – VIII (2003-2023)
- Capella Antiqua Bambergensis: In the Bleak Midwinter
- Lautten Compagney: Wie schön leuchtet der Morgenstern
- ChoralConcert: Verleih uns Frieden gnädiglich
- Holly Cole: Baby It’s Cold Outside And I Have The Christmas Blues (2022 remastered)
- Martin Gotthardt Schneider: Jetzt ist die Zeit zum Freuen
- Karel Svoboda – Drei Haselnüsse Für Aschenbrödel (Neuaufnahme 2018)
- Harry Gregson-Williams: The Chronicles of Narnia: The Lion, The Witch and The Wardrobe (2005)
- Phoenix Chorale: A Christmas Album (2023)
Kommentare zu den Titeln
Quadro Nuevo – Befiehl du deine Wege und andere …
Quadro Nuevo ist ein Jazz-Ensemble, das 1996 gegründet wurde und in meiner Hitliste sehr prominent vertreten ist. Ihre Interpretationen meist klassischer Weihnachtslieder gehören mit zum Besten, was derzeit spielbar ist, denn sie schaffen es, den alten Weisen neue Töne zu entlocken, die unterhaltsam sind und doch ihre ursprüngliche Tiefe mitergründen können. Weil mir ihre Musik generell sehr gefällt, habe ich ihre Weihnachtsalben schon früher rezensiert.
Quadriga Consort – Winter’s Delight
Quadriga Consort gehört ebenfalls zu den Musikgruppen, die auf Anastratin.de schon häufiger rezensiert wurden. Hier ist es die Mischung aus Renaissance-Klängen mit modernen Jazz- und Popelementen, die auf teils traditionellen Hausmusikinstrumenten gespielt werden, die sich sehr schön in die Weihnachtszeit einfügen. Nicht alle der Titel auf den Winter-CDs sind weihnachtlich, oft sind es auch Weisen von Turlough O’Carolan, die von Quadriga Consort und Nikolaus Newerkla neu interpretiert werden.
Roomful of Teeth – How a Rose
Roomful of Teeth sind ein Chorensemble, das ich über Bandcamp entdeckt habe. Ihre Interpretation von Praetorius berühmtesten Weihnachtslied „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ ist eine postmoderne Klangtextur, welche über die ursprüngliche Melodie meditiert.
Sting – If on a Winter’s Night
Stings Song und gleichnamiges Album erschien 2009, zu dem Album gab es auch einen Making-Of-Beitrag auf Arte, der im Gespräch mit dem Musiker Sting zeigte, wie die Songs damals auf einem Landgut in der winterlichen Toskana eingespielt wurden. Ähnlich wie bei Stings Dowland-Interpretationen gelingt es der britischen Pop-Ikone auch bei der Weihnachts-CD, Sting-typische Stilelemente mit den traditionellen Melodien zu verbinden. Heraus kommt ein oft melancholisch-winterliches Musikalbum, was auch 14 Jahre später noch sehr hörenswert ist.
Tim Edey: A Celtic Christmas / Ding Dong Merrily on High / O´Carolans Concerto
Sehr aktuell, denn quasi soeben erschienen (Dezember 2023) ist die Einspielung „A Celtic Christmas“ von Tim Edey, den ich ebenfalls auf Bandcamp entdeckt habe. Er präsentiert mit seinen musikalischen Freunden gälische Folkmusikfassungen gängiger Weihnachtslieder, auf gut analogen Folk-Instrumenten und konzertant vorgetragen. Die Einspielungen sind überaus kurzweilig und teils sehr energiereich.
Blakus – A Mystical Christmas
Der australische Musiker Blake Robinson alias Blakus hat schon für so manche Hollywood-Produktion orchestrale Klänge beigesteuert. Sein Weihnachts-Medley entstand 2016 und interpretiert recht bekannte Melodien, beispielsweise „Adeste fideles“ auf eine symphonische Art und Weise, die teils sehr an StarWars erinnert (wofür Blakus ja auch schon oft schon komponiert und produziert hat). Wer Weihnachten in den Weiten des Universums verbringen will, sei es für das Imperium oder als Rebell, für den sei dieser Song empfohlen.
The Choral Scholars of Dublin University College: Be all merry
Eine Sammlung musikalischer Perlen bieten The Choral Scholars of Dublin University College auf ihrem Weihnachtsalbum „Be all merry“ von 2020. Über dieses gab es seinerzeit ebenfalls eine recht ausführliche Rezension auf Anastratin.de mit dem Titel „Curoo, Curoo“ – selbigen Song haben wir auch für die Top-24-Liste ausgewählt.
ChoralConcert – Vom Himmel hoch
Das Trio ChoralConcert publiziert „progressive Churchmusic“, wobei traditionelle Choräle aus der Lutherzeit auf Orgel, Saxophon und Gitarre jazzophon interpretiert werden. Die Kombination besonders von Kirchenorgel und Saxophon ist überaus harmonisch und überaus nachahmenswert. Auch am Hochrhein-Gymnasium haben wir deshalb schon einmal ausprobiert, wie sich Kirchenmusik mit Saxophonbegleitung anhört – und es hört sich gut an!
