Das falsche Haus

Herbstweg im Klettgau - prima geeignet zum Seifenkistenfahren...

In Krankheitszeiten träumt man manchmal visionär – und so einfach erscheint eine Erklärung, wenn man sie erträumt.

Im Traum ging ich spazieren in Oberlauchringen, einen selten gegangenen Weg und verirrte mich just. Dadurch jedoch, durch eine geheime Pforte, gelangte ich zurück und fand mein wahres Haus.

Wie sich herausstellte, hatte ich nämlich all die vergangenen Jahre nur in einem gefälschten Haus gelebt. Ein platonischer Schatten, erzeugt von einem Demiurgen. Der böse Lügengeist hatte Haus, Hof und Garten und sogar die Nachbarn mit gefälschten, fehlerhaften Repliken vertauscht. Das echte Haus hingegen war versteckt worden und lag nun wiedergefunden, wahr und authentisch vor mir, unbesudelt von all den fehlerhaften Jahrzehnten, die ich seither durchlebt hatte.

Sie hätten sich ja schon gewundert, warum ich eines Tages einfach verschwunden sei und nie mehr zurückgekommen, sagten meine wahren Nachbarn. Aber schließlich habe man schweren Herzens mein wahres Haus verkauft, weil ich ja doch nicht mehr zurückgekehrt sei. Zwei ältere Amerikanerinnen hatten mein wahres Haus inzwischen erworben und wollten es natürlich auch behalten. Schließlich hätten sie dafür ja auch bezahlt. Etwas mitleidig jedoch ließen sie mich zumindest einen Blick hineinwerfen. Und es war schön – so wie in alten Zeiten und dort waren auch alle Dinge, die ich seither verloren hatte oder die inzwischen kaputtgegangen waren: heil und intakt und sogar viele unfertige oder verlorengegangene Bilder aus alten Tagen waren dort fein säuberlich drapiert. Weil es so wunderschön sei, sagten die Amerikanerinnen, hätten sie alles so gelassen, wie es ist.

Doch mich schickte man wieder fort – denn ich hätte hier ja nichts mehr zu suchen. Und so erhielt ich selbst in meinem Traum kein Happy End, allerdings macht das die Realität ein wenig weniger unerträglich. Schließlich kenne ich ja jetzt den wahren Grund.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.