Pax Dei: Liebliche Landschaften, beachtliche Bauten, menschenleere Städte

Die ersten Momente in Pax Dei (Screenshot)
Die ersten Momente in Pax Dei (Screenshot)

Am 18. Juni 2024 erschien Pax Dei endlich als Early Access Titel auf Steam. Eineinhalb Monate danach ziehen wir ein erstes Zwischenfazit.

Bei Computerspielen ist das keine ganz neue Sache: Es hat mal wieder etwas länger gedauert. Mit einigen Monaten Verspätung erschien das „Mittelalter-Fantasy“-MMOSG (Massive Multiplayer Online Sandbox Game) Pax Dei am 18. Juni 2024 auf der Spieleplattform Steam. Dort erntete es zunächst viel Kritik, weil es im Auslieferungszustand noch nicht so viel bieten konnte, wie so mancher Käufer erwartete – zumindest zu dem recht hohen Einstiegspreis. Die Kritik ging teilweise soweit, im gesamten Game nur ein in der Unreal Engine zusammengeklicktes Machwerk zu sehen. Ganz so einfach gestrickt ist Pax Dei aber sicher nicht: Die gewaltigen Landschaften sind durchaus sinnig gestaltet (was man daran erkennt, dass es kaum mehr „Löcher“ und „Spielerfallen“ gibt) und das Crafting-System ist überaus aufwendig und verzweigt. Auch sonst hat das Spiel für geduldige(!) Spieler einiges zu bieten. Deshalb sind die Kritiken auf Steam inzwischen zurecht meistenteils ausgeglichen bis positiv.

Die ersten Momente in Pax Dei (Screenshot)
Die ersten Momente in Pax Dei (Screenshot)

Das erste, was einem beim Spielstart (nach dem Charaktereditor) auffällt, ist die optisch überaus beeindruckende Landschaft mit gewaltiger Weitsicht. Nicht ganz umsonst möchte Pax Dei beim ersten Start auch möglichst aktuelle Grafiktreiber haben – hier wird wohl fast alles verwendet, was in der Unreal-Engine 5 geht. Das merkt man aber auch bei den Grafik- und PC-Anforderungen. Meine Workstation mit Nvidia Quadro A2000 und 12 GB Speicher bewältigt das Spiel noch geradeso – und mit Kompromissen bei den Texturen. Trotzdem bleibt die Grafik unglaublich beeindruckend, selbst ohne dynamische Wettereffekte.

Ansonsten bietet das Spiel vor allem für mittelalterliche Bauherren (und Damen!) eine wunderbare Spielwiese. Allerdings setzt das Spiel sehr viel Geduld voraus, denn sämtliche Techniken müssen erst freigeschaltet werden. Dies geschieht beim Sammeln von Ressourcen in der Spielwelt, oder beim Crafting selbst. Das Ressourcen- und Crafting-System übersteigt das ähnlich angesiedelte Medieval Dynasty um ein Vielfaches, macht allerdings teilweise noch einen unfertigen Eindruck: Für ein Massive Multiplayer Online Sandbox Game fehlen nämlich noch einige wichtige Dinge, die man auch Ende Juli 2024 in Pax Dei noch vermisst: Beispielsweise wären mehr Spieler-Interaktionen, eine bessere Messaging-Funktion und eine Freundesliste überaus sinnvoll, sonst kann man nur innerhalb eines Clans wirklich kommunizieren.

Mangels geeigneter Schilder und Marktstände haben findige Spieler einfach selbst einen Tauschladen gebaut.
Mangels geeigneter Schilder und Marktstände haben findige Spieler einfach selbst einen Tauschladen gebaut.

Aber vor allem das komplette Fehlen eines Recycling- und Handelssystems entwertet das ansonsten überaus feinteilige Crafting-System. Was aber macht man mit all den Produkten, die dabei entstehen? – oft bleibt nur, wenn alle Kisten voll sind, sie einfach wegzuwerfen. Findige Spieler haben immerhin digitale Tauschbörsen gebastelt – allerdings gibt es noch keine Möglichkeit, Schilder zu beschriften.

Pax Dei brilliert mit unendlich erscheinenden Landschaften und enormer Weitsicht.
Pax Dei brilliert mit unendlich erscheinenden Landschaften und enormer Weitsicht.
"My Home is my Castle" - einen echten Monat später wohnen wir in einem hübschen Cottage.
„My Home is my Castle“ – einen echten Monat später wohnen wir in einem hübschen Cottage.

Das Spiel ist eindeutig auf Gruppen ausgelegt. Natürlich kann man das Spiel auch alleine spielen, muss dann allerdings sehr viel Zeit investieren. Viele Ressourcen muss man sich in der sehr weitläufigen Landschaft mühsam zusammenfarmen. Da die Handwerksskills aufeinander aufbauen und das Crafting mancher Materialien echte Stunden dauert, kommt man oft nur mühsam voran. Daher haben viele Spieler schon aufgegeben, von den ehemals 11000 gleichzeitig aktiven Spielern sind nur noch durchschnittlich 1000-3000 online. Es kommt oft vor, dass man nirgendwo auf freundliche lebendige Wesen stößt, denn es gibt in Pax Dei (noch) keine freundlichen NPCs, nur Gegner. Diese leben in großen Horden und sind alleine auch mit guter Ausstattung kaum zu bewältigen. Da einige Ressourcen nur im Kampf zu gewinnen sind (z. B. Schmucksteine oder bestimmte Handwerksrezepte) kommt man kaum weiter.

In der Spielwelt (hier Lavedan in der Provinz Ancien) haben die Spieler inzwischen ganze Städte in Tälern, auf Bergen und an Felsen errichtet.
In der Spielwelt (hier Lavedan in der Provinz Ancien) haben die Spieler inzwischen ganze Städte in Tälern, auf Bergen und an Felsen errichtet.

So schön die Landschaft auch ist, würde man sich manchmal zumindest ein Reittier wünschen – vor allem auf den langen Wegen zu den Ressourcenknoten, die man immer wieder gehen muss. Immerhin kann man dabei so manch beeindruckendes Spielerbauwerk entdecken. Denn als Burgenbaukasten ist Pax Dei schon jetzt fast ungeschlagen.

Eine von Spielern errichtete Kathedrale in einer Burgstadt am Ufer des Sees von Lavedan in Ancien
Eine von Spielern errichtete Kathedrale in einer Burgstadt am Ufer des Sees von Lavedan in Ancien

Es bleibt nur zu hoffen, dass die Entwickler am Ball bleiben und wie versprochen noch die auf der Roadmap angekündigten Inhalte liefern, damit die Spielerzahlen stabil bleiben. Der Ansatz des Spieles, ein entschleunigtes Fantasyspiel mit dem Fokus auf Crafting und der Player-Community, klingt nämlich durchaus sehr schön.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.