Im Gegensatz zu meiner Mutter, die viel damit arbeitete, benutze ich eher selten Acrylfarben. Das liegt daran, dass mir ein Atelier fehlt und ich die Farben nicht besonders gut vertrage.
Als jemand, der unter allergischem Asthma leidet, vermeide ich eigentlich Farben, die Lösungsmittel brauchen. Acrylfarben sind da im Handling zwar deutlich besser als Ölfarben, allerdings trotzdem nicht so perfekt wie Aquarellfarben oder Gouache, mit denen ich viel lieber arbeite – oder eben digital im Computer. Außerdem bevorzuge ich kleine Formate, denn ich habe in meiner Wohnung nicht viel Platz und da ich unter dem Dach wohne auch kaum Wände, wo ich Bilder aufhängen könnte (zudem ich eigene Bilder eigentlich nicht in meiner Wohnung aufhänge, denn ich kenne meine eigenen Bilder ja, da ich sie selbst gemalt habe).
Bislang habe ich daher nur drei nennenswerte Gemälde mit Acryl erschaffen – aber alle drei erreichten relativ große Bekanntheit. Zwei der drei Bilder habe ich für das Klettgau-Gymnasium gemalt bzw. für Projekte, die dort stattfanden. Das dritte Gemälde ist ein Portrait eines Jungen, den ich von einem Cover abgemalt habe einer Ausgabe von „Das Verschwinden der Kindheit“ von Neil Postman. Dieses ist Acrylbild von mir das einzige, was ich selbst besitze.
Das zweite Gemälde erstellte ich damals als Bühnendekoration für die Aufführung von „Biedermann und die Brandstifter“ am Klettgau-Gymnasium im Jahr 1994, Regie führte damals Dirk Kremer, der auch mein damaliger Deutschlehrer im Leistungskurs Deutsch war. Anfang der 1990er erlebte die wiedervereinigte Bundesrepublik eine Reihe von rechtsradikalen Anschlägen und wir wollten damals ein Zeichen dagegen setzen. Für die damalige Aufführung erstellte ich übrigens auch das Werbeplakat – beides mag mit dazu beigetragen haben, dass ich im Abitur 1994 dann den Kunstpreis erhielt.
Das Gemälde zeigte ein fiktives Biedermeier-Porträt einer männlichen Person mittleren Alters, im Lehrerkollegium wurde seinerzeit viel darüber gerätselt, wen das Porträt darstellen sollte, da ich mich durchaus von einer Reihe realexistierender Lehrer inspirieren ließ. Nach dem Theaterstück landete das Porträt in der SMV-Rumpelkammer unter dem Pavillon, wo es bis 2004 lagerte. Als dann – mal wieder – ein Versuch unternommen wurde, die Rumpelkammer auszumisten bot man mir das Gemälde wieder an, da ich allerdings keinen Platz hatte, lehnte ich ab, weshalb es dann entsorgt wurde. Es existiert meines Wissens kein Foto des Gemäldes. (Fotos waren damals noch analog und damit sehr teuer und ich war ein armer Schüler aus einem Arbeiterhaushalt.)
Das dritte und bislang letzte große Acrylgemälde erstellte ich für eine karitative Kunstversteigerung am Klettgau-Gymnasium im Jahr 2012. Das Gemälde trägt den Titel „Night and Day“ und ist das „kostbarste“ Bild insofern, als es tatsächlich für einen durchaus akzeptablen Preis gekauft wurde. Wohl auch zum Ärger einiger damaliger Kunstlehrerinnen war es das teuerste Gemälde in der damaligen Kunstversteigerung und wechselte für irgendetwas zwischen 400-500 EUR den Besitzer. Das ist schon daher eine Besonderheit, als ich meine Bilder normalerweise nicht für Geld hergebe.
Dass dieses Bild bei ausgebildeten Künstlerinnen für Verärgerung sorgte, kann ich nachvollziehen. Ich sehe mich eigentlich weniger als Künstler denn als Grafiker, daher wurde das Gemälde von mir gezielt für die damaligen potentiellen Käufer entworfen und stellt Szenen der damaligen Schulgemeinschaft am Klettgau-Gymnasium dar: die beliebte Weihnachtsfeier in der Aula, ein Konzert der Bläserklasse sowie das Schulgebäude in den vier Jahreszeiten. Auch ein kleiner Phoenix wurde im Bild versteckt. Da ich relativ wenig Zeit hatte, konnte ich das Gemälde nicht ganz so fein ausarbeiten, wie erhofft, die Idee, konkrete Motive in der Art des synthetischen Kubismus zu kombinieren wird aber sichtbar. Außerdem – ganz nach meiner Devise, Farbe in die Welt zu bringen – war das Bild sehr bunt, bunter wohl auch als die meisten anderen Bilder. (Auf dem Foto kommt die intensive Farbenpracht nicht ganz zur Geltung.)
Biografisch ist das Gemälde auch dahingehend besonders, als es im April 2012 entstand. Es ist damit das letzte Bild des goldenen Zeitalters vor der großen Phase biografischer Finsternis, denn Ende April 2012 starb meine geliebte Oma und meine Mutter erkrankte zur gleichen Zeit an einer unheilbaren neurologischen Lähmung, es folgten für mich viele leidvolle, düstere Jahre. Wenn ich aber leide oder mich bedroht fühle, erschaffe ich keine Werke. Erst nach 2020 entstanden wieder Bilder und niemals wieder in so großen Formaten.