For King & Country: O come all ye Faithfull
For King & Country sind eine Band um das Duo Joel und Luke Smallbone, die moderne christliche Musik macht. Sie schreiben als prämierte Songwriter eigene Songs, sehr hörenswert sind aber auch ihre Interpretationen klassischer Weihnachtsmelodien, die durch neue Begleitrhythmik und Melodien gefallen. Hinzufügen sollte man noch, dass die Sänger wirklich schöne Stimmen haben und weitaus besser modulieren können als so mancher andere heutige Popstar. Ihre Live-Konzertaufnahmen sind teilweise besser als die Studioalben, vor allem, weil die Band dort deutlich mehr Präsenz ausstrahlt und lebendiger wirkt.
Holly Cole – Wildwood Carol
Die Blues-Ikone Holly Cole hat ein Weihnachtsalbum veröffentlicht, das meist eher modernere Weihnachtssongs darbietet – was jetzt nicht so unbedingt mein Stil ist. Allerdings ist Holly Cole ein Profi und die Melodien sind teils äußerst konzertant symphonisch eingespielt. Das Remastering von 2022 holt das noch etwas mehr hervor. Daher ist ihr Album deutlich über dem Durchschnitt, was man sonst so an Weihnachten zu hören bekommt und daher eine Empfehlung Wert.
Danish String Quartet und Dreamer’s Circus
Die dänischen Instrumentalmusiker von Danish String Quartet und Dreamer’s Circus haben auch weihnachtliche Folkklänge veröffentlicht. Zwar warte ich noch auf eine Veröffentlichung vom Kaliber von „Langt ud’ i Skoven“, was hier seit Juni 2023 quasi in einer Dauerschleife abgespielt wird, aber auch ihre Live-Konzerte von Weihnachtsliedern sind sehr hörenswert.
Karel Svobodas „Drei Nüsse für Aschenbrödel“
Karel Svobodas berühmte Musik zu Václav Vorlíčeks legendärem tschechischem Märchenfilm ist in Deutschland längst zum Weihnachtsklassiker avanciert. Für mich persönlich hat die Melodie aus Motiv I darüber hinaus eine wichtige private Bedeutung, denn es war eine der Lieblingsmelodien meiner Mutter Ursula Dühning und wir haben sie ihr bei ihrer Beerdigung deshalb auch mit auf den Weg gegeben. 2018 wurde Svobodas Soundtrack vom tschechischen Nationalorchester neu eingespielt – ich ziehe aber trotz technischer Schwächen die Originalversion der deutschen Fassung von 1973 vor, denn dort wird als Melodieelement des Hauptmotivs eine melancholische Oboe eingesetzt, während die Neufassung von 2018 eine ziemlich langweilig gespielte Blockflöte einsetzt. Ich persönlich habe nichts gegen Blockflöten, und klänge sie wie die von Quadriga Consort wäre es sicher überaus passend, aber wer auch immer die Blockflöte in der Fassung von 2018 gespielt hat, verstand es nicht, ihr charakterlich überzeugende Töne zu entlocken. Viel tiefer geht die Oboe in der Fassung von 1973.
Martin Gotthardt Schneider: Jetzt ist die Zeit zum Freuen
Martin Gotthardt Schneider war ein Großkantor der evangelischen Kirche in Baden und der Mentor der langjährigen Waldshuter Kantorin Trude Klein. Mit seinen Liedern zur Weihnachtszeit bin ich aufgewachsen. Leider ist es etwas still um seine Kunst geworden und ich war heilfroh, als ich seinerzeit eine seiner seltenen Schallplatten antiquarisch erwarb. Es wäre mal ein schönes Weihnachtsgeschenk für mich, wenn seine Lieder mal mit aktueller Aufnahmetechnik neu aufgelegt würden.
Jeremy Soule – Ouvertüre zu „Guildwars – Eye of the North“
Jeremy Soules Melodien sind aus der Elder Scrolls Reihe und besonders von Guildwars und Guildwars 2 bekannt. Die Ouvertüre aus dem Addon „Eye of the North“ gehört mit zum winterlichsten, was ich an Game-Musik kenne, und weil ich es oft über Weihnachten gespielt habe, gehört die Melodie für mich auch etwas zum Weihnachts-Kanon.
Geoffrey Burgon – Aslan’s Theme
Insgesamt ist die Tricktechnik der BBC-Serie „The Chronicles of Narnia“ gegenüber den Hollywoodfassungen sehr unschön gealtert – das gilt allerdings nicht für den Soundtrack, der vom berühmten britischen Komponisten Geoffrey Burgon stammt. Der Titel „Aslan’s Theme“ war eine meiner Lieblingsmelodien in meiner Kindheit – und ich war sehr glücklich, als ich ihn in den 2000er Jahren wiederentdeckte.
Harry Gregson-Williams: From Western Woods to Beaversdam
Ebenso brilliant ist der Soundtrack von Harry Gregson-Williams und die weihnachtlich-winterliche Anfangssequenz „From Western Woods to Beaversdam“ gehört für mich zum persönlichen Weihnachts- und Winterkanon.
Paul K. Joyce: The Snow Queen Suite
Hans Christian Andersens Märchen „Die Schneekönigin“ gibt es in vielen Film- und Musikalfassungen, 2009 entdeckte ich, müde von langweiliger Standardweihnachtsmusik, den Musikalfilm der BBC und verliebte mich sofort in die Mischung aus Musikgesängen, symphonischen Klängen des London Symphony Orchestras und den vielfach rezitierten englischen Gedichten (ich mag klassische englische Lyrik). Weil ich so begeistert war, verfasste ich damals auch eine Rezension zu „The Snow Queen“. Heute, 14 Jahre später, bin ich immer noch begeistert von Musik und Film.
Anuna: A Christmas Selection
Das gälisch-irische Vokalensemble Anúna hat 2018 ein Weihnachtsalbum veröffentlicht. Dort interpretiert sie gälische und klassisch britische Weihnachtsmelodien.
Phoenix Chorale: Gjeilo – Northern Lights und A Chorale Christmas
Wenn ein Chor „Phoenix“ heißt, muss er eigentlich gut sein – Nomen est Omen – und tatsächlich ist Phoenix Chorale auch einer der bekanntesten modernen Chöre in Nordamerika. Seine Chorfassungen von Ola Gjeilos „Northern Lights“ finde ich fast noch weihnachtlicher als sein passend zu Weihnachten 2023 frisch erschienenes Album „The Christmas Album“ – was sehr gut gemachte Weihnachtschoräle präsentiert, aber vielleicht fast schon wieder zu konventionell ist (genau wie der Albentitel). Der Vollständigkeit halber sei es aber aufgeführt, die Empfehlung der Redaktion bleibt „Northern Lights“.
Capella de la Torre: Ein Kindlein in der Wiegen – Weihnachten zur Lutherzeit
Die Capella de la Torre gehört zu den „Popikonen“ der Renaissance-Musik. Sie verbindet zeitgenössische Renaissance Klänge auf historischen Instrumenten – versehen mit viel Energie und mit jazzigem Swing. Ihr Repertoire reicht weit über weihnachtliche Choräle hinaus, aber in einer Hitliste von Weihnachtalben darf natürlich auch ein Album dieses Ensembles nicht fehlen.
Voces8 – Winter
Das britische Vokalensemble Voces8 steht bei Anastratin.de auch hoch im Kurs, vor allem, weil sich das Ensemble auch sehr gekonnt an anspruchsvollen Stücke wagt. Es hat auch Weihnachtsalben im Programm, wer aber eher winterlich gestimmt ist, wird beim Album „Winter“ fündig.
Loreena McKennitt: A Midwinter Night’s Dream
2014 brachte die bekannte kanadische Sängerin Loreena McKennitt ein sehr hörenswertes Weihnachtsalbum heraus, das traditionelle Songs auf die für die Musikerin typische Weise interpretiert. Wie von Loreena McKennitt gewohnt, ist klangliche und rhythmische Vielfalt geboten. Ein sehr hörenswertes Album.
Nils Landgren: Christmas with my Friends
Der schwedische Jazzposaunist Nils Landgren hat für Weihnachten eine ganze Albenreihe aufzubieten, inzwischen ist das achte Album von „Christmas with my Friends“ erschienen, wo er auf eine oft launige Weise gemeinsam mit seinen Musikfreunden Weihnachtsmelodien interpretiert. Nicht alle Titel sind gleichermaßen anspruchsvoll, bisweilen bewegt man sich arg nah am Schlagerniveau, aber auf fast jeder CD gibt es auch Perlen der Jazzmusik zu entdecken. Wer Jazz mag, der nicht zu experimentell ist, sondern gut anhörbar, wird hier fündig.
Capella Antiqua Bambergensis: In the Bleak Midwinter
Wieder in Richtung Klassik mit historischen Instrumenten geht die Capella Antiqua Bambergensis mit ihrem Album „In the Bleak Midwinter“, erschienen 2012. Dazu habe ich seinerzeit auch eine eigene Rezension verfasst, welche die musikalischen Perlen auf der CD ausführlicher würdigt. Das Album ist weiterhin sehr empfehlenswert.
Yo-Yo-Ma: Songs of Joy & Peace
Last – but not least – sei auf das Weihnachtsalbum „Songs of Joy & Peace“ des US-amerikanischen Cellisten Yo-Yo-Ma hingewiesen. Er ist bekanntermaßen nicht nur in der Klassik, sondern auch in der Country-, Folk- und Weltmusik unterwegs. Das spürt man auch auf seinem Weihnachtsalbum, wo sich klassische Titel abwechseln mit moderneren amerikanischen Weihnachtsliedern aus Country, Jazz und Blues mit vielen prominenten Gastauftritten wie beispielsweise Diana Krall, Dave Brubeck, James Taylor, Allison Krauss und vielen anderen. Wer es eher niveauvoll-modern hat, dem sei dieses Album ans Herz gelegt